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Wilthener Stadtanzeiger - Amtliches Mitteilungsblatt der Stadt Wilthen
Ausgabe 7/2023
Aus der Arbeit der Stadträte
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Bürgerbegehren „Keine Photovoltaik im Landschaftsschutzgebiet“ist nach § 25 i. V. m. § 24 Sächsischer Gemeindeordnung (SächsGemO) unzulässig

Der Stadtrat der Stadt Wilthen hat in seiner Sitzung am 25.01.2023 unter dem TOP 2023/06 den Aufstellungsbeschluss „Photovoltaik Sonnenfarm Wilma“ gefasst. Gegenstand des Aufstellungsbeschlusses ist die Fortschreibung des Flächennutzungsplans der Stadt Wilthen sowie die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Gleichzeitig wurde die Stadtverwaltung beauftragt, einen städtebaulichen Vertrag zum Vorhaben- und Erschließungsplan auszuarbeiten und abzuschließen. Ziel ist die Errichtung einer Photovoltaikanlage durch die Sonnenfarm Wilma GmbH.

Mit Datum vom 04.03.2023 haben Frau Lydia Meißner und Herr Thomas Bartusch die Durchführung eines Bürgerbegehrens angezeigt. Das Bürgerbegehren soll sich ausdrücklich gegen diesen Stadtratsbeschluss richten und soll nach Aussage in der Anzeige die Frage enthalten, „ob über diesen Beschlussvorschlag ein Bürgerentscheid gemäß § 24 SächsGemO durchgeführt werden soll“.

Mit Datum vom 21.04.2023 haben die Vertreter des Bürgerbegehrens dieses bei der Stadt Wilthen eingereicht. Gleichzeitig wurden 163 Listen mit 714 Unterschriften eingereicht. Im Anschreiben der Übergabe der Unterschriften formuliert das Bürgerbegehren, dass es die Frage enthalte: „Soll der Beschluss des Stadtrats Wilthen 2023/6 „Aufstellungsbeschluss Photovoltaik-Projekt Sonnenfarm Wilma“ vom 25. Januar aufgehoben werden?“

Allerdings findet sich eine solche Fragestellung auf dem Bürgerbegehren bzw. den Unterschriftenlisten nicht. Dort steht allein als möglicher Vorschlag: „Lasst uns Bürger von Wilthen entscheiden, ob der Solarpark bei Irgersdorf gebaut werden darf!“

Weiter wird zudem ausgeführt: „Mit unserer Unterschrift sagen wir „JA“ zum Bürgerbegehren gegen den Stadtratsbeschluss 2023/6 vom 25. Januar 2023 („Aufstellungsbeschluss Photovoltaik-Projekt Sonnenfarm WILMA“, siehe Anlage) und wünschen einen Bürgerentscheid über das Projekt „Sonnenfarm WILMA in Wilthen“.

Der Unterschriftenliste ist der Stadtratsbeschluss vom 25.01.2023 angefügt.

Nach Einreichung der Unterschriftenlisten hatte die Stadt Wilthen nunmehr zu prüfen, ob das Bürgerbegehren zulässig und damit die Durchführung eines Bürgerentscheids zulässigerweise beantragt wurde. Dazu beauftragte die Stadtverwaltung die Anwaltskanzlei Brüggen aus Dresden mit der Prüfung des Sachverhalts. Die rechtliche Würdigung des Bürgerbegehrens wird nachfolgend wiedergegeben.

Die Voraussetzungen für die Zulassung eines Bürgerbegehrens gemäß § 25 SächsGemO sind, dass:

1.

Gegenstand des Begehrens eine Angelegenheit ist, für die der Gemeinderat zuständig ist;

2.

das Begehren schriftlich beantragt worden ist;

3.

das Begehren von mindestens fünf vom Hundert der Gemeindebürger unterzeichnet ist;

4.

es keine Angelegenheit zum Gegenstand hat, über die innerhalb der letzten drei Jahre bereits ein Bürgerentscheid aufgrund eines Bürgerbegehrens stattgefunden hat;

5.

es einen mit „Ja“ oder „Nein“ zu entscheidenden Entscheidungsvorschlag enthält;

6.

es begründet ist;

7.

es eine Vertrauensperson und eine stellvertretende Vertrauensperson bezeichnet, die jede für sich zur Entgegennahme von Mitteilungen und Entscheidungen der Gemeinde und zur Abgabe von Erklärungen ermächtigt ist;

8.

einen Vorschlag zur Deckung der Kosten oder zum Ausgleich der Einnahmeausfälle der verlangten Maßnahme enthält;

9.

vor Beginn der Unterschriftensammlung das Bürgerbegehren schriftlich bei der Gemeinde angezeigt und

10.

spätestens bis 25.04.2023 mit den erforderlichen Unterschriften eingereicht werden.

