Briesensee. Zahllose Tiere überall auf der Welt suchen ein gutes Zuhause – und ein Tierschutzverein in Niedersachsen hat sich deshalb einen besonderen Kniff überlegt, um die dortigen Vierbeiner zu vermitteln. Mit augenzwinkerndem Verweis auf den Fachkräftemangel wird Bullterrier „Cesar“ im Internet als Inhaber eines Gabelstaplerführerscheins angepriesen, Katze Felice als ausgebildete Steuerberaterin auf der Suche nach mehr Work-Life-Balance, Häsin Betty als gewiefte Telefonbetrüger-Ermittlerin, Husky-Dame Lilyfee als Moderatorin eines Katzen-Forums und so weiter. Das Video ging in den sozialen Medien viral und wurde allein auf Instagram bis Mitte November fast 50.000 Mal geliked. Das gekonnte Marketing erzielte die gewünschte Aufmerksamkeit für die Fellnasen auf ihrer Suche nach einem Für-immer-Zuhause.
Ob der Tierschutzverein Lieberose/Oberspreewald sich davon inspirieren lässt, bleibt an dieser Stelle geheim. Ein Blick auf deren Instagram-Kanal lohnt aber: Dort werden Samtpfoten vorgestellt, die nach einem schweren Start ins Leben aufgepäppelt, geimpft, entwurmt, stubenrein und größtenteils handzahm sind.
Beinahe „zum Angeln benutzt“
Zum Beispiel Fen, Li und Ling – beinahe wären sie an ihrem Geburtsort „zum Angeln im Schwielochsee“ benutzt worden. Der Tierschutzverein bekam es rechtzeitig mit und nahm sie an sich. Im Haus der beiden Vorsitzenden Verena Molle und Jörg Siewert sind die drei Juli-Kätzchen sicher und geborgen aufgewachsen und wurden auch schon geimpft, entwurmt und gechipt. Tigerkatze Fen, ihre Schwestern Li (schwarz-weiß mit regelmäßiger Zeichnung) und Ling (schwarz) sollten möglichst wenigstens zu zweit zusammenbleiben können und müssen noch kastriert werden.
Die Geschwister Bonnie und Mo, geboren im April 2025, warten ebenfalls noch auf ihre große Chance. Bonnie ist neugierig, verspielt und zutraulich. Beide haben noch einen Bruder, der allerdings kürzlich zu „Christian“ umgezogen ist. Dieser süße Kater wurde bereits von einem jungen Paar adoptiert, das er sehr mag – doch seine Geschwister vermisste er trotzdem enorm. Daher wandte sich das junge Paar erneut an den Tierschutzverein, um Bonnies Bruder Clyde dazuzuholen.
Allein und verlassen im Wald gefunden
Weitere drei kleine Kätzchen wurden Anfang Oktober im Alter von etwa 12 bis 14 Wochen ganz allein im Wald bei Caminchen gefunden. Der Tierschutzvereins-Vorstand geht davon aus, dass die drei Babys ausgesetzt wurden. Inzwischen haben sie sich erholt und gut entwickelt sowie dank vollständiger Entwurmung ein glattes, weiches, gesundes Fell. Sie schauen mit hellwachen Augen in die Welt und haben ein zutrauliches Wesen.
Der wohl schwierigste Fall dieses Jahr war der kleine Findus, ebenfalls ein Findelkind mit noch fast intakter Nabelschnur. Wie er per Hand aufgezogen wurde, schließlich Freunde fand und dem Tierschutzverein dann noch eine handfeste Überraschung bescherte, ist ebenfalls auf dem Instagram-Kanal der „Schutzengel der Tiere“ dokumentiert. Dort finden sich auch die Kontaktdaten.
Pech im ersten Versuch
Und die Geschichte von Fred. Fred wurde im April in den Räumen der Vereinsvorsitzenden geboren, die als tierheimähnliche Einrichtung gesetzlich anerkannt sind. Seine Mutter wurde hochschwanger von den „Schutzengeln der Tiere“ gefunden und aufgenommen. Fred hatte scheinbar Glück und wurde später an eine Familie mit einer gleichaltrigen Katze vermittelt. Doch sein neuer Artgenosse starb leider an einer unbehandelten Wurminfektion, und der kleine Fred ging in seiner Einsamkeit buchstäblich die Wände hoch. Nun haben sich die Lebensumstände der Familie verändert, und Fred ist auf der Suche nach einem Für-immer-Zuhause. Er ist sieben Monate alt, entwurmt, gechipt, geimpft und kastriert. Verspielt, neugierig und zutraulich, sollte er unbedingt in ein Zuhause, in dem bereits eine Katze als künftiger Spielkamerad auf ihn wartet.
Die Reihe zu vermittelnder Katzen reißt nicht ab. Aktuell warten 17 Kitten beziehungsweise Jungkatzen und zwei einjährige Katzen auf ein neues Zuhause. Dementsprechend musste der Tierschutzverein Lieberose/Oberspreewald einen Aufnahmestopp aussprechen. 2024 wurden bereits 21 junge Katzen aufgenommen und alle in gute Hände vermittelt. Insgesamt 110 Katzen wurden – das ist die Hauptaufgabe des Tierschutzvereins – an verschiedenen Hotspots im Amt Lieberose/Oberspreewald eingefangen, kastriert, markiert, gechipt und in ihrem angestammten Habitat wieder freigelassen.
Deshalb ist die Katzenkastration so wichtig
Für 2025 beläuft sich die Zahl durch den Tierschutzverein kastrierter Katzen und Kater auf rund 90 – und das Jahr ist noch nicht ganz vorbei.
Tätig wird man ebenfalls in der Gemeinde Märkische Heide. Hier laufen vertrauensvolle und konstruktive Gespräche mit der Gemeindeverwaltung unter Bürgermeister Dieter Freihoff.
Die Katzenkastration ist ein bedeutender Schwerpunkt der Arbeit des Tierschutzvereins „Janźel zwêrjetow – Schutzengel der Tiere“ – neben der Aufnahme und Vermittlung von jungen Katzen oder Kitten. Um die wilde Vermehrung von Streunerkatzen und das damit verbundene Tierleid wirklich einzudämmen, setzt sich der Verein aber auch für die Umsetzung der Katzenschutzverordnung ein. Diese holt Katzenhalter mit an Bord. Jeder und jede wird dadurch verpflichtet, die eigenen Freigänger-Katzen chippen, registrieren und kastrieren zu lassen. Das bringt sowohl für die einzelne Katze als auch für die Population sehr viel: Die individuelle Katze bzw. der Kater ist nur noch für die eigene Nahrungssuche verantwortlich und dem Stress ihrer Hormone und der ständigen Vermehrung nicht länger ausgesetzt. Ohne Eingriff von außen können aus nur zwei geschlechtsreifen Katzen innerhalb von nur drei Jahren rein rechnerisch 382 Katzen entstehen, innerhalb von fünf Jahren rund 12.000. Und nein, an dieser Stelle ist keine Null zu viel.
Die exponentielle Vermehrung von Katzen bringt viele gesundheitliche Probleme, nicht zuletzt aus Inzucht und Geschlechtskrankheiten, und gefährdet zudem auch die Wildvogelwelt enorm. Deshalb setzt sich der Tierschutzverein stark dafür ein, dass freilebende Katzen kastriert werden – entweder über die Behörde, über den Verein oder über betreuende Menschen vor Ort. Die „Schutzengel der Tiere“ aus Briesensee sind unterstützend im Amt Lieberose/Oberspreewald und der Gemeinde Märkische Heide tätig. Vereinzelt gibt es auch Einsätze darüber hinaus. Hotspots gibt es genug – allein in Lieberose wurden dieses Jahr bereits 25 freilebende Katzen kastriert, markiert, gechipt und registriert. Eine Katze musste eingeschläfert werden, weil sie den gesamten Gaumen inklusive Zunge voller Tumore hatte. Weitere Einsatzorte waren Treblitz (drei kastrierte Katzen), Blasdorf (acht) und Alt Zauche.
Ein Herz für Igel
Bei den Katzen hört es jedoch nicht auf. Vereinsmitglied Heike Raith bringt derzeit liebevoll drei Igel durch den Winter. Durch den Einsatz des Tierschutzvereins wurden zudem einige Hunde aus schlechter Haltung gerettet sowie ins Tierheim oder an Privathalter vermittelt.
Wer den Tierschutzverein Lieberose/Oberspreewald unterstützen möchte, kann an DE95 1605 0000 1000 6546 28 3 spenden oder über PayPal/schutzengeldertiere. Kontakt: 0163/2324984 (Mo-Fr 12–17 Uhr).