Nachtwächter ist ein Beruf, der mit dem Bestehen der ersten größeren Städte im Mittelalter aufkam.
Der Nachtwächter sorgte nachts für Sicherheit und Ordnung und sagte teilweise die Zeit an.
Damit alle Dorfbewohner ruhig schlafen können, bleibt einer wach und passt auf – der Nachtwächter. Sind es heute meist Firmen, die sich Nachtwächter leisten, war die Nachtwache früher ein aus der Gemeindekasse bezahlter Dienst für die Allgemeinheit.
Wann es in Göritz den ersten Nachtwächter gab, wird wohl nie mehr feststellbar sein; schon gar nicht wie er hieß. Im Kassenbuch von Göritz werden für das Rechnungsjahr 1883/1884 Ausgaben von 1 Mark im Zusammenhang mit dem Nachtwächter genannt (3). Leider ist der genaue Begriff nicht entzifferbar. Auch 1888/1889 sind Ausgaben für die Ausbesserung des Nachtwächterhorns (25 Pfennig) verzeichnet. 1894/1895 wurden 2 M „für ein neues Nachtwächterhorn“ ausgegeben. (3)
1907/1908 taucht bei den Ausgaben Pos. 22: „für zweimaliges Ausschreiben des Neubaues des Nachtwächterhauses ins Kreisblatt und Wochenblatt“ (3 M.) auf. Leider ist unklar, worum es dabei konkret ging.
Wieviel verdiente ein Nachtwächter eigentlich. Aus den ausgewerteten Kassenbüchern ließ sich für den Zeitraum zwischen 1910 und 1922 nachfolgende Tabelle ableiten. Man muss bei den Zahlungen aber bedenken, dass ab ca. 1918 die Inflation in Deutschland eine Rolle spielte, die im Jahre 1923 ihren Höhepunkt erreichte.
| Rechnungsjahr Jeweils vom 1. April bis 31. März des Folgejahres | Nachtwächtergehalt in Mark (M) | Bemerkung |
| 1909/1910 | 56 |
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| 1910/1911 | 58 |
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| 1911/1912 | 60 |
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| 1912/1913 | 59 |
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| 1913/1914 | 54 |
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| 1914/1915 | 72 |
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| 1915/1916 | 75 |
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| 1916/1917 | 75 |
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| 1917/1918 | 92 |
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| 1918/1919 | 105,44 |
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| 1919/1920 | 173,80 | Zusätzl. 40 M Teuerungszulage |
| 1920/1921 | 300 | Zusätzl. 40 M |
| 1921/1922 | 508,80 | Gehalt und Krankengeld |
| 1922 |
| Krankenbeitrag 3.268 M |
Nur sechs Nachtwächter-Namen ließen sich bisher ermitteln, davon drei nach 1945:
In 1893/94 Müller (3) (1896/97 wurde das Nachtwächteramt neu ausgeschrieben)
In 1916 bis 1923 Reinholz (3)
In 1926 bis mind. 1936 Friedrich Teka (3)
In 1939 und 1947 Berthold Lowka (4)
In 1947 Michael (4)
Von 1949 bis in die 1950er Jahre Fritz Büttner (4)
Die Nachtwächter hatten nicht nur allgemeine Kontroll- und Überwachungsaufgaben, sie spielten auch eine wichtige Rolle bei der Brandverhütung und -warnung. Das wurde dadurch unterstrichen, dass in Preußen ihre Vereidigung höchstpersönlich durch den Landrat erfolgte. (1)
Ihre Hauptfunktion lässt sich daraus ableiten, dass der „Dorf-Feuer-Löschordnung“ eine „Dienst-
Instruction für die Nachtwächter ländlicher Gemeinden“ angehängt war. (1)
„Bricht im Orte Feuer aus, so ist der Nachtwächter verpflichtet, solches durch sein Horn und den Ruf
´Feuer! Feuer!´ zur allgemeinen Kenntnis zu bringen, vor allem aber schleunigst die Bewohner des Gehöfts, auf welchem das Feuer ausgebrochen ist, sowie der Nachbargehöfte und demnächst auch den Ortsvorstand, ingleichen den Spritzenmeister und Denjenigen, welcher mit dem Läuten der Sturmglocke beauftragt ist, zu wecken, und darf er mit den Lärmsignalen nicht eher einhalten, als bis das ganze Dorf allarmiert ist“. (1)
