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Wilthener Stadtanzeiger - Amtliches Mitteilungsblatt der Stadt Wilthen
Ausgabe 10/2024
Heimatgeschichte
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Damals war‘s ... Rechts vor links - oder andersrum?

„Geh immer auf der rechten Seite!“ So wurde es uns Kindern von klein auf gesagt. Rechts beim Roller- oder Fahrradfahren. Mit dem Moped, später mit dem Auto. Ob Kutsche, der Bus, die Straßenbahn, die Panzer: alles rollt auf der rechten Seite. Links latschen, um Gottes Willen bedeutet Lebensgefahr. Ist halt schon immer so Usus. Eines Tages erfährt man, dass man in anderen Ländern auf der linken Seite fährt und läuft. Ja sind denn die verrückt geworden? Wie kann man bloß ... Links, unmöglich? Warum gibt es solche Unterschiede? Das machte mich neugierig und muss ergründet werden. Und siehe da, linksseitig latschen ist vernünftiger. Die alten Germanen, Rittersleute mit Knappe, Könige, Edelleute, Patrizier, Bürger oder Plebs (Volksmenge) sie alle bewegten sich meist vorwärts auf der linken Seite. Warum? Nun Pferd und Reiter sind die Schuldigen. Ob Indianer, die mongolischen Reitervölker des Dschingis Khan oder die 4 Musketier alle stiegen linksseitig aufs Pferd. Bedingt, da die meisten Menschen Rechtshänder sind. Linker Fuß in den Steigbügel mit Schwung rechtes Bein über das Hinterteil des Pferdes, plumpst man in den Sattel. Der Gaul steht am linken Wegesrand und nun ritt man auf dieser linken Seite gleich weiter. Kam ein Reiter entgegen, Freund oder Feind, konnte man ihn mit der rechten Hand grüßen oder schnell das Schwert ziehen, welches links hing. Auf der rechten Seite eine Unmöglichkeit. Alle Kutschen, Fuhrwerke, Truppen Reiter, alles bewegt sich links, auf den schmalen Wegen dahin. Die zu Fuß laufenden, die Bürger, Bauern Studenten u. dgl. nahmen die Mitte. So war es Sitte überall in Europa.

Im absolutistischen Frankreich des überheblichen Adels, den schnöden Aristokraten des Hofes mit ihren Mätressen und Nichtstuern befanden, das der Pöbel, in der Mitte laufend, sehr störend sei und jagte diesen auf die rechte Seite. Diese hochnäsigen Typen demütigten zusätzlich das Volk. Ergebnis die Französische Revolution. Die Jakobiner, die blutigsten Revoluzzer, köpften danach mit dem Fallbeil massenhaft den Adel. Per Gesetz wurde verbindlich der Rechtsverkehr eingeführt. Alle liefen nun auf dieser Seite. Keiner wollte königstreu sein, alle waren plötzlich nur noch Demokraten. Die anderen übrigen europäischen Kleinstaaten und Königreiche etc. nahmen dies alles zur Kenntnis, veränderten jedoch nichts. Aber welcher Knilch hat geschafft, dass alle einmal die Seite wechseln werden?

Natürlich die Politik. Ein kleiner Korse, aber ein hervorragender General, er eroberte Italien, Ägypten und Spanien. Er ernannte sich zum Kaiser und mit großen Feldzügen wird die damalige Welt neu aufgemischt. Zuerst die deutschen Kleinstaaten erobert. Weiter danach die größeren wie Preußen, Österreich, Russland. Nebenbei brachte er damit auch den Rechtsverkehr in diese Gebiete. Ein Seitenwechsel ohne große Probleme. Bei dem damaligen Fahrzeugbestand war es noch einfach. Rechts hatte sich nun eingebürgert. Napoleon verließ die politische Bühne. Vielerorts blieb diese Regelung. Nicht jedoch bei der K.-u.K. Monarchie (Österreich/Ungarn). Trotzig fuhr man wieder links. Eine ruhige bedächtige Zeit folgte (Biedermeier). Die Städte wuchsen und auch die Straßen wurden breiter und besser. Es gab die Eisenbahn und die Postkutsche. Am 1.August 1888 erhielt C. Benz die 1.Fahrerlaubnis zum Führen eines Patents-Motorwagen. Die ersten Nummernschilder in Paris ab 1893, sowie erste Fahrprüfung ab 1893 im Deutschen Reich. Die schnelle Zunahme der Motorisierung führte zu Unfällen und chaotischen Zuständen, vor allem in den Städten. Reiter, Fuhrwerke, Kutschen, Radfahrer sowie dazu die neuen Kfz. Dieses Zusammenspiel musste besser reguliert werden. Es kam das erste Verkehrsgesetz 1902.

