Bebauungsplan Neu-Lindenthal 1906
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Foto 1931
Foto 2022
Was da im Gasthof Wahren 1906 beschlossen wurde, war für das Bauerndorf Lindenthal schon umwälzend. Es sollte sich innerhalb von 10 Jahren in der bebauten Fläche und im Einwohnerzuwachs verzehnfachen. Es war die Eisenbahn, die hier zwischen Wahren, Lindenthal und Lützschena an der Strecke Leipzig-Halle große Pläne hatte.
Bebauungsplan „Neu-Lindenthal“ 1906
Am Güter- und Rangierbahnhof Wahren wurde bereits ab 1896 gearbeitet und bis 1906 schon 1400 Arbeiter und Angestellte aus dem Deutschen Reich zusammengezogen und eingestellt. Es herrschte Wohnungsnot.
Wer hat hier so kühn geplant und spektakulär investiert? Die Deutsche Reichsbahn? Nein, die gab es noch nicht. Es war die Königlich Preußische Staatseisenbahn, die an ihrer Strecke Leipzig-Halle-Magdeburg dieses Mammutprojekt stemmen wollte.
Von 1908 bis zum Ausbruch des 1.WK wurden 900 Wohnungen in 51 Gebäuden fertig gestellt. Es ist im Plan oben der Streifen mittig-rechts. Die weiteren Ortsteile (links-außen, rechts-außen) wurden wegen des 1.WK und der Welt-Wirtschaftskrise nie realisiert.
Die Baugenossenschaft war sehr sozial ausgerichtet mit Garküche, Kindergarten, Gartenvereinen, Waschhäusern, Trockenplätzen, Wannenbäder und Spielplätzen.
Es wurde eine für damalige Zeiten moderne Gartenstadt mit 5 Läden und einer Gaststätte gebaut. Die Straßen waren gepflastert, die Wohnungen hatten elektrisches Licht und Innentoiletten. Die Häuser waren eingezäunt.
Vor 120 Jahren war diese Ausstattung natürlich einfach, aber für eine Arbeitersiedlung damals der modernste Komfort.
Bestimmt kennen Sie als Lindenthaler die Straßen der Baugenossenschaft. Aber unter den Straßennahmen konnten wir uns keine Person vorstellen. Mit den 2 wichtigsten Personen kann ich Ihnen hier helfen: Vordere Reihe, der Vorstand.
Mitte: Reichsbahnoberinspektor Karl Mannsfeld, Vorsitzender
Links: Reichsbahnobersekretär Wilhelm Pfennig, Bauverwalter
Das Foto wurde 1931 zur Eröffnung des neuen Reichsbahnkindergartens an der Mittelstraße, heute Kita an der Karl-Mansfeld-Straße, aufgenommen.
Die Geschichte nahm für das Deutsche Reich einen tragischen Verlauf. Auch die königlichen Staatbahnen und Privatbahnen wurden für die Kriegsschulden gefleddert. Aus dem gesamten Rest wurde 1920 die Deutsche Reichsbahn gegründet.
Das rollende Material ging teilweise verloren. Der Rangierbetrieb, das Bahnbetriebswerk (BBW) und das Bahnwagenwerk (BWW) wurde mit neuer Technik ausgebaut. Viele Lindenthaler besonders aus der Genossenschaft, aber auch aus dem „Dorf“, arbeiteten seit Generationen in den Bahnwerken nebenan.
2 Fotos von 1921 zur Verfügung gestellt von Rudi Thomas, Lindenthal
Hier sehen wir, dass damals im BBW und BWW schwer und auch an den schmutzigsten Bauteilen gearbeitet wurde.
Foto 1931
Zum 1. Kindergarten der Genossenschaft habe ich zur letzten Folge im Gemeindeboten etwas nachzutragen. Links eingangs der Pitzschke-Straße steht noch die Telefonzelle. Dahinter als Anbau an die Hausnummer 1 erkennt man den 1. Lindenthaler Kindergarten von 1913 für die Genossenschaftskinder.
Heute haben wir noch ein kleines aber modernes Güterverkehrszentrum (GVZ).
Die Bahnanlagen und -Gebäude auf Lindenthaler Flur hat die Deutsche Bahn zurückgelassen.
Foto 2022
Machen Sie im Frühling einen Familienspaziergang entlang der alten Bahnanlagen und zeigen Sie Ihren Kindern und Enkeln die Wassertürme von 1905/16, die UTP-Lehrwerkstatt (rechts) und die einst begehrten aber heute verfallenden Arbeitsstellen ihrer Urgroßeltern.
Bleiben Sie dran, an der Lindenthaler Historie mit dem neuen Bilderbogen aus der Poststelle 507 bei Frau Gensch. Man plant bereits den Bilderbogen 3.0.
Roland Busse, Zum Wald 16, Leipzig-Lindenthal, Mail: ines.roland@arcor.de