Zu 1. Angelegenheit, für die der Gemeinderat zuständig ist

Das Bürgerbegehren muss, da es auf die Durchführung eines Bürgerentscheids gerichtet ist, eine Angelegenheit der Gemeinde nach § 2 Abs. 1 SächsGemO betreffen. Gegenstand des Begehrens ist ein Aufstellungsbeschluss des Stadtrats der Stadt Wilthen. Das Gebiet, das im Aufstellungsbeschluss genannt ist, liegt im Stadtgebiet der Stadt Wilthen. Zudem ist die Aufstellung eines Bebauungsplans eine Aufgabe der Gemeinde nach § 1 Abs. 3 BauGB, somit handelt es sich um eine Angelegenheit der Gemeinde. Für die Entscheidung dieser Angelegenheit der Gemeinde muss wiederum die Zuständigkeit des Gemeinderats gegeben sein (§ 25 Absatz 1 Satz 1 SächsGemO i. V. m. § 24 Absatz 2 Satz 1 SächsGemO). Die Gegenstände, die trotz der Zuständigkeit des Gemeinderats, einem Bürgerbegehren nicht unterliegen, sind abschließend3 in § 24 Abs. 2 Satz 2 SächsGemO aufgezählt. Ein solcher Ausschlussgrund ist vorliegend nicht ersichtlich. Zudem ist der Gemeinderat auch nach § 28 Abs. 2 Nr. 4 SächsGemO das für den Erlass eines Bebauungsplans zuständige Organ innerhalb der Stadt Wilthen. Im Ergebnis ist damit eine Angelegenheit in der Zuständigkeit der Stadt Wilten und der Zuständigkeit des Stadtrats der Stadt Wilthen zu bejahen.

Zu 2. Schriftlicher Antrag

Der Antrag auf Durchführung eines Bürgerentscheids muss schriftlich gestellt werden (§ 25 Absatz 1 Satz 1 SächsGemO). Ein solcher schriftlicher Antrag wurde durch Übergabe der unterschriebenen Unterschriftenlisten am 21.04.2023 eingereicht. Diese Voraussetzung ist damit erfüllt.

Zu 3. Unterstützungsunterschriften

Das Bürgerbegehren muss von mindestens fünf vom Hundert der Wahlberechtigten und nicht von der Wahl ausgeschlossenen Gemeindebürgern unterzeichnet sein. Der Stadt Wilthen wurden am 21.04.2023 163 Unterschriftenlisten mit – nach Angaben der Vertrauenspersonen – 714 Unterschriften eingereicht. Diese Unterschriften wurden auf ihre Gültigkeit geprüft. Viele Unterschriften waren ungültig. Es unterzeichneten Personen mehrfach. Es unterzeichneten Personen, die nicht Bürger der Stadt Wilthen sind. Es unterzeichneten Eltern für ihre minderjährigen Kinder. Es gab eine große Anzahl nicht identifizierbarer Unterzeichner aufgrund fehlender Adressangaben oder unleserlicher Schrift. Das erforderliche Quorum von 210 Unterschriften wurde dennoch erreicht.

Zu 4. Kein vorhergehender Bürgerentscheid

Das Bürgerbegehren darf auch keine Angelegenheit zum Gegenstand haben, über die innerhalb der letzten drei Jahre bereits ein Bürgerentscheid auf der Grundlage eines Bürgerbegehrens stattgefunden hat, § 25 Abs. 1 Satz 3 SächsGemO. Ein solcher Bürgerentscheid hat vorliegend nicht stattgefunden, so dass auch diese Voraussetzung zu bejahen ist.

Zu 5. Entscheidungsvorschlag

Ein Bürgerbegehren muss gem. § 25 Abs. 2 Satz 1 SächsGemO „einen mit ja oder nein zu entscheidenden Entscheidungsvorschlag … enthalten“. Damit ist eine Fragestellung nicht mehr zulässig. Das OVG Bautzen hat zudem in einer Entscheidung aus dem Jahre 2015 darauf hingewiesen, dass der Entscheidungsvorschlag so formuliert werden sollte, dass das Bürgerbegehren als angenommen gilt, wenn es mit „JA“ beantwortet wurde.

Damit soll sichergestellt werden, dass der Entscheid tatsächlich einem Gemeinderatsbeschluss gleichgestellt wird. Im Rahmen des hier eingereichten Bürgerbegehrens bestehen hinsichtlich dieser Voraussetzung zwei erhebliche Mängel.

Erstens scheint ein Missverständnis bzw. Unkenntnis auf Seiten der Vertrauenspersonen des Bürgerbegehrens dahingehend zu bestehen, was das Bürgerbegehren bzw. was der Antrag des Bürgerbegehrens ist. Denn dieses ist nicht das Schreiben der Vertrauenspersonen vom 21.04.2023, sondern sind die Unterschriftslisten, die mit dem Anschreiben der Stadt Wilthen übergeben wurden. Dies ist auch aus dem Sinn und Zweck des Bürgerbegehrens und der eindeutigen gesetzlichen Formulierung erkennbar. Denn die Bürger, die ihre Unterschrift auf die Liste setzen, sind die Antragsteller. Diese müssen damit konkret wissen, die Durchführung welches Bürgerentscheids zu welchem Entscheidungsvorschlag und mit welchen Konsequenzen sie beantragen. Das wäre aber nicht gegeben, wenn erst die Vertrauenspersonen den notwendigen Entscheidungsvorschlag für den Bürgerentscheid formulieren.

Die Unterschriftenlisten stellen entsprechend das eigentliche Bürgerbegehren dar. Damit müssen auch bereits die Unterschriftenlisten die erforderlichen Angaben nach § 25 SächsGemO und damit insbesondere auch den Entscheidungsvorschlag enthalten. Jedoch findet sich auf den Unterschriftenlisten kein solcher Entscheidungsvorschlag. Vielmehr ist darauf lediglich als Aussage enthalten: „Lass uns Bürger von Wilthen entscheiden, ob der Solarpark bei Irgersdorf gebaut werden darf!“ Wäre dies der nach dem Gesetz erforderliche Entscheidungsvorschlag, bedeutete dies, dass die Bürger der Stadt Wilthen darüber entscheiden wöllten, ob ein Bürgerentscheid über den Solarpark stattfinden solle oder nicht. Heißt, es würde darüber abgestimmt werden, ob abgestimmt werden soll. Dies beinhaltet aber keine inhaltliche Aussage oder gar eine inhaltliche Entscheidung, sondern wäre allein eine Entscheidung über eine Entscheidung. Dies ist aber gerade nicht zulässig.

Im Anschreiben der Vertrauenspersonen – was aber nicht das Bürgerbegehren ist – wird gegenüber der Unterschriftenliste eine Frage formuliert: „Soll der Beschluss des Stadtrates Wilthen 2023/6 „Aufstellungsbeschluss Photovoltaik-Projekt Sonnenfarm Wilma“ vom 23. Januar 2023 aufgehoben werden?“

Unterstellt, dies wäre der „Entscheidungsvorschlag“ – was er nicht ist, weil er nicht Gegenstand der Unterschriftenlisten war – würde auch dieser nicht den Anforderungen des Gesetzgebers entsprechen. Unterstellt, ein Bürgerentscheid mit dieser Fragestellung würde stattfinden, würde er nicht zum gewünschten Ziel führen. Denn anschließend wäre eine weitere Entscheidung des Stadtrats der Stadt Wilthen auf Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses notwendig. Genau dies wollte der Gesetzgeber aber verhindern. Vielmehr soll der Bürgerentscheid den Gemeinderatsbeschluss ersetzen. Damit genügt das Bürgerbegehren den Anforderungen an einen Entscheidungsvorschlag nicht. Es enthält keinen solchen und ist bereits aus diesem Grund unzulässig.

Zu 6. Hinreichende Begründung

Das Bürgerbegehren muss eine Begründung enthalten. Die Begründung des Bürgerbegehrens ist eng mit dem Entscheidungsvorschlag verbunden. Diese muss auf den konkreten Fall bezogen sein. Sie hat den Zweck, den Unterzeichner des Bürgerbegehrens in die Lage zu versetzen, durch die Kenntnis der Gründe sich für oder gegen die Fragestellung des Bürgerbegehrens durch Leistung bzw. Nichtleistung seiner Unterschrift zu entscheiden. Diese Funktion erfüllt die Begründung nur, wenn die dargestellten Tatsachen, soweit sie für die Entscheidung wesentlich sind, zutreffen. Hierbei darf nicht verkannt werden, dass die Begründung auch dazu dient, für das Bürgerbegehren zu werben und damit auch Wertungen, Schlussfolgerungen oder Erwartungen zum Ausdruck bringen kann, die einer Wahrheitskontrolle nicht ohne Weiteres zugänglich sind.

Auch in Bezug auf die Begründung gilt, dass diese selbstverständlich unter Verweis auf die dargestellten Hintergründe auf der Unterschriftenliste erfolgen muss, so dass sich der einzelne Unterschriftengeber darüber Gedanken machen kann, ob er Teil des Bürgerbegehrens werden möchte, oder nicht.

Gemessen daran wurde das Bürgerbegehren nicht hinreichend begründet. Allein der Satz: „Wir sind sicher, dass es in der Stadt Wilthen andere Möglichkeiten der erneuerbaren Energiegewinnung gibt, bevor durch einen ortsfremden Investor in ein intaktes Landschaftsschutzgebiet eingegriffen werden sollte.“ genügt dafür nicht. Die Begründung, die die Vertrauenspersonen in dem Anschreiben auf Einreichung des Bürgerbegehrens gegeben haben, kann dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht gerecht werden, da diese offensichtlich nicht den Unterzeichnern des Bürgerbegehrens vorlagen.

Dessen ungeachtet sind viele Punkte in der Begründung rechtlich nicht nachvollziehbar. So hat die Stadt Wilthen weder über die Grundstücksflächen zu verfügen, noch werden durch diese Tatsachen geschaffen. Es handelt sich um ein privates Vorhaben auf privaten Flächen. Bis heute gibt es keinen Entwurf des Bebauungsplanes und des Projektes. Die bemängelte angeblich nicht erfolgte Information konnte somit gar nicht erfolgen. Selbst wenn aus dem Aufstellungsbeschluss irgendwann ein Bebauungsplan zur Rechtskraft kommt, würde dieser allein als Satzung öffentlich-rechtlich die Möglichkeit eröffnen, dass an der Stelle ein Solarpark errichtet werden kann. Ob der Investor privatrechtlich die entsprechenden Flächen nutzen kann, ist keine Frage des Bebauungsplans und richtet sich allein nach dem zivilrechtlichen Dürfen. Dies prüft aber die Stadt Wilthen im Rahmen der Aufstellung eines Bebauungsplans genauso wenig, wie die Baugenehmigungsbehörde bei Erteilung einer Baugenehmigung. Auch die Frage des angeblichen Landschaftsschutzgebiets wird im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplans Berücksichtigung finden. Bisher liegt allein ein Aufstellungsbeschluss vor. Dieser ist ein erster Schritt zur Aufstellung eines Bebauungsplans, der seinerseits wieder dem Verfahren nach dem BauGB entsprechen muss.

Im Ergebnis genügt das Bürgerbegehren auch nicht den Anforderungen an eine Begründung. Der Bürger kann hier überhaupt nicht erkennen, was für oder gegen den Aufstellungsbeschluss spricht und entsprechend auch keinen freien Willen bilden. Das Bürgerbegehren ist damit auch aus diesem Grund unzulässig.

Zu 7. Vertrauenspersonen

Das Bürgerbegehren muss eine Vertrauensperson und eine stellvertretende Vertrauensperson bezeichnen, die jede für sich zur Entgegennahme von Mitteilungen und Entscheidungen der Gemeinde und zur Abgabe von Erklärungen ermächtigt ist. Diese Voraussetzung ist mit der Benennung von Herrn Thomas Bartusch und Frau Lydia Meißner erfüllt.

Zu 8. Kostendeckungsvorschlag

Da der Bürgerentscheid nach § 24 Abs. 4 SächsGemO einem Gemeinderatsbeschluss gleichsteht, wird er auch haushaltswirksam und bedarf deshalb eines Kostendeckungsvorschlags. Der Deckungsvorschlag für die Kosten der verlangten Maßnahmen muss zur Gewährleistung einer hinreichenden Entscheidungsgrundlage für die Abstimmungsberechtigten grundsätzlich den gesamten finanziellen Aufwand für die Verwirklichung des Begehrens umfassen, also sowohl Herstellungs- oder Erwerbskosten als auch Folgekosten, die für den Unterhalt, den Betrieb und die Wartung voraussichtlich entstehen. Dieser Aufwand muss durch gesetzlich zulässige und durchführbare Einnahmemöglichkeiten voraussichtlich gedeckt sein, wobei auch Kostenschätzungen zulässig sind. Eines Deckungsvorschlags bedarf es nicht, wenn das Bürgerbegehren auf eine Maßnahme gerichtet ist, die keine Kosten verursacht oder offensichtlich günstiger als ein von der Gemeinde bereits beschlossenes Vorhaben ist. An den Inhalt und die Formulierung eines Kostendeckungsvorschlags dürfen allerdings, insbesondere bei größeren technischen Vorhaben, keine überzogenen Anforderungen gestellt werden; insoweit reicht es aus, wenn die Höhe der voraussichtlichen Kosten in nachvollziehbarer Weise überschlägig beziffert wird.

Ein Kostendeckungsvorschlag ist auf dem Bürgerbegehren nicht angegeben. Dass die Darstellungen auf dem Schreiben vom 21.04.2023 nicht ausreichend sind, weil sie nicht Gegenstand des Bürgerbegehrens sind, gilt auch hier. Zudem mag es korrekt sein, dass allein die Rücknahme des Aufstellungsbeschlusses keine Kosten verursacht und deshalb der Kostendeckungsvorschlag entbehrlich wäre. Allerdings ist davon auszugehen, dass damit mindestens Gewerbesteuereinnahmen verloren gehen, wenn das Projekt nicht realisiert wird.

Auch hier liegt somit ein Mangel vor. Zugunsten des Bürgerbegehrens wird jedoch unterstellt, dass ein Kostendeckungsvorschlag nicht notwendig gewesen ist.

Zu 9. Anzeige

Das Bürgerbegehren muss vor der Unterschriftensammlung angezeigt werden. Dies ist hier mit dem Schreiben vom 03.04.2023 geschehen, die Voraussetzung ist damit gegeben.

10. Fristen

Das Bürgerbegehren richtet sich gegen einen Gemeinderatsbeschluss, so dass es nur innerhalb von drei Monaten nach der öffentlichen Bekanntgabe des Gemeinderatsbeschlusses durchgeführt werden kann. Der Stadtrat der Stadt Wilthen hat in seiner Sitzung vom 25.01.2023 den hier gegenständlichen Aufstellungsbeschluss gefasst. Die Frist läuft damit am 25.04.2023 ab. Mit Einreichung des Bürgerbegehrens am 21.04.2023 ist diese Frist gewahrt.

Ergebnis: Das Bürgerbegehren ist insgesamt unzulässig, da es weder einen Entscheidungsvorschlag noch eine hinreichende Begründung enthält.

Der Stadtrat hat nunmehr gemäß § 25 Abs.4 Satz 1 SächsGemO in seiner Sitzung am 21.06.2023 mehrheitlich den Beschluss gefasst, dass das Bürgerbegehren aufgrund der gravierenden Mängel unzulässig ist. Die ortsübliche Bekanntgabe ist erfolgt.

Bei der Entscheidung zur Zulässigkeit hat der Stadtrat keinen Ermessensspielraum. „Jetzt geht es nur um die Formalien, nicht um den Inhalt des Begehrens“, betonte der Bürgermeister in der Stadtratssitzung. „Ich glaube, das Thema ist von den Initiatoren völlig falsch aufgefasst worden. Denn noch gibt es kein Projekt, das man ablehnen könnte“, sagte Michael Herfort. Es sei mit dem Aufstellungsbeschluss lediglich darum gegangen, zu prüfen, ob solch eine Anlage dort grundsätzlich möglich wäre. „Erst wenn der Entwurf eines Bebauungsplans vorliegt, kann über dessen Inhalt und Auswirkungen diskutiert werden. Erst dann können sich alle, auch die Anwohner, dazu äußern, nicht nur die Träger öffentlicher Belange.“ Die „Empörung“ war also wesentlich zu früh. Ein Gutes hatte das Bürgerbegehren dennoch. Viele haben sich mit der Thematik befasst. Der Bürgermeister regte an, neben der zukünftigen kommunalen Wärmeplanung auch eine „kommunale Erneuerbare-Energien-Planung“ für Wilthen und die Ortsteile zu entwickeln.