1909 die ersten Verkehrsschilder und das Reichsgesetz über den Verkehr, (1.StVO) bei einer Höchstgeschwindigkeit von 15 km/h. Eine Verkehrskommission des Völkerbundes (ähnlich UN) beschloss 1927 den Rechtsverkehr in ganz Europa einzuführen. Das sollte 1932 in Österreich passieren. Aber man schlamperte so dahin. Im März 1938 erfolgte der „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich. Die Wehrmacht hatte große Probleme, denn in einigen Teilen der Alpenrepublik gab es noch Linksverkehr. Dabei entstand große Verwirrung und Durcheinander. Ein Jahr später wurde die Tschechei besetzt die ebenfalls Linksverkehr hatte. Hier war man besser gewappnet und in einer Woche war alles auf rechts umgestellt. Erst im September 1967 wurde in Schweden auf Rechtsverkehr umgestellt. Linksverkehr in Europa ist heute noch üblich in Großbritannien, Zypern und Malta. Die Briten hatten mit Europa noch nie viel am Hut! Sie saßen auf ihrer Insel, trieben Freibeuterei und vergrößerten ihr Empire (Weltreich). Sie hatten das größte Kolonialreich rund um die Welt und natürlich Linksverkehr in all diesen Ländern eingeführt. Deswegen ist u.a. in Indien, Neuseeland, Australien noch Linksverkehr. Kanada änderte 1947 auf Rechtsverkehr. Die USA hatte dies schon 1792 festgeschrieben. Grund waren die vierspännigen großen Wagen die von linkssitzenden Kutscher und rechtshändiger Peitsche besser zu lenken waren. Von den momentan 221 Staaten haben 58 den Linksverkehr. Japan, Korea, Südafrika z.B. Ganz verrückt ist es in Afrika. Ehemalige engl. Kolonie - Links. Daneben ehem. französische Kolonie - Rechts. Da muss noch vieles in der Zukunft angeglichen werden. Eine Umstellung kostet enorm. Nicht die Verkehrsschilder müssen auf die andere Seite, sondern auch die Straßenbahnsteige, Einfahrten und noch viel mehr müssen geändert werden. Wir werden weiterhin beim Rechtsverkehr in unserem Land bleiben. Es wäre wahnsinnig, diese Millionen von Schildern ect. umzupflanzen! Unmöglich! Niemals. Es sei ..., nein, nein nein bloß nicht? Es sei denn, ein Weiser aus „Grünwold“, hat berechnet, dass bei Linksverkehr das Klima noch besser würde! Na da stellen wir uns nicht bockig und pflanzen die Schilder um. Koste es was es wolle. Der deutsche Michel schafft das.

Etwas aus dem alten Rom

Etwa im 3. Jahrhundert nach Christus. Rom war der Mittelpunkt des Abendlandes, hatte diese Stadt ca. eine Einwohnerzahl von etwa 1,25 Millionen. Gewaltig zu dieser Zeit. Die Stadtwohnfläche war bestimmt etwas kleiner wie heutzutage. Straßen waren ausreichend vorhanden. Sogar gepflastert. Breit, sehr breit für die damaligen Notwendigkeiten. Für den Straßenneubau war das Militär zuständig. Wasser gibt es noch heute in Mengen aus dem Tiber und den umliegenden Gebirgen. Teilweise sogar aus denselben Leitungen. Schmeckt gut. Irgendwelche Verkehrsrichtlinien sind nicht bekannt. Die Wege und Straßen sind voll mit Menschen. Sklaven, Bürger, Händler, Beamte jeden Grades bevölkerten die Stadt. Natürlich auch Nichtstuer und Soldaten. Die meist einachsigen Karren gezogen von Eseln oder Ochsen hielten den Handel aufrecht. Obst, Gemüse, Reis und Getreide u.a. mussten ständig geliefert und herangeschafft werden. Der Abfall wiederum raus aus der Millionenstadt. Die Räder der Karren waren eisenbereift. Herrlich laut auf diesem Pflaster. Die Tage voll Krach, durch Handwerk und Verkehr. Nachts war es nicht besser. Die Müllentsorgung und dazu Auffüllen der Waren wieder mit den kleinen Gespannen. Chaos anno dunnemals. Dabei alles ohne Verkehrsregelung. Es galt nur eine Vorschrift: der Ranghöchste immer zuerst. Die reiche Oberschicht schirmte sich mit riesigen Gartenanlagen ab. Dort war es ruhig angenehm und hatte ihre Sklaven. Man findet diese herrliche Anlagen heute noch. Ein kleiner Sittenbericht und ein kleiner Ausschnitt des damaligen Lebens dort. „Zustände wie im alten Rom“ Manchmal stimmt es heute noch. Und das ist wohl war.

Roland Wunsch