Bibliotheksnachrichten aus dem Amtsgericht

Werte Leserschaft,

über das verlängerte Himmelfahrtswochenende war ich zu Besuch in Wien. Glücklich wieder in der Stadt zu sein, wo für mich wie kaum woanders Kunst, Kultur und Lebensfreude verschmelzen. Es gibt so viel zu erleben: das imperiale Wien, Jugendstil, spannende Museen, aktuelle Architektur und musikalische Vielfalt. Beim Durchstreifen der verschiedenen Bezirke erinnerte ich mich an ein Buch was ich die „leisen“ Bücher nenne. Bücher in den es nicht um Spannung und Intrigen geht, sondern die einfach nur vom ganz normalen Leben erzählen, von erfüllten und unerfüllten Träumen und das alles ohne Bewertung.

Wien 1966. Fernab vom glamourösen ersten Bezirk eröffnet Robert Simon sein Café am Karmelitermarkt. Ein Ort für die Zersausten, die Gestrauchelten, für diejenigen, die nach den Kriegsjahren noch nicht für die Welt des Wirtschaftswunders bereit sind. Renee, der Preisboxer, dem das Kämpfen immer schwerer fällt. Mischa, der Maler mit den wechselnden Frauenbekanntschaften. Rose, auf der Suche nach einem Mann. Für sie und viele andere ist Roberts Café ein Zufluchtsort, in einer sich verändernden Zeit in der für Verlierer kein Platz mehr ist.

„Hier sitzen jeden Abend Menschen um für ein paar Stunden den ganzen Schlamassel um sie herum zu vergessen. Die Welt dreht sich immer schneller, da kann es schon passieren, dass es einige von denen, deren Leben nicht schwer genug wiegt, aus der Bahn wirft. Ist es da nicht gut, wenn es einen Platz gibt, an dem man sich festhalten kann?“

Das trifft in seiner simplen Wahrheit sehr gut den Ton dieses Buches. Die Frauen und Männer des Cafés ohne Namen begehren nicht auf, sondern halten sich still und ergeben am Leben fest. Da schwingt Melancholie und Vergeblichkeit zwischen den Zeilen … und auch leise Zärtlichkeit und Freundschaft. Eine Liebeserklärung Robert Seethalers an seine Stadt und ihre kantigen Originale.

Dieses Buch befindet sich in unserem Bibliotheksbestand. Ich freue mich auf Sie!

Ihre Jana Nöpel

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