Bei der damaligen Bauweise – Fachwerk mit Strohdach – bedurfte es keiner großen Leichtfertigkeit, um verheerende Brände auszulösen. (1)
Bei der durch die Preußische Staatsregierung zum 01.10.1928 festgelegten Auflösung des Gutsbezirkes Göritz wurde im Auseinandersetzungsvertrag Gutsbesitzer Geisler / Gemeinde Göritz zum Nachtwächter- und Feuerlöschwesen im § 3 folgendes geregelt:
Im Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 03.09.1938 findet sich zum Thema „Nachtwächter“ folgende Eintragung (4):
„Zur Besetzung des Nachtwächterpostens haben sich drei Bewerber gemeldet, und zwar: Wilhelm Kaiser, Berthold Lowka und Gustav Figula sen. Da keine Einigung zustande kam, mußte zur geheimen Wahl geschritten werden. Das Wahlergebnis endete 2:2, hierauf mußte das Los entscheiden und fiel auf Pg. Berthold Lowka. Nach Befragen des Lowka nimmt dieser die Wahl an. Es ist Pg. Lowka durch den Leiter der Gemeinde bekanntgegeben worden, daß der Posten voraussichtlich zum 1. November besetzt werden soll.“
Das Nachtwächter-Thema beschäftigte auch die Gemeinderatssitzung am 28.10.1939. Es ging um die Festlegung einer „ordnungsgemäßen Kündigungsfrist“. Die Frist wurde auf ein Vierteljahr festgelegt, gekündigt werden kann zum 1. jeden Quartals. (4)
Auch bei der Verpachtung des Göritzer Rittergutes durch die Ilse Bergbau-AG 1932 an Martin Schulze spielte das Nachtwächter- und Feuerlöschwesen in der Pachtzeit eine Rolle. (5) Besonders als der 2. Weltkrieg immer mehr auf das deutsche Gebiet zurückwirkte, rückte der Brandschutz weiter in den öffentlichen Mittelpunkt.
Am 12.03.1947 stand das Thema „Neuausschreibung der Nachtwächterstelle“ auf der Tagesordnung einer öffentlichen Gemeindevertretersitzung. Es wurden folgende Eckpunkte abgestimmt: Vergütung 2 RM/Tag, freie Wohnung und Ackernutzung auf den zugehörigen Grundstücken, zusätzlich Erledigung von Botengängen für die Gemeinde, Friedhofspflege. (4)
Am 10.05.1947 wird Herr Michael aus den 3 Bewerbern als neuer Nachtwächter ausgewählt. (4)
Wegen „unvorhergesehener Vorkommnisse“ wird bereits in der Sitzung vom 31.05.1947 eine Neuausschreibung der Nachtwächterstelle entschieden; Ende der Bewerbungsfrist 08.06.1947. (4).
Neuer Nachtwächter wird Berthold Lowka. Er bittet aber noch im Juni um seine Beurlaubung wegen Hausneubau. (4)
Am 24.06.1948 wird den Gemeindevertretern mitgeteilt, dass sich Fritz Büttner als Nachtwächter beworben hat. Sein Dienstantritt soll zum 01.01.1949 erfolgen. B. Lowka ist zu kündigen. (4) Der Nachtwächter wohnte im sog. Nachtwächterhaus. Das war in Göritz das Gemeindehaus; heute Göritzer Dorfstraße 3.
Fritz Büttner war der letzte Nachtwächter in Göritz. Er ging immer mit seinem Hund auf Streife. Den Nachtwächterposten gab es in Göritz bis in die 1950er Jahre.
| Quellenangaben: | |
| 1. | „Gemeinde Kahnsdorf, Kreis Calau, Streiflichter aus der Geschichte eines Dorfes am Rande des Spreewaldes“, 1987, Dieter Sperling, Rat des Kreises Calau, VEB Braunkohlenwerk Cottbus |
| 2. | Ausgabe-Buch für 1934 bis 1936 |
| 3. | Kassenbuch der Gemeinde Göritz 1880 – 1927 |
| 4. | Protokollbuch der Gemeinderats-/-vertretersitzungen vom 15.04.1935 bis 28.12.1955 |
| 5. | Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Archiv-Signatur 75 Ilse-Bergbau 287, Verpachtung des Rittergutes Göritz bei Vetschau, Kr. Calau |