Das völlig zerstörte Fabrikgebäude kurz nach dem Brand 1925
Innenansicht der ausgebrannten Produktionsstätte
Brände haben seit Menschengedenken große Schäden verursacht. Auch Golßener Betriebe waren oft betroffen. So z.B. gleich zweimal Zieglers 1913 errichtete Dampfmühle am Stadtwall. Aber auch die schon 1879 erbaute Kartoffel-Stärkefabrik der Gebrüder Lösche am Bahnhof traf es mehrfach. Zieglers Mühle ging 1926 infolge von Brandstiftung in Flammen auf. Sie wurde zwar schnell wieder-aufgebaut, brannte aber im April 1945 endgültig nieder.
Anders die Stärkefabrik, oder kurz „die Stärke“, wie sie von älteren Einheimischen noch heute genannt wird. Sie wurde vom Feuerteufel noch häufiger heimgesucht; zunächst 1898 und 1903. Die Lösche-Brüder gingen daraufhin in Konkurs. Mit dem Dahmer Getreidehändler Wilhelm Schulze fand sich noch im selben Jahr ein neuer Eigentümer. Zwischendurch diente die abgebrannte Werkhalle der Berliner „Schultheiß-Brauerei“ als Lagerraum. 1905, nur zwei Jahre nach seinem Kauf, wurde auch „Stärke-Schulze“ von einem größeren Brand heimgesucht. Er gab jedoch nicht auf, ließ die Fabrik wiederaufbauen und mit einer zusätzlich angeschafften Ölschlagmühle sogar erweitern.
22 Jahre lang ging alles gut. Aber vor 100 Jahren, am 11.11.1925, schlug der Feuerteufel erneut zu. Die Stärkefabrik brannte bis auf ihre Grundmauern nieder. Laut „Golßener Stadtblatt“ wurde wegen Verdachts auf Brandstiftung zwar ermittelt, jedoch ohne Ergebnis. Notgedrungen musste Schulze seinen damals 24 Beschäftigten kündigen. Da das Unternehmen aber bis dahin Gewinn gemacht hatte und sein Hauptprodukt Kartoffelstärke guten Absatz fand, war Aufgeben für Wilhelm Schulze und Sohn Willi keine Option. Deshalb wurde im Februar 1926, nur drei Monate nach dem Großbrand, bei der „Stärke“ wieder Richtfest gefeiert. Ab 1. Januar 1927 übernahm Schulze jun. das Unternehmen als Alleineigentümer. Er brachte neue Ideen mit und erweiterte die Erzeugnispalette, u.a. durch die Produktion von Dextrin.
Ab 1933, nach der Machtübergabe an die NSDAP, hatte Willi Schulze wegen seiner Antinazi-Haltung wiederholt Probleme mit den braunen Herren. Die ließen ihn von der Gestapo bespitzeln; er wurde aber nicht verhaftet. Auch nach dem Kriegsende 1945, blieb der Fabrikbesitzer, im Unterschied zu manch anderem „Kapitalisten“, zumindest von der Besatzungsmacht unbehelligt; nicht zuletzt aufgrund positiver Einschätzungen seiner Beschäftigten. Mehr über „Stärke-Schulzes“ Lebensweg mit seinen fast unglaublichen Schicksalswendungen können Interessierte demnächst (Okt./Nov.) im „Luckauer Heimatkalender“ 2026 nachlesen.