Foto ~1920
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Foto 1941
Foto 2024
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Foto 2024
Foto 1932
Foto 2024
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Foto 2024
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Foto 1915
Foto 1920
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Foto 2024
Foto ~ 1912
Foto 1930, ehem. Ringstraße
Backwarentüte von 1945
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100 Jahre haben im Lindenthaler Einzelhandel und Handwerk deutliche Spuren hinterlassen. Da spielten auch örtliche Faktoren hinein, die unausweichlich zur heutigen Situation einiger „Leerer Schaufenster“ führen musste.
| - | Lindenthal war nach dem 1. Weltkrieg noch eine kleine Gemeinde am Stadtrand von Leipzig. |
| Privatautos, Omnibus und Telefon waren die Ausnahme. |
| Man kaufte eben ausschließlich in Lindenthal ein. |
| - | Handel und Gewerbe fanden später oft keine Nachfolger (wie überall). |
| - | Gesellschaftliche Ursachen: Nach dem 2. WK waren die Geschäfte alle noch da, aber in der Mangelwirtschaft der DDR und im Wettbewerb mit den Supermärkten um die Kunden gab es dann vermehrt Geschäftsaufgaben. |
Der folgende historische Rückblick auf Läden und Handwerk in Lindenthal ist im Bilderbogen nicht vollständig, wird aber von schönen alten Fotos und den Erinnerungen des Autors begleitet, der in der Ortsmitte (Bahnhofstraße 11) wohnte.
Das Kaufhaus Lindenthal des Schneidermeisters Paul Mannschatz hatte die größten Schaufenster- und Ladenflächen in Ort. Sein Sortiment: Konfektion, Stoffe und Wollwaren.
Hier kaufte die Mama die Stoffe zum Selbstschneidern. Da gab es nichts Interessantes für kleine Jungs.
Oh, jetzt hat Paul Mannschatz expandiert und stellt in 5 Schaufenstern seine Modekonfektion aus. Der Linienbus zum Rathaus Wahren steht auch bereit.
Heute lädt uns Andreas Armbrust in einem Teil des Mannschatz-Kaufhauses zum Eisbecher in sein „Kirschkaffee“ ein. Weiter links ebenfalls an der Bahnhofstraße bietet A. Armbrust im ehemaligen Friseursalon Otto Schmeil sein Gemüse/Obstsortiment an. Sehr gute Beispiele der Nachnutzung.
Kurt Mederacke, Fahrräder, Zubehör und im Hinterhaus die Werkstatt
Merken Sie etwas? Am rechten Foto von 1918 fehlt noch das Verbindungshaus mit der Durchfahrt und dem Fahrradladen. Hier war der Autor in den 50iger Jahren oft anzutreffen und ein junges Mädchen (die Tochter des Chefs, heute Frau Eichner aus der E.-Thiele-Str.) half ihrer Mutter beim Verkaufen.
Der Mederacke- Schwiegersohn Herr Eichner führte die Werkstatt noch bis zu seinem Ruhestand weiter.
Foto 2024 Für eine Nachnutzung des Ladenlokales hat sich bisher keine dauerhafte und brauchbare Lösung gefunden.
Buchbinderei und Schreibwaren Martin Hedler am Anfang der Bahnhofstraße.
Das Eckgeschäft mit Schaufenster zur Bahnhof- und Hauptstraße hatte neben der Buchbinderei ein buntes Sortiment an Schreibwaren und Schulbedarf. Auch hier wurde der Autor bis zur Geschäftsaufgabe von Mutter Hedler gut bedient.
Nach der Wende gab es kurzzeitig die Einmietung eines Waffenhandels. Danach war das Geschäft dem Verfall preisgegeben. Das ist ein Negativbeispiel für die Nachnutzung von Geschäftsräumen.
Es gibt nach der Wende auch Neuansiedelungen in den Neubauten an der Bahnhofstraße/Ecke Gartenwinkel : Die Apotheke, den Bäcker Lampe, einen Friseursalon, Reisebüro Sun Tours und Kosmetik Studio Beauty Lagune. An der Bahnhofstraße ist auch der neue EDEKA-Markt Potrzebski mit Vollsortiment und angeschlossener Bäckereifiliale nicht zu vergessen.
Das Schuhhaus Weber gehört zu den besonders traditionellen Geschäften in Lindenthal. 1907 vom Schuhmachermeister Emil Weber gegründet. Er fertigte noch selbst in seiner Werkstatt im Hinterhaus mit seinen 10 Gesellen neue Schuhe an.
Im rechten Verkaufsraum war von 1911-13 die erste sächsische Fliegerschule untergebracht.
Nach dem 2. WK übernahm sein Sohn Helmut Weber das Schuhhaus mit Werkstatt und Wäschemangel. Den Schuhverkauf in Kommission mit dem Konsum organisierte durch die Höhen und Tiefen des DDR-Handels seine Frau.
