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Wehlener Rundschau - Mitteilungsblatt der Stadtverwaltung Stadt Wehlen
Ausgabe 7/2025
Historisches
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Was geschah ab dem 10. Jahrhundert mit der Gegend um Wylin, bis zum Ende der böhmischen Monarchie im Jahr 1919

In der Chronik von Stadt Wehlen, sowie in verschiedenen Geschichtsbüchern, unsere Stadt betreffend (aber auch Pirna und Umgebung), können wir immer wieder folgendes lesen. Stadt Wehlen stand abwechselnd unter meißnischer und unter böhmischer Herrschaft. Aber zu welchem Zeitpunkt, warum und wie lange, wird auch von keinem der Nachfolger von Pastor Frenkel genannt. Pastor Frenkel hatte um 1830 gewiss noch nicht die Möglichkeiten, die uns Chronisten heute zur Verfügung stehen, an fundierte Quellen heranzukommen. An die Quellen kamen sie seinerzeit meist sehr, sehr umständlich. Die meisten Forscher haben also der Bequemlichkeit wegen immer fein vom Vorgänger abgeschrieben, ohne selbst zu recherchieren!!!

Heute will ich nun versuchen, mit Hilfe alter Urkunden etwas Licht in‘s Dunkel zu bringen. Weitere Unterstützung gaben mir die Schriften von C. Weise, W. L. Götzinger, K. Gautsch und das Wichtigste, die Geschichte der böhmischen Krone.

Beginnen wir am besten mit dem Jahr 965, als die Ostmark in Gaue aufgeteilt wurde, da entstand die Mark (Grenzland) Meißen. Wenig später, 968, gründete die Kirche das Bistum Meißen (kirchlicher Verwaltungsbezirk) und legte damit die „kirchlichen Grenzen“ fest. Diese Grenzen deckten sich weitestgehend mit den weltlichen Grenzen. Der Zweck dieser Gründung war die Sicherung der Interessen von Kirche und Staat. In dieser Zeit wurde der Adel immer stärker. Unter ihnen war auch das immer mächtiger werdende Geschlecht der „Wettiner“, welches sich insgesamt über ca. 1000 Jahre lang in Meißen und Dresden behauptete.

Im Jahr 1074 bekommt der Böhmische König Vratislav I. die Herrschaft Pirna und Wehlen vom Deutschen Kaiser Karl IV., für treue Dienste geschenkt.

Was war passiert?

Thüringische und meißnische Adelshäuser hatten sich gegen Kaiser Karl IV. verschworen, aber ohne Erfolg. An diesem Komplott beteiligte sich auch der damalige Markgraf von Meißen. Der böhmische König, ein Schwager des deutschen Kaisers, half die Verschwörung aufzudecken, die somit fehl schlug. Kurzerhand erklärte der Kaiser die Pflegen Pirna und Wehlen, sowie die gesamte heutige Sächsische Schweiz von Markgraf Ekbert II. für verlustig und diese Gebiete gehörten somit ab sofort zur böhmischen Herrschaft. Etwa zehn Jahre später, 1084, heiratet ein Sohn des Markgrafen von Meißen, Wiprecht von Groitsch, die Tochter von König Vratislav I. (Jutta) und sie erhält als Mitgift die Pflegen Pirna und Wehlen, demzufolge wurde unser Gebiet wieder Mark Meißen.

Aber schon im Jahr 1109 musste Kaiser Karl V. seinen in Gefangenschaft geratenen Sohn mit besagten Gebieten auslösen, so dass das Gebiet wieder böhmisch wurde. In dieser Zeit zwischen 1109 und 1291 muss aus der ehemaligen Grenzburg eine Wohnburg geworden sein, das wäre eine Erklärung, warum aus der Zeit von 1109 bis 1245 keine Bautätigkeit zu verzeichnen ist.

Im Jahr 1245 heiratet Markgraf Heinrich III. (der Erlauchte), die Prinzessin Agnes von Böhmen. Da sie und ihr Bruder Wenzel I. (der inzwischen König von Böhmen geworden war) auch die böhmischen Ländereien vom Vater Ottokar I. als Erbe bekamen, brachte Prinzessin Agnes die beiden Pflegen, Pirna und Wehlen, bei der Heirat mit Heinrich dem Erlauchten mit in die Ehe ein. So wurde unser Gebiet wieder meißnisch.

Als aber Markgraf Heinrich der III. 1288 starb, erbte sein jüngster Sohn „Friedrich der Kleine“ u.a. die Pflegen Pirna und Wehlen. Diese Ländereien wollte Friedrich rasch an den böhmischen König verkaufen, sein Onkel Friedrich Tutta legte aber wegen Benachteiligung bezüglich seines Miterbes ein Veto ein. Als Friedrich Tutta 1291 aber starb, erwarb nun der böhmische König „Wenzel III.“ diese Herrschaften, also wieder böhmisch.

So muss es bis zum 17. Aug. 1404 geblieben sein, denn erst in diesem Jahr erscheint eine Urkunde vom böhmischen König Wenzelslaus IV., dass er eine Pfandverschreibung macht, indem er die Stadt Pirna und die Mannschaft des Schlosses Wehlen für 3800 Schock guter böhmischer Groschen zum Pfand einsetzt. Mit der Bedingung, dass sie jederzeit nach einmonatiger Kündigung wieder abgelöst werden können, was jedoch bis zum Ende der böhmischen Monarchie im Jahr 1919 nicht geschah.

Demzufolge gehört unsere nähere Heimat seit 1404 ununterbrochen zur Mark Meißen, jetzt annähernd der Freistaat Sachsen.

Die Aussage von Pastor Frenkel (alte Kirchengalerie) hatte ja seine Richtigkeit, aber geschichtsinteressierte Bürger fragten schon, warum und wann das so gewesen ist.

Zur besseren Übersicht - eine Zeitschiene über die Besitzver-hältnisse der Herrschaften Pirna und Wehlen bis zum ausgehenden Mittelalter

- 965 - 1074 Meißnisch

Entstehungsgeschichte der Mark Meißen

- 1074 - 1084 Böhmisch

Biografie von Kaiser Karl IV.

- 1084 - 1109 Meißnisch

Biografie von Wiprecht von Groitsch

- 1109 - 1245 Böhmisch

Böhmische Chronik

- 1245 - 1291 Meißnisch

Heinrich von Dresden

- 1291 - 1404 Böhmisch

Böhmische Chronik

seit 1404 Meißnisch

die Mark Meißen

Wolfgang Thomas
Stadtarchiv Stadt Wehlen