Als im November die ersten Schneeflocken fielen, die unsere Straßen erst mit einer matschigen Schicht bedeckten und dann nachts überfroren, gab es viele Anrufe. Manche waren besorgt, manche verärgert. Das Argument, dass drei Zentimeter Matschschnee nicht geschoben werden können, weil dabei die Straßen zerstört werden können, überzeugte manche nicht. Und dennoch muss die Art und der Umfang des Winterdienstes jeweils der Situation angepasst werden. Es ist nicht zu erwarten, dass sofort ab der ersten Schneeflocke alle Straßen ständig absolut schnee- und eisfrei sein können.
Grundsätzlich ist die Gemeinde zuständig für den Winterdienst. Genaueres ist der geltenden Winterdienstsatzung zu entnehmen. Bei der Auslegung der Regeln gibt es immer wieder Ungewissheiten. Das zeigt sich auch an vielen Gerichtsurteilen, die es zum Thema gibt. Von allgemeinem Interesse ist zum Beispiel ein Urteil des Bundesgerichtshofs:
„Die winterliche Räum- und Streupflicht beruht auf der Verantwortlichkeit durch Verkehrseröffnung und setzt eine konkrete Gefahrenlage, das heißt eine Gefährdung durch Glättebildung bzw. Schneebelag voraus. Grundvoraussetzung für die Räum- und Streupflicht auf Straßen oder Wegen ist das Vorliegen einer allgemeinen Glätte und nicht nur das Vorhandensein einzelner Glättestellen.
Besteht eine Streupflicht, richten sich Inhalt und Umfang nach den Umständen des Einzelfalls. Bei öffentlichen Straßen und Gehwegen sind dabei Art und Wichtigkeit des Verkehrswegs ebenso zu berücksichtigen wie seine Gefährlichkeit und die Stärke des zu erwartenden Verkehrs. Die Räum- und Streupflicht besteht also nicht uneingeschränkt. Sie steht vielmehr unter dem Vorbehalt des Zumutbaren, wobei es auch auf die Leistungsfähigkeit des Sicherungspflichtigen ankommt.“
Ein weiteres Urteil bezieht sich auf den Zeitraum, der einer Gemeinde zugebilligt werden muss, um den Winterdienst zu gewährleisten (Oberlandesgericht Hamm). Eine Gemeinde haftet demnach bei einem Glätteunfall dann nicht wegen der Verletzung der Streupflicht, wenn sie ihren Verpflichtungen aus dem Streuplan nachkommt und dieser Streuplan eine sichere Erfüllung des Winterdienstes gewährleistet. So muss nach dem Auftreten der konkreten Glättegefahr der Gemeinde – nach den Umständen des Einzelfalls – ein gewisser Zeitraum für organisatorische Maßnahmen zugebilligt werden, um ihren Streupflichten nachzukommen. Das scheint insofern nachvollziehbar, dass die im Winterdienst Beschäftigten nicht gleichzeitig an allen Orten im Einsatz sein können. Vor allem bei andauerndem Schneefall muss damit gerechnet werden, dass geräumte Flächen wieder verschneien.
Was häufig übersehen wird, ist die Verpflichtung der Grundstückseigentümer, die Gehwege oder Seitenstreifen für Fußgehende zu räumen und zu streuen. Gemäß § 4 Abs. 1 Winterdienstsatzung der Stadt Sonnewalde ist allen Eigentümern anliegender Grundstücke auferlegt, die Gehwege zu reinigen, die Gehwege von Schnee zu räumen und bei Winterglätte abzustumpfen.
Entsprechend der geltenden Satzung sind Gehwege „die für den Fußgängerverkehr ausdrücklich bestimmten und von der Fahrbahn abgegrenzten Teile der Straße, ohne Rücksicht auf deren Ausbauzustand und auf die Breite der Straße (z. B. Bürgersteige, unbefestigte Gehwege, Seitenstreifen) sowie räumlich von einer Fahrbahn getrennte selbständige Gehwege ... Soweit Gehwege nicht vorhanden sind, gilt als Gehweg ein Streifen von 1,00 Meter Breite entlang des Fahrbahnrandes und soweit dies die örtlichen Gegebenheiten ermöglichen.“
Zum Selbstschutz ist es erforderlich, sich auf winterliche Verhältnisse durch entsprechende Kleidung (Schuhwerk) und entsprechendes Verhalten einzustellen. Die mit der Durchführung des Winterdienstes durch die Stadt Beauftragten tun jedenfalls ihr Bestes, um die Benutzbarkeit von Straßen und Wegen aufrecht zu erhalten.