Quelle: GEO Netz Datendienst Grundstücke der COMER Group in Wilthen (In der Mitte das Stadtbad)
Einzelhandelsentwicklung im Oberland im Fokus
In den letzten Wochen wurde die Einzelhandelsentwicklung in unserer Region durch mehrere Presseberichte in den Fokus der öffentlichen Diskussion gerückt. Auslöser war ein Beschluss des
Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Bautzen vom 11. August 2025, welcher dem Antrag der Stadt Wilthen Recht gab und den Bebauungsplan in Schirgiswalde für eine Ansiedlung von EDEKA und ALDI außer Vollzug setzte. Für die breite Öffentlichkeit kam das überraschend, da das einstweilige Rechtsschutzverfahren bis zu dem Zeitpunkt nichtöffentlich war. Seit 2023 wurde nur ab und zu über die Auseinandersetzung im Grundzentralen Verbund (Wilthen, Neukirch, Sohland, Schirgiswalde-Kirschau) zu den Ansiedlungen großflächiger Einzelhandelsmärkte in verschiedenen Medien berichtet.
Heute möchten wir uns ausführlicher dem Thema widmen und gleichzeitig die Entwicklung des in Privatbesitz befindlichen HZO Wilthen betrachten. Die letzte diesbezügliche Veröffentlichung erschien
im Stadtanzeiger Mai 2023. Seitdem ist viel passiert.
Wie entstand das HZO Wilthen?
Das Handelszentrum Oberland, kurz HZO, wurde ab 1991 von drei privaten Investoren auf dem Areal der stillgelegten Textilfabrik VEGRO (Werk Wilthen), vormals Weberei C.G. Thomas, entwickelt. Wie der Name sagt, war das Ziel, ein Zentrum für den Einzelhandel im gesamten Oberland zu schaffen.
Ein Glücksfall für Wilthen, da sonst die riesige Fabrik als Brache mitten in der Stadt verfallen wäre.
Auf dem Höhepunkt Anfang der 2000er Jahre gab es im HZO u.a. den großen EXTRA-Lebensmittelmarkt, ein Möbelhaus, den ALDI, NKD, einen Teppichmarkt, einen SCHLECKER und viele kleinere Geschäfte und Dienstleister. Gleich daneben an der Straße zum Stadtbad hatte sich auch eine EDEKA-SB Halle angesiedelt. Als im Jahr 2005 überraschend der EXTRA-Markt vom Metro-Konzern geschlossen wurde, gerieten die HZO-Eigentümer in finanzielle Schwierigkeiten, da man viele Kredite zum Umbau der alten Fabrik aufgenommen hatte und man war gezwungen entweder Insolvenz anzumelden oder zu verkaufen. Man entschied sich mit den finanzierenden Banken für einen Verkauf.
Als Käufer trat der bis dahin in Deutschland unbekannte Immobilienkonzern COMER GROUP aus Großbritannien auf, der das HZO im Jahr 2007 mit noch über 10 weiteren ähnlichen Einkaufscentern, vorwiegend in Sachsen und Brandenburg, erwarb.
Wem gehört das HZO heute?
Das HZO gehört seit 2007 bis heute der COMER GROUP aus Großbritannien. Herr Luke Comer (gebürtig aus Irland mit Wohnsitz Monaco) ist Inhaber und baute 2008 für EDEKA den neuen Markt im HZO, welchen EDEKA seitdem mietet. Dafür musste COMER die alte SB-Halle von EDEKA kaufen. Was erst viel später bekannt wurde ist, dass EDEKA sich ins Grundbuch des HZO und der verkauften SB-Halle mit Konkurrenzschutzklauseln eintragen ließ und seitdem die Entwicklung blockiert. Kein anderer Lebensmittelhändler wird zugelassen. Der ALDI wird nur im Bestand geduldet. Eine Verlagerung in einen anderen Bereich des HZO wurde durch EDEKA verhindert. Erwähnen muss man hier, dass die selbstständige Kauffrau, Peggy Raue, die den EDEKA in Wilthen betreibt, für all das nichts kann. Das ist reine EDEKA-Konzernpolitik. Ebenfalls möchten wir betonen, dass die Mitarbeiter der HZO-Verwaltung (Comer Immobilien Management GmbH & Co.KG) vor Ort in Wilthen sich redlich bemühen, das Beste aus dem HZO zu machen und die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung fair und konstruktiv ist. Leider stößt das Bemühen seiner Mitarbeiter bei Luke Comer zumeist auf taube Ohren und es werden keine Gelder freigegeben bzw. faire Mietbedingungen für potentielle Mieter geschaffen. Stattdessen muss man vor Ort machtlos dem Leerzug und Verfall zuschauen.
Gibt es in Wilthen alternative Flächen für Einzelhandel?
Außerhalb des HZO gibt es nur noch das Grundstück an der Zittauer Straße, wo jetzt der NETTO Markt steht. NETTO Markendiscount ist eine Tochtergesellschaft von EDEKA. Dieses Grundstück gehört EDEKA/NETTO. Dort, wo bis 2006 der LIDL angesiedelt war (Dresdener Straße), und jetzt u.a. der KiK Markt existiert, ist kein großflächiger Einzelhandel möglich, da das Objekt zu klein ist. Dieses befindet sich ebenfalls in Privatbesitz eines Eigentümers aus der Nähe von Stuttgart. Weitere mit Einzelhandel bebaubare Flächen gibt es leider in Wilthen nicht, weder in städtischem noch privatem Eigentum. Wenn Handel sich in Wilthen entwickeln soll, dann geht das nur im HZO. Die Stadt hat alles ihr Mögliche dafür getan. Es wurde sogar ein sog. „Sondergebiet Einzelhandel“ ausgewiesen. Genutzt hat es der Eigentümer COMER GROUP bisher nicht. Ein Trauerspiel ungenutzter Chancen.
