Titel Logo
Unterspreewald-Journal
Ausgabe 5/2024
Nichtamtlicher Teil
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Grundbesitz und die Folgen der Separation im 19. Jahrhundert – Teil 1

Bernhard Heinz Witzsch / Freiwalde

Wer heute zu seinem Hofbesitz recherchiert, der stößt unweigerlich auf Einträge aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zur damaligen Zeit entstand der Großteil des bäuerlichen Besitzes in den Dörfern des heutigen Amtes Unterspreewald. Er war ab da eng mit dem Bauernhof verbunden. Historisch betrachtet ist dieser Vorgang also noch gar nicht so lange her. Wie vollzogen sich diese Veränderungen?

Mit den Stein-Hardenbergschen-Reformen begannen sich langsam auch in den Orten des heutigen Amtes Unterspreewald Veränderungen des Grundbesitzes anzubahnen. Diese Änderungen vollzogen sich innerhalb eines Zeitraums von 50 bis 60 Jahren nachdem das „Edict des erleichterten Besitz und den freien Gebrauch des Grund-Eigenthums, so wie die persönlichen Verhältnisse der Land-Bewohner betreffend“ 1807 in Preußen[1] in Kraft gesetzt wurde.

Aber das „Edict“ war kein Selbstläufer und bedurfte deshalb weiterer gesetzliche Regularien zur Verwirklichung, die dann zuvorderst in althergebrachte Rechte und Pflichten von Grundherren und ihrer Untertanen eingriffen. Dazu zählten[2] :

Edict, die Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse betreffend vom 14. September 1811

Regulierungs- und Ablösebestimmungen vom 29. Mai 1816

Preußische Gemeinheitsteilungsordnung vom 7. Juli 1821

Was galt es nun im Einzelnen im Rahmen dieser sogenannten Bauernbefreiung zu verändern:

1.

Abschaffung der Grundherrschaft

2.

Aufteilung der Gemeine

3.

Flurverfassung ändern

4.

Schaffung von ungeteiltem bäuerlichem Eigentum

Dieser Gesamtprozess wird als Separation bezeichnet und vollzog sich in den einzelnen Dörfern mit recht unterschiedlichem Tempo. Letztendlich waren aber diese tiefgreifenden Veränderungen gegen 1859 in unserer Gegend vollzogen. An dieser Stelle seien ein paar Hinweise eingefügt:

Abschaffung der Grundherrschaft bedeutete nicht die Entmachtung der meist adligen Rittergutsbesitzer, und schon gar nicht deren Enteignung.

Unter Aufteilung der Gemeine ist eine Beendigung der gemeinschaftlichen Nutzung an Grund und Boden zu verstehen.

Mit der Änderung der Flurverfassung ging zwangsläufig auch die Jahrhunderte praktizierten Dreifelderwirtschaft ihrem Ende zu.

Schaffung von bäuerlichem Eigentum war in erster Linie mit der Aufteilung eines Teils der Flächen an adligen Grundbesitz verbunden.

Um diesen historisch so bedeutsamen Vorgang richtig einzuordnen ist es wichtig, dass zuerst die damaligen Besitzverhältnisse als Ausgangslage aufgezeigt werden. Dabei ist zu beachten, dass im Gebiet des heutigen Amtes zwei Formen an Grundbesitz zum Tragen kamen, einmal in den „altsächsischen Dörfern“ durch einzelnen Rittergutsbesitz und zum anderen in den „altpreußischen Dörfern“ die der königlichen Domänen. In der Folge werden dazu nur die Orte aufgeführt die in den beiden ausgewerteten Dokumenten „Die Rittergutsbesitzer des Kreises Luckau i. J. 1811“ und dem „Receß über die Regulierung und Festsetzung der Gebietsgrenze zwischen der Feldmark des königlichen Domänenamtes Krausnick und dem sogenannten Brande… vom 4. November 1830“[3] gleichermaßen aufgeführt sind. Betrachten wir nun zuerst die Besitzverhältnisse[4] von 1811 (damalige Schreibweise und Reihenfolge beibehalten):

Golßen: Gräfl. Fontanaschen Schwestern das Uzensche Erb-Antheil und die in der gesamten Hand stehenden beyden Brüder Grafen v. Redern die drey Lehnsantheile von dem Städtchen Golßen und den Dörfern Landwehr, Liedekahle und Priero

Joh. Geo. Heinr. Döhler, das Stutterheimsche Lehnsantheil zu Golßen

Zützen: Eve. Eleon. Louise von Kleist

Sagritz: Fr. Cathar. Doroth. Frieder. verehelichte Sydow geb. Steuerlein

Casel & Golzig: Friedr. Heinr. Ludw. Graf zu Solms-Baruth und dessen minorenne Schwester Friederike Wilhelmine Georgette Gräfin zu Solms

Jetzsch: Major E. A. W. von Staff nebst seinen Kindern

Crossen: Christian Heinr. Adolph v. Houwald

Rietzneuendorf: Joach. Aug. Fried. v. Schlieben

Waldo: Joh. Gottlob Lebr. Richter

Drahnsdorf: Friedrich Otto Gottlob Freyherr von Manteuffel, Karrassischen Antheils

Drahnsdorf: Lieutnant Wilh. Ferdin. Fried. v. d. Drößel, Drößelsche Lehnsantheil von Drahnsdorf

Kommune zu Luckau: Freywalde, Niewitz, Reichwalde, Sagritz (Stadtantheil), Schiebsdorf, Schönewalde

Krausnigk: königl. Domänenamt zu Krausnigk vertreten durch den Königl. Oberamtmann Schlesinger

Briesen: Fräul. Wilhelmine Louise Elisabeth von Schlieben

Oderin: Hand. Fried. Wilh. v. Schlieben

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass zwei Eigentümer in ihrem Besitzumfang die restlich aufgeführten Rittergutsbesitzer deutlich übertrafen. So besaß die Kommune Luckau zu diesem Zeitpunkt 23 Dörfer oder Lehnsanteile an und in einzelnen Orten, dem Graf zu Solms gehörte die Stadt Sonnewalde mit weiteren 15 Dörfer. Die Dörfer Briesen und Oderin gehörten damals zum sächsischen Gebiet und müssen auf Grund ihrer Lange hier mit bedacht werden. Das soll nur der Vollständigkeit wegen aufgezeigt werden.

In all den aufgeführten Orten erfolgte die Separation jeweils als eigenständiger Vorgang. Das macht auch den verwaltungsmäßigen Umfang deutlich. Welcher dann selbstverständlich auch die lange Zeitspanne bei der Durchsetzung erklärt.

Zu Beginn der Stein-Hardenbergschen-Reformen begegnen uns also vorwiegend nur Rittergutsbesitz in unseren Dörfern. Das sollte sich aber in den kommenden Jahren ändern und wird im 2. Teil erläutert. Aufschluss über die neu entstandenen Besitzverhältnisse gibt dazu u. a. der oben angeführte „Receß“. Innerhalb von 19 Jahren haben sich die Fluraufteilung und der Besitzstand geändert.

[1] Abb. zum Titelblatt des Edict aus der Sammlung des Autors

[2] Bernhard Heinz Witzsch, Häusler–Büdner & Kolonisten–Bauern, ISBN: 978-3-7448-9621-4, S.38 ff

[3] BLHA 8 Luckau 814, Rezess über die Regulierung der Grenze zwischen der Feldmark Krausnick und dem sogenannten Brande

[4] Luckauer Heimatkalender 1928 S. 101 bis 103, Die Rittergutsbesitzer des Kreises Luckau i. J. 1811