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Gemeindebote - Mitteilungsblatt für die Ortsteile
Ausgabe 11/2024
Ortsteil Wiederitzsch
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Vom Nordraum Leipzig zum Leipziger Neuseenland

Treffpunkt Geschichte: Vortrag von Leo Artmann

Wer über 40 Jahre alt ist und in unserer Region aufwuchs, erinnert sich noch daran, dass ein- bis zweimal im Jahr Briketts oder Koks zum Heizen vor den Häusern „abgekippt“ wurden und alle Familienmitglieder mit Eimern oder Karren halfen, das Brennmaterial in die Keller zu bringen.

Danach musste der Badeofen angeheizt werden, um den Kohlenstaub aus Haaren, Ohren, unter den Nägeln und aus jeder Hautpore auswaschen zu können.

Aber so schwarz die ganze Angelegenheit auch scheinen mag, jeder war froh, für den Winter gewappnet zu sein.

Große „Badewannen“ zum Schwimmen im Sommer gab es in näherer Umgebung allerdings recht wenig und so lagen die Leipziger, mit Thermoskannen und reichlich Verpflegung bewaffnet, in den Freibädern, am Theklaer Bagger, am Autobahnsee Kleinliebenau, am Auensee, etwas entfernter in Beucha, Naunhof oder an den Lübschützer Teichen, recht eng beieinander auf ihren bunten Decken.

Im „Heimatkundeunterricht“ nahm die Braunkohle, einschließlich ihrer Förderung, der dafür notwendigen gewaltigen Bagger und Maschinen sowie die Bedeutung der Kohle für den Menschen und die Industrie, einen großen Raum ein.

Natürlich dachten die meisten der nicht direkt betroffenen Bürger mitfühlend an die Bewohner der Dörfer und Gemeinden, die von ihren eigenen Häuschen in Neubauwohnungen umzogen, weil die Orte „weggebaggert“ werden mussten.

Nicht überall kam es dann allerdings dazu, weil sich in den 80-er Jahren einiges änderte und Vorhaben gestoppt wurden wie zB. die Tagebauplanungen Delitzsch-Süd und Delitzsch NW.

Auch eine kurzzeitige Überlegung zur Einbeziehung von Lindenthal in das Abbaufeld Breitenfeld konnte mit Hinweis auf die dort vorhandenen Flugsicherungsanlagen des Flughafens Schkeuditz verhindert werden. Nach der Wende übernahm die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft (LMBV) die Aufgaben in die Hand, die Neugestaltung der „Kohlengrubenlandschaft“ zu steuern.

Der Kunst- und Heimatverein Wiederitzsch e.V. konnte Herrn Leo Artmann als Referent in der Reihe „Treffpunkt Geschichte“ für einen Vortrag zum Thema „Vom Nordraum Leipzig zum Leipziger Neuseenland“ gewinnen und der Zulauf war wirklich sehr groß!

Leo Artmann, Dipl.Geograph, setzte sich als ehemaliger Leiter der Abteilung Umwelt und Regionalentwicklung im Regierungspräsidium Leipzig, als Mitglied der Umweltkommission der Sächsischen Akademie der Wissenschaften und als Stifter in der Stiftung „Bürger für Leipzig“ für die nachhaltige Landnutzung im Umfeld von Leipzig ein.

Er nahm am 09.10. 24 seine Zuhörer mit auf einen geschichtlich- geografischen „Spaziergang“ von den ehemaligen Braunkohletagebauten bis zu den herrlichen Anlagen im Neuseenland.

Hier verbinden sich Kultur, Sport, Geschichte, Gastronomie und Wasser harmonisch miteinander und auch wenn der Weg vom „Bergmann zum Seemann“ für viele Menschen zunächst kein einfacher war, hat es sich gelohnt, ihn zu gehen.

Für uns Wiederitzscher ist der „Schladi“ mit Wassersport und der inzwischen größten überdachten Seebühne Deutschlands, ein nahes und äußerst beliebtes Ziel.

Nur ganz wenige der interessierten Zuhörer der von Leo Artmann geleiteten Abendvorlesung wussten allerdings, dass im ehemaligen Tagebau Goitzsche ab Mitte der 70-er Jahre nicht nur Kohle, sondern auch reichlich Bernstein gefunden wurde.

Heute machen die Goitzsche und ihre angrenzenden Gewässer Bitterfeld nun wirklich zum „Luftkurort“ und die Reisenden in den Zügen klappen nicht mehr, schon lange vor Einfahrt in den einst kohlrabenschwarzen Bahnhof, die Oberlichter zu ...

Wenn wir die neuen Erholungsmöglichkeiten sowie die reiche Tier -und Pflanzenwelt an den 14 großen, neuen Seen vor unserer Haustür genießen, können wir es kaum noch glauben, dass diese in relativ kurzer Zeit aus Tagebau-Mondlandschaften gezaubert wurden.

Von den Kohlen zum Erholen - Leipzig ist auch für erholungshungrige Touristen sehr attraktiv geworden.

A. Braun, Pressewart