Warum steigt im HZO der Leerstand?
Zum einen ist da der Eigentümer, die britische Firma COMER, welcher keinerlei Entwicklungsabsichten für das HZO verfolgt und nichts investiert, sondern das HZO als Spekulationsobjekt erworben hat und das Geld herauszieht. Zum anderen ist da der EDEKA-Konzern, der die Entwicklung mit Grundbucheintragungen blockiert, um alle Umsätze zu sich zu lenken. Außer EDEKA und ALDI ist für COMER kein Mieter von Interesse. In leerstehende Flächen muss man schließlich auch nichts investieren. Für Wilthen ist das ein riesiges Problem. Durch die von EDEKA geplante und forcierte Verlagerung des ALDI nach Schirgiswalde steigt der Leerstand derzeit rapide an und wenn es so weiter ginge, würde das HZO und damit der zentralörtliche Versorgungsbereich unserer Stadt endgültig und irreparabel geschädigt. Das muss verhindert werden.
Hat die Stadt Einfluss auf die Entwicklung im HZO?
Direkten Einfluss auf das rein in Privatbesitz befindliche HZO hat die Stadt leider nicht.
Die Stadt kann nur versuchen, Fehlentwicklungen im Umland aufzuhalten, die den Bestand im HZO weiter schädigen. Zudem muss man versuchen, EDEKA zu zwingen, das HZO nicht weiter zu blockieren. Es ist zu hoffen, dass es baldmöglichst einen neuen Eigentümer gibt, der das HZO weiterentwickeln will und investiert. Ohne COMER und EDEKA ginge es dem HZO und damit Wilthen viel besser. Um das zu erkennen, braucht es viel Hintergrundwissen.
Welche Rolle spielt der Grundzentrale Verbund beim Einzelhandel in unserer Region?
Der Grundzentrale Verbund Oberland (GZVO) aus Wilthen, Schirgiswalde-Kirschau, Sohland und Neukirch wurde 2013 im Landesentwicklungsplan und Regionalplan gesetzgeberisch festgeschrieben.
Er besagt, dass jede Mitgliedskommune für sich allein kein Grundzentrum ist, sondern nur alle 4 gemeinsam ein Grundzentrum bilden. Gerade beim Einzelhandel ist das wichtig, denn es bedeutet,
dass keine Kommune allein großflächigen Einzelhandel planen und umsetzen kann, sondern nur alle vier einstimmig zusammen. Das ist derzeit der Knackpunkt.
Bis auf das Thema Einzelhandel hat sich der Grundzentrale Verbund bewährt und schon viel Gutes in den Mitgliedskommunen bewirkt. So zum Beispiel gelang es uns, unter Wilthener Führung in das Städtebau-Förderprogramm aufgenommen zu werden. Jede einzelne Kommune hätte das für sich allein nicht geschafft. Aber im Verbund können wir ein Gesamtbudget von über 20 Mio EURO bis 2030 umsetzen. Zudem ist an die Sanierung und Befriedung des Abwasserzweckverbandes Obere Spree zu erinnern, wo 3 der 4 Mitglieder des GZVO dabei sind. Des Weiteren wurden in den einzelnen Kommunen in den letzten Jahren zahlreiche Bebauungspläne erarbeitet und umgesetzt, für die jeweils die Zustimmung der Partner im GZVO nötig war und auch erfolgte. Einzig im Bereich Einzelhandel gibt es, verursacht vor allem durch das Gebaren des EDEKA-Konzerns, Unstimmigkeiten.
Warum hat Wilthen eine Normenkontrollklage zur Überprüfung des Bebauungsplans Sauerstraße Schirgiswalde beim Oberverwaltungsgericht eingereicht?
Die Stadt Wilthen hat bereits 2022 für den grundzentralen Verbund das Gutachten „Perspektiven der Einzelhandelsentwicklung im Städte- und Gemeindeverbund „Oberland“ - Verbundweites Einzelhandels- und Zentrenkonzept“ in Auftrag gegeben. Die Finanzierung erfolgte durch die Verbundpartner je zu einem Viertel. Zum Standort Schirgiswalde steht darin: „Mit der Ansiedlung eines modernen Vollversorgers, der in eine wechselseitige Angebotsergänzung zu dem discountorientierten Netto-Markt in der Ortschaft Kirschau treten würde, könnte zudem das qualitative Versorgungsdefizit abgebaut werden. Weder dürfen die zentralen Versorgungsbereiche in anderen Kommunen in ihrer Funktionsfähigkeit beeinträchtigt werden, noch darf es zu einer Störung der verbrauchernahen Versorgung im Betrachtungsraum kommen.“
Der B-Plan in Schirgiswalde widerspricht eklatant der mehrheitlich getragenen Abstimmung zur gemeinsamen Bauleitplanung, welche besagt:
„Konsens besteht darin, einer Ansiedlung von Einzelhandel am Standort Sauerstraße in Schirgiswalde zuzustimmen. Um insbesondere der Standortssicherheit des ALDI in Wilthen Rechnung zu tragen, ist im erforderlichen vorhabenbezogenen B-Plan Verfahren ein sog. „Verträglichkeitsgutachten“ zwingend zu erstellen. Für die Ansiedlung eines neuen Lebensmittelmarktes (kein Doppelstandort Vollsortimenter und Discounter) sowie dessen maximal zulässige Verkaufsfläche ist ausschließlich auf die Kaufkraft der Stadt Schirgiswalde-Kirschau abzustellen.“
Die Behauptung aus Schirgiswalde, es hätