Ja, 2016 wurde die Idee und Praxis der Genossenschaftsidee in die Liste der UNESCO als immaterielles Kulturerbe eingetragen.
Können Sie sich noch erinnern, Anfang jeden Jahres wurden Konsummarken geklebt. Oft wurde diese Aufgabe den Kindern anvertraut, aus Schubladen und Zigarrenkisten wurden die Marken zusammengesammelt und in extra dafür vorgesehene Heftchen geklebt. Dieses Heftchen wurde dann in der Filiale gegen Quittung abgegeben und ca. im September kam die Rückvergütung, ca. 1,5 bis 1,7 % des Umsatzes des vergangenen Jahrs. Eigentlich lukrativ, denn es waren zwischen 50 und 150 Mark. Oft konnten damit die Einkellerungskartoffeln oder der Weihnachtsbraten finanziert werden. Ein Mitglied der Familie musste gegen einen Anteil von 50 Mark Mitglied der Genossenschaft sein.
Den ersten deutschen Konsumverein, die "Eilenburger Lebensmittelassociation", gründet 1850 der Jurist und Sozialreformer Hermann Schulze-Delitzsch.
Der Boom der ostdeutschen Einzelhandelskette ist einer Entscheidung der Sowjetischen Militäradministration zu verdanken. „Außerordentliche Bedeutung" haben die Konsumgenossenschaften für die Lebensmittelversorgung der Deutschen, erklärt Marschall Schukow in seinem Befehl 176 vom 18. Dezember 1945. Mit ihm erlaubt er die Neugründung von Genossenschaften und gibt ihnen das Recht, "bewirtschaftete Lebensmittel und gewerbliche Gebrauchsgüter an ihre Mitglieder zu verkaufen".
Lange Warteschlangen, keine Südfrüchte, Mangelwirtschaft. Obwohl es viele Produkte oft nicht zu kaufen gab, war die Einkaufslandschaft in der DDR mit Konsum-Läden, Intershops und Versandhäusern dennoch vielfältig.
Ihr Angebot unterscheidet sich zwar kaum von dem der staatlichen HO, aber die Rückerstattung war durchaus lukrativ.
Vor allem auf dem Lande gehörte der Dorfkonsum wie die Kneipe zum Alltag.
Flaggschiff der Warenhäuser ist die legendäre "Blechbüchse" in Leipzig. (heimliches Wahrzeichen von Leipzig).
„Vetschau ist ne schöne alte Stadt, weil'se am Markt auch `nen Konsum hat“.
Das schrieb Frau Elfriede Boemack in das „heilige Brigade-Buch“ der Konsum-Verkaufsstelle am Markt, ca. 1979 (später Edeka, Schlecker, heute Spreewaldpizza).
Aber schon viel länger existierte der Konsum am Markt. Begegnungsstätte, Eieraufkauf, Obst- und Gemüseaufkauf der Vetschauer Gartenfreunde und regionalen Bauern, auch Auslieferung der Einkellerungskartoffeln.
Seit ca. 1953 war Heinz Boemack der Verkaufsstellenleiter.
Bis 1954 gab es Zucker, Butter und Fleisch noch auf Lebensmittelmarken, Milch in Kannen. Für die ca. 16 Angestellten und Auszubildenden eine besondere Herausforderung, alles musste eingetütet und abgewogen werden.
1959/60 wurde die Verkaufsstelle am Markt die erste Selbstbedienungsverkaufsstelle weit und breit.
Überschattet wurde diese beliebte Verkaufsstelle durch den maroden Zustand des Gebäudes, Dach war kaputt, es regnete rein.
Erst 1983 begann eine umfangreiche Sanierung. Das bedeutete aber, Umzug der Konsum- Verkaufstelle
Alles wurde von den engagierten Verkäuferinnen und ihrem Chef gemeistert. Nach einem Jahr Neueröffnung Markt 2/3, hell, sauber, großzügige Flächen.
Bis 1987 leitet Heinz Boemack, diese Konsum-Verkaufsstelle.
Vom Konsum-Verband oft als beste Verkaufsstelle ausgezeichnet, etliche Auszeichnungen im Kassiererinnenwettstreit, beste Verkäuferin. Die gute Zusammenarbeit wurde durch Betriebsausflüge, Brigadefeiern, Frauentagsfeiern, Sondereinsätze, im Brigadebuch dokumentiert.
Der große Bruch kommt mit der Währungsunion und Wiedervereinigung 1990. Im Einigungsvertrag werden die Konsumgenossenschaften schlichtweg vergessen. Unklare Eigentumsverhältnisse und die Übermacht westdeutscher Handelsketten sorgen für das Aus vieler Genossenschaften. Diejenigen, die überlebt haben, wie in Dresden, Weimar, Erfurt oder Leipzig, boomen heute. Die Idee einer regionalen Einkaufs- und Verbraucherorganisation ist so aktuell wie seit langem nicht.
Heute gibt es ca. 7.600 Genossenschaften mit rund 20 Millionen Mitgliedern. Über 2.000 Wohnungsbaugenossenschaften mit mehr als drei Millionen Mitgliedern verwalten etwa zwei Millionen Wohnungen.
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