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Unterspreewald-Journal
Ausgabe 6/2024
Nichtamtlicher Teil
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Grundbesitz und die Folgen der Separation im 19. Jahrhundert – Teil 2

Bernhard Heinz Witzsch – Freiwalde

Im ersten Teil wurde bereits auf die unterschiedlichen Rechtsphären in den alt sächsischen und alt preußischen Dörfern hingewiesen. Durch das Besitzergreifungs-Patent des Wiener-Kongress vom 22. Mai 1815 kamen damals viele sächsische Gebietsteile zu Preußen und damit auch die benannten Orte im heutigen Amt Unterspreewald. Das hat für die Ablösung der Feudallasten einen gravierenden Einfluss auf den Besitzstand der Rittergutsbesitzer und die meist leistungspflichtigen Bauern. In Preußen war das Regierungsedikt von 1811 über die „Ordnung wegen Ablösung der Dienste, Natural- und Geldleistungen“ gültig und wurde per 7. Juni 1821 auf das vormals sächsische Territorium[1] einfach per Edikt übertragen. Bezogen auf den Rezess von 1838 bedeutete das, dass die gleichzeitig in Kraft getretene Gemeinheitsteilungsordnung jetzt auch in den aufgeführten Orten galt, dazu mussten aber eindeutige Gebietsgrenzen festgestellt werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang festzustellen, dass jetzt neben dem sogenannten „Dominium“ (die Rittergutsbesitzer) die „Gemeine“ (Bauern) durch den „Kreis Justiz-Kommissare Sartorius zu Luckau“[2] aufgeführt wurden. Neben den 1811 benannten Rittergütern, nur bei Waldow war ein neuer Rittergutsbesitzer benannt, sind jetzt daneben gleichberechtigt bevollmächtigte Gemeine-Vertreter aus den Orten aufgeführt. Auch hier gab es eine Veränderung, Schönwalde wurde als ein selbständiges Dorf benannt und nicht mehr im Besitzstand von Luckau aufgeführt. Im Einzelnen waren folgende Gemeinde-Vertreter als Verhandlungspartei ausgewiesen:

Golssen

Stadtkommune

3

Zützen

Gemeinde

2

Sagritz

Gemeinde

2

Jetsch

Gemeinde

1

Crossen

Gemeinde

1

Briesen

Gemeinde

1

Rietzneuendorf

Gemeinde

2

Oderin

Gemeinde

1

Waldow

Gemeinde

2

Drahnsdorf

Gemeinde

2

Schönwalde

Gemeinde

2

Zusätzlich vertrat der Stadtmagistrat Luckau z. B. immer noch „Freywalde“ und der Oberamtmann Schlesinger war für „Krausnigk“ Verhandlungspartner. Auch hier, Schreibweise wie in Originaldokument. Die Anzahl der Vertreter der Gemeine richtete sich nicht nach der Einwohnerzahl, sondern nach der Anzahl der damals bestehenden Bauerngrundstücke.

Wichtig ist, dass mit diesem Rezess der Fortschritt der Bauernbefreiung in der Region festgehalten wurde. Bevor die Klärung der Hütungsrechte als „gemeinschaftlich nutzbaren Eigentum“[3] auf dem BRAND in Angriff genommen werden konnte musste die Gebietszugehörigkeit geklärt werden, dazu diente der erwähnte Rezess. Die Regulierung begann bereits mit einem Lokaltermin „am 22. September 1829 der Interessierten“[4]. Zwei Monate später wurden in den Rezess-Paragraphen 3 und 4 durch insgesamt 12 Festlegungen die Grenzziehung dargestellt und vorab anerkannt, Zitat: „… alle Interessenten – Rittergüter und Gemeine – bevollmächtigte Vertreter zur Unterzeichnung des Grenzrecesses zu entsenden haben.“ Unter dem Strich bedeutete das, dass das Grundstück Neue Schenke[5] ab da in zwei Verwaltungsgebieten fiel. Es sollten aber noch 9 Jahre bis zu diesem Schlusstermin vergehen. Abschließend wird 1838 dann darauf verwiesen, daß „die schon 1829 richtig anerkannte Grenzakte im allgemeinen gültig bleibt“ und damit „der Brand von dem Territorio des Königlichen Domänenamtes Krausnigk scheiden.“ Im § 8 werden nochmals alle 24 Berechtigten aufgeführt, die dann durch „eigenhändige Unterschrift“ die Festlegungen bestätigen, Zitat[6]: „So geschehen Neue Schenke am vierten November eintausend achthundert und dreissig“. Allerdings haben Vertreter der Orte Sagritz, Crossen, Oderin, Rietzneuendorf und Drahnsdorf nur mit den berühmten drei Kreuzen unterschrieben. Ihre drei XXX wurden dann von dem „Kreis Justiz-Kommissare Sartorius“ als ordnungsgemäße Unterschriften bestätigt und damit war alles rechtens. Erst jetzt konnte mit der Ablösung der Dienste, Natural-, Holz- und Weidegerechtsame auf dem Brand begonnen werden. Diese Ablösungen nahmen noch weitere 20 Jahre in Anspruch. Derartige Eigentum- und Gebietsfeststellungen mussten in fast allen Orten im Rahmen der Separation getroffen werden und machen den Verwaltungsaufwand deutlich. Der erwähnte Rezess ist dafür nur als Beispiel zu verstehen. Wichtig war, ab jetzt saßen die Bauern mit am Verhandlungstisch und es wurde nicht über sie hinweg, sondern mit ihnen verhandelt. Ab diesem Rezess sah die Gebietsaufteilung dann bis 1952 wie folgt aus:

Karte 1922[7]

Nur eine Bemerkung des Autors: Beim Sichten der sehr umfangreichen Rezess-Dokumente und der Genehmigungsdauer fielen mir heutige lange Bearbeitungszeiten aus meiner Zeit als selbständiger Handwerker ein. Damals dauerte es 10 Jahre, dass die Grenzlinie und die daraus resultierende Lage eines Gebäudes der Neuen Schenke allgemeinverbindlich festgestellt wurde.

[1] Frank Reichert, 5.2 … in den vormals sächsischen Gebieten, LSA VERM 1/2022, S. 50

[2] BLHA 8 Luckau 814, Receß über die Regulierung und Festsetzung der Gebietsgrenze …

[3] ebenda

[4] Sammlung Horst Zwingenberger†, Märkisch Buchholz, Der Brand S. 7

[5] BLHA Rep 37 KWH, Amt Buchholz Nr. 12

[6] BLHA 8 Luckau 814, Receß …S. 21-26

[7] Sammlung Autor, Reichsamt für Landesaufnahme Berlin 1922, Teilkarte Reg.-Bez. Frankfurt / Kreis Luckau