Johann Christian Dolz um 1800
Johann Christian Dolz ist wegen seine Leistungen und Werke in die „Sächsische Biographie“ aufgenommen worden, die zum Schwerpunkt das spezifische Wirken von Persönlichkeiten in der Mark Meißen, in Kursachsen bzw. im Königreich bis hin zum Freistaat Sachsen hat. Deshalb im Folgenden die Darstellung seines Lebenslaufes mit den wichtigsten Phasen und Positionen:
Dolz (Doltz), Johann Christian
Volksschullehrer, Reformpädagoge, Schriftsteller, * 6.11.1769 Golßen, † 1.1.1843 Leipzig, ▭ Leipzig, Alter Johannisfriedhof (ev.).
V Johann Gottfried (1738-1799), Kaufmann, kurfürstlich sächsischer Zoll- und Biersteuereinnehmer in Golßen; M Christiana Dorothea, geb. Heffter (1749-1821); G Johanna Christiana Dorothea (1772-1772/73); Johanna Christiana Dorothea (* 1773); Christiana Friederica, verh. Förtsch (* 1776); Carl Gottlob (* 1778); Charlotte Caroline (* 1781).
In einem Zeitalter vielfacher Neuerungen und Experimente erwies sich D. in seiner Funktion als Lehrer, Vizedirektor und Direktor der Leipziger Ratsfreischule als ein besonnener, klar denkender und umsichtig prüfender Reformpädagoge. – D. entstammte einer damals vier Generationen zurückreichenden Golßener Bürgerfamilie. Er erhielt die Grundlagen seiner Schulbildung an der städtischen Knabenschule, danach am Lyzeum in Lübben. 1790 bis 1793 studierte er an der Universität Leipzig Philosophie, Theologie und Geschichte, um eine akademische Laufbahn einschlagen zu können, und erwarb den Titel eines Magisters Artium. Durch die enge freundschaftliche Verbindung zum Direktor der neu eröffneten Leipziger Ratsfreischule, Karl Gottlieb Plato, entschloss sich D. jedoch 1793, eine pädagogische Laufbahn einzuschlagen und die Stelle eines Volksschullehrers anzunehmen. Die Ratsfreischule war 1792 vom Bürgermeister Karl Wilhelm Müller und vom Superintendenten Johann Georg Rosenmüller als kostenlose Volksschule für Jungen und Mädchen errichtet worden. D., für den der Jugendunterricht zu einem wichtigen Teil seines Lebens werden sollte, arbeitete sich hier vom freiwilligen, unbesoldeten Mitarbeiter zum besoldeten Mitarbeiter (1796), Vizedirektor (1800) und schließlich Direktor der Freischule (1833) empor. 1841 verlieh ihm die Stadt Leipzig für diese Tätigkeit den Titel eines Ratsschulrats und die Ehrenbürgerschaft. – D.s Stärke zeigte sich v.a. im Bereich der Didaktik. Er strebte im Sinne des Philanthropen Johann Bernhard Basedow eine umfassende, dem Zeitgeist der Aufklärung verpflichtete Reform des Erziehungs- und Unterrichtswesens an. D. verteidigte die Auslegung der katechetischen Lehre an der Ratsfreischule und entkräftete Beschuldigungen und Anfeindungen durch Mitglieder des Leipziger Konsistoriums und der theologischen Fakultät. Für weite Kreise der damaligen Gesellschaft wurde D. ein Musterlehrer. – Nach 1793 hatte D. wiederholt ehrenvolle Berufungen an andere Städte abgelehnt und der Leipziger Ratsfreischule die Treue gehalten. Neben Sachsen wurden auch in der Niederlausitz, z.B. in seinem Heimatort Golßen, Stadt- und Landschulen nach dem Vorbild der Ratsfreischule durch die Niederlausitzer Beamten August Wilhelm von Trosky und Friedrich Otto Gottlob von Manteuffel organisiert und mehrere Leipziger Lehrer, selbst noch in preußischer Zeit nach 1815 übernommen. – D. veröffentlichte zahlreiche Schriften für den Schulgebrauch, besonders für die Fächer Religion und Geschichte, und gab eine Jugendzeitung sowie ein „Taschenbuch für die Jugend“ heraus. – Als Freimaurer war D. Mitglied in der Leipziger Loge „Linde“ (ab 1809 „Balduin zur Linde“) und wurde 1833 zum Ehrenmitglied der Freimaurerloge „Minerva zu den drei Palmen“ ernannt. – Das Schaffen D.s und seine ganze Persönlichkeit wirkten besonders in den ersten 100 Jahren des Bestehens der Ratsfreischule auch über seinen Tod hinaus. Zum 50-jährigen Jubiläum der Schule 1842 errichteten ehemalige Ratsfreischüler eine „Dolz-Stiftung“, die der Lehrer-, Witwen- und Waisenkasse zugutekam. 1892 bis 1894 wurde anlässlich des 100. Gründungstages der Freischule den beiden großen Volksschulmännern Plato und D. an der Promenade am Dittrichring in Leipzig ein Denkmal nach einem Entwurf von Baurat Hermann Georg Carl Weidenbach mit Porträtmedallions gewidmet. Die ehemalige Dolzstraße in der Südvorstadt ist nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges heute überbaut. Nach seinem Tod erhielt D. eine Ehrengrabstätte neben seinem Freund Plato auf dem Alten Johannisfriedhof in Leipzig.
Michael Bock, Dolz (Doltz), Johann Christian, in: Sächsische Biografie, herausgegeben vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e. V.
Online-Ausgabe: http://www.isgv.de/saebi (26.6.2017)