Mit der Wende hatte sich Frau Barbara Pätzold geb. Weber als diplomierte Mathematikerin mit ihrem Mann in das Abenteuer gestürzt und in 3. Generation das Schuhhaus fortgeführt.
Die Bäckerei Arthur Schmidt kennen nur die Älteren. Aber sein Nachfolger und Schwiegersohn Erich Schütze ist bestimmt den Alt-Lindenthalern noch ein Begriff. Die Vorgänger-Bäckerei Franz Oelmann war sogar dem Autor unbekannt. Das historische Foto von 1906 klärt uns jetzt auf.
Rechts schaut der Geselle aus der Backstube, die heute das Domizil für das Blumenhaus Gordelt ist. Im Ladenlokal ist heute eine nüchterne Information der Allianz-Vertretung Poltersdorf zu sehen. Ist das sehenswert?
Richard Nitzsche hatte in seinem Haus/Hinterhaus an der Bahnhofstraße eine Klempnerei. Vorn war nur die Werbung und im Hinterhaus wurde gearbeitet. Foto 1920
Das Ladenlokal war an den Kurzwarenhändler Johannes Walther vermietet.
Jahrelang war hier der „Fuchsbau“ mit Post und Zeitschriften zu finden.
Heute ohne Klempner-Werbung, aber dafür kann jetzt hier gebastelt werden.
Kurt Zeise, Kolonisalwaren- und Lebensmittelverkauf an der Bahnhofstraße Ecke E.-Thiele-Straße
Begründer des Ladens in den damaligen Neubauten um 1900 an der Bahnhofstraße war Christian Müller. Hier gab es in der frühen DDR bei Frau Zeise noch die Butter und Kartoffeln, aber nur auf Berechtigungsmarken.
Nach Geschäftsaufgabe zog hier später der sozialistische Handel (HO) mit Haushaltswaren ein. Kein großer Wurf und wieder jahrelanger Leerstand.
Plötzlich frischer Wind vom Balkan, der Kroate renoviert und eröffnet das Dilo-Bistro in der Ortsmitte. Die überwiegend jungen Gäste sind begeistert. Doch dann der Rückschlag. Das Sozialamt entmietet das Objekt und Dilo muss 100m weiter in die ehemalige Fleischerei Hauskeller an der Bahnhofstraße umziehen.
Es wäre unserem Kroaten zu wünschen, dass seine Kunden auch mit umziehen.
In der Lindenthaler südlichen Eisenbahner-Baugenossenschaft und nördlichen Landhauskolonie fehlt nach der Fertigstellung der Siedlungen um 1910 plötzlich eine Bäckerei. Schnell wird eine Notlösung umgesetzt.
Neben dem Kinderheim eingangs der Wilh.-Pfennig-Straße stand links im Bild die sogenannte „Bäckerbude“, also ein provisorischer Brotverkaufs-Kiosk, der von einer Brotfabrik aus Leipzig beliefert wurde.
1930-31 investierte die Landhauskolonie in den Bau einer eigenen Bäckerei an der Kreuzung Kurze-/Weststraße. Aus dem Archiv ist bekannt, dass im August 1945 Theodor Tamm dort Bäckermeister war.
Bis Mitte der 60iger Jahre ist dem Autor noch der Bäckermeister Kopecki bekannt, der wohl aus Altersgründen das Geschäft aufgeben mußte und seine beiden hübschen Töchter sahen ihre Zukunft nicht in der Backstube.
Jetzt kommt die traditionsreiche Bäckereifamilie Geisler ins Spiel. Backwarentüte von 1945
Der Großvater unseres heutigen Bäckermeisters betrieb im niederschlesischen Lauban in 7. Generation in den 30iger Jahren eine florierende Familienbäckerrei. Fritz Geisler kehrte nicht aus dem Krieg zurück und seine Frau floh 1945 mit den kleinen Kindern nach Leipzig. Der Sohn Günter Geisler
blieb dem Bäckerhandwerk treu und legte 1957 mit 21 Jahren die Meisterprüfung ab. Er übernahm in 8. Generation in Leipzig-Schönau eine eigene Bäckerei. 1966 wurde Günter Geisler die o.g. Bäckerei der Landhauskolonie an der Kurze Straße angeboten und er wurde mit Frau und Kindern Lindenthaler Handwerksmeister.
Andreas Geisler mit seinen alljährlichen Meisterstücken.
Mit dem Bäckermeister Andreas Geisler und seiner Frau Britt wird ab 1990 in 9. Generation die Familientradition fortgesetzt und das Bäckereigebäude erweitert und modernisiert.
Doch jetzt nach 276 Jahren Geisler-Bäckereien ziehen dunkle Sorgen herauf.
Rohstoff- und Energiepreise, die Gesundheit und die Kinder mit eigenen Berufszielen sind ungünstige Aussichten für eine 10. Bäckergeneration der Geislers in Lindenthal.
Es gäbe noch einige historische Geschäfte mit alten Fotos zu erwähnen. Aber aktuell schaut man dort auch nur auf leere oder zugemauerte Schaufenster.