Liebe Leserinnen und Leser des Stadtanzeigers,
nach 40 Jahren Tätigkeit als Lehrer in Stolpen, davon 31 Jahren in Schulleiterverantwortung, kann ich ein positives Resümee ziehen und möchte mich bei allen Mitstreitern bedanken. Ein sehr liebevoll vorbereiteter letzter Schultag wurde durch Lehrer, Schüler, Eltern, GTA-Leiter, technisches Personal, Bürgermeister und Sportverein ausschließlich für mich organisiert, herzlichen Dank für dieses unvergessliche Erlebnis. Die vier Jahrzehnte an der Oberschule Stolpen waren eine abwechslungsreiche Herausforderung, der ich mich bis zum letzten Schultag gern gestellt habe. Selbstverständlich gab es auch Momente der Zweifel und des Ärgers - erledigt, vergessen! Die Mehrzahl der Schüler, die durch unser pädagogisches Wirken beeinflusst wurden, haben ihren Platz im Leben gefunden, arbeiten fleißig in den Firmen und Einrichtungen unserer Gegend, haben eine Meisterausbildung oder ein Studium absolviert, Firmen gegründet, arbeiten als Ärzte, Ingenieure und auch als Bürgermeister. Ich hoffe, dass die meisten von ihnen positiv auf ihre Schulzeit zurückblicken und ihren Kindern und Enkeln nicht alle kleine Schwächen von uns Lehrern verraten …
Mein Weg in Stolpen lässt sich schnell zeichnen. Im Rahmen des sogenannten Absolventeneinsatzes aus dem Erzgebirge im Jahr 1983 mit Ehefrau an die Stolpener Oberschule verpflichtet, von netten Kollegen und einem angenehmen Schulumfeld zunehmend begeistert, wurde aus dem Arbeitsort die neue Heimat. Sicher gab es im Zeitraum von 1983 bis 1989 bei der „Bildung und Erziehung sozialistischer Persönlichkeiten“ einige groteske und ideologiebedingt äußerst kritikwürdige Auswüchse, dennoch war die Arbeit von Verantwortung für die Kinder und einem hohen Leistungsanspruch geprägt. Mit dem Herbst 1989 und dem Beitritt zur BRD wurde Bildung Ländersache und im Freistaat Sachsen die fünf bekannten Schularten erfolgreich etabliert. Als 1992 ein neuer Schulleiter gesucht wurde, stellte ich mich der Verantwortung, bekam den Job ohne Gegenkandidat, wusste die Schulkonferenz hinter mir. Als Stadtrat und Schulleiter gab es viel zu tun, riesige Freiräume waren auszufüllen, die Regelungswut der Behörden hielt sich damals noch in Grenzen. Sachsens Kultusministerium, stets konservativ geführt, hatte gute Berater und machte vieles richtig. Auch die Oberschule Stolpen profitierte von der Konstanz in den Strukturen der sächsischen Bildungspolitik. In all den Jahren haben die Verantwortlichen des Schulträgers die Belange der Schulen sehr ernst genommen, die materiell-technischen Bedingungen verbessert. Das ländlich geprägte Stolpen und Dittersbach-Dürrröhrsdorf mit all seinen Ortsteilen war durch aufgeschlossene und kooperative Eltern und recht gut erzogene Schülerinnen und Schülern geprägt. Im Gegensatz zur Anonymität der Großstadt kannte man sich, arbeitet in den Vereinen zusammen, begegnetes sich bei Sport und Spiel, Festlichkeiten und Feiern. Dies machte es den Lehrern und der Schulleitung wesentlich leichter, einen Schulalltag zu organisieren, der sich zu Leistung und Disziplin, Fördern und Fordern, Abwechslung und Erlebniswert bekannte.
So geschah dies auch im Schuljahr 2022/23, welches nach schwierigen Corona-Jahren wieder unbeschwert verlief, neben den Leistungsanforderungen viele emotionale Höhepunkte für die Schüler bereithielt. Zur feierlichen Ausgabe der Abschlusszeugnisse in der Kornkammer war es letztmalig für mich eine große Ehre, den Absolventen viel Erfolg im weiteren beruflichen Leben zu wünschen und die besten Schülerinnen und Schüler auszuzeichnen.
(Foto auf Titelseite im letzten Anzeiger) Mit Celine R. gab es eine Schülerin, die einen sehr guten Abschluss erreichte (1,08) und dafür auch von Landrat Michael Geisler auf Schloss Weesenstein ausgezeichnet wurde.
Ich denke, dass die sehr persönlich geschriebenen Worte von Celine auch für unsere Jugend recht lesenswert sind.
Als langjähriger Kapitän wollte ich das Schul-Schiff- mit 17 statt 12 Klassen übervoll mit Tonnagegern auch mit einer kompletten Mannschaft an die neue Kapitänin übergeben. Leider klappte dies nicht ansatzweise, denn die Reederei versäumte schon vor Jahren Statistiken zu interpretieren, um rechtzeitig ausreichend qualifiziertes Personal zu akquirieren. Das Schiff aber ist Dank des Eigners solide konstruiert und manövrierfähig, möge auch weiter der Kurs stimmen und bildungspolitische Hindernisse pfiffig umschifft werden …