Bernhard Heinz Witzsch / Freiwalde
Wer heute in Richtung Tropical Island wandert der denkt nicht im Geringsten, dass dieser Landstrich einmal Grenzland zwischen zwei deutschen Ländern war. Deshalb hier ein paar Erinnerungen. Der Brand gehörte einst zur Herrschaft Golßen und wurde in dieser Zeit auch die ‚Golßensche Heide‘ genannt. Mit der Zeit hat sich aber die Bezeichnung ‚Brand‘ durchgesetzt. Ein dünn besiedeltes Grenzland zwischen den ehemaligen Kurfürstentümern und späteren Königreichen Sachsen und Preußen. Das fast der gesamte Brand sächsisch war bestätigte BORGSTEDE schon 1788, indem er anführte, Zitat[1]: „…so daß rechts die disseitigen Prinzlichen Forsten und links sächsische zum Dorfe Schönwalde gehörige Holzungen und eine sehr große Ebene, mit Heidekraut bewachsene Koppelhütung…“ Dieser sächsische Teil der Niederlausitz kam erst im Ergebnis des Wiener-Kongresses ab 1815 zu Preußen, und somit auch ein Großteil des heutigen Amtes Unterspreewald. Hier betraf es vor allem die Orte Staakow, Freiwalde, Rietzneuendorf, Waldow und Schönwalde mit ihrer direkten Lage am Brand. Seine geografische Lage in einem ehemals wendischen Siedlungsgebiet liegend, die in den Branddörfern vorherrschenden Eigentums- und Herrschaftsverhältnisse, sich daraus ergebende Probleme zwischen den einzelnen adligen Grundherren sorgten für differenzierte Betrachtungsweisen des damaligen Lebens auf und um diese Landschaft. So wurde der Brand von Berghaus in seinem Standardwerk über die Mark Brandenburg wie folgt beschrieben: "...war der Brand um die Mitte des vorigen Jahrhundert eine wüste Fläche, 500 - 600 Morgen groß, umgeben von der Gemarkung der Rittergüter Staakow, Briesen, Oderin, Rietzneuendorf, Waldow und den Dörfern Krausnick und Schönwalde. Das Gelände wird nur zur Hutung benutzt und im Herbst werden die Bienen des Heidekrautes wegen hingebracht.“[2] Es war also eine typische Heidelandschaft. Dazu kam, dass seine Nutzung den flächendeckenden Bewuchs mit robustem Heidekraut, Wacholder- und Ginstersträucher begünstigte. Einzelne Stieleichen und die genügsame einheimische Kiefer bildeten kleine Bauminseln auf den sonst recht sandigen und trockenen Flächen des eiszeitlichen Sanders.
Direkte Wege führen bzw. führten von den angrenzenden Dörfern direkt auf den Brand und verbanden darüber hinaus auch die Dörfer untereinander. In diesem Zusammenhang muss auf die damalige Situation als Grenzland hingewiesen werden. Ab 1556 erlangten die Gemarkungsgrenzen von Krausnick bis hin nach Buchholz, dem heutigen Märkisch Buchholz, den Status einer Landesgrenze zwischen Preußen und Sachsen. Wie ein Keil schoben sich hier sächsischen Besitzungen in die Mark Brandenburg. Die Orte bis hin nach Briesen und Oderin gehörten damals also zu Sachsen. So waren die Besitzungen des preußischen Krausnick in weiten Bereichen von sächsischen Landen umgeben. Nicht nur zum Brand hin, auch die Wasserburger Spree im Unterspreewald war die Grenze in Richtung des sächsischen Schlepzig. Eine erkennbare und bewachte Grenze, so wie wir sie nach unserem heutigen Verständnis verstehen, war sie allerdings nicht. Was sollten auch umfangreiche Grenzsicherungen in diesem Gebiet. Die Bevölkerung beiderseits der Grenze lebte über sie hinweg mit- und voneinander. Persönliche Kontakte auf dem Brand boten dazu sicherlich immer wieder Gelegenheit. Den Herrschenden dürfte es eigentlich egal gewesen sein. Denken wir nur an das gutsherrschaftliche Weidevieh, ob nun aus den ehemals sächsischen Rietzneuendorf oder dem preußischen Krausnick machte keinen Unterschied, das Vieh fraß, was es vorfand und die Hirten trafen sich. So ist es mehrere Jahrhunderte gewesen. Rangeleien entstanden meist unter den Grundherren. Hierzu ein paar Beispiele:
Vor dem sächsischen Oberamtsgericht in Lübben fand 1785 ein Prozess statt, indem Wilhelm Jakob Graf von Redern, der damalige Besitzer von Golßen, gegen Johann Joachim Jeckels zu Waldow klagte. Auch hier ging es selbstverständlich wieder um verbriefte Nutzungsrechte auf dem Brand. Selbst zwischen verwandtschaftlich verbundenen Adligen, wie dem von Oppen auf Krausnick und denen von Langenn auf Wasserburg half oft nur ein Schiedsspruch bei der Klärung. Im Jahre 1725 erfolgte solch eine königliche Klärung, Zitat[3]: „Vergleich zwischen Caspar Sigmund von L. auf Wasserburg und Friedrich Erdmann von Oppen auf Krausnick wegen Hütung.“ Auch die von Schlieben machten keinen Halt vor Verwandten, wenn es um ihr angebliches Recht ging. In 1798 stritten sich Schwager und Schwägerin[4] wie folgt: „Georg Friedrich v. Schlieben auf Rietzneuendorf gegen Witwe Katharina v. Schlieben auf Briesen wegen Schafhütung auf dem Brande.“ Ein paar Jahre später wagten sogar Bauern gegen Gutsherren zu klagen, so z. B. klagten Schönwalder in den Jahren 1804 bis 1812, hier[5]: „Gottlieb Köppchen und Konsorten, gegen Karl Friedrich v. Heinecken auf Waldow, Witwe Katharina v. Schlieben zu Briesen und die Gemeinde daselbst wegen Streulings- und Holzungsbefugnis auf dem Brand oder der Golßenschen Heide.“ Abschließend noch ein amüsanter Streit: 1730 bezweifelte ein preußischer Kammerherr, dass ein Hirsch auf sächsischem Gebiet erlegt sein soll. Er behauptete Johann Just Vieth auf Golßen habe den Hirsch jenseits der Grenze auf preußischem Gebiet erlegt[6].
Richtige Grenzstreitigkeiten waren es jedenfalls nicht, eher Banalitäten. Also auch damals verschaffte man den Gerichten mit derartigen Belanglosigkeiten Arbeit. Mit Teil 2 geht es weiter.
[1] Borgstede, August Heinrich von, Statisch-Topographische Beschreibung der Kurmark Brandenburg, Erster Teil, Berlin 1788, S. 97
[2] Berghaus, Landbuch der Mark Brandenburg, Berlin 1854, Band III, S. 645
[3] BLHA Potsdam Rep 37 KW, Urkunden von Groß Wasserburg Nr. 532 vom 23. Juni 1725
[4] BLHA Potsdam, 17B 1689
[5] BLHA Potsdam, 17B 1777, 17B 1778 & 17B 1779
[6] Witzsch, Der Brand, ISBN 978-3-7543-4602-0, BoD Norderstedt, S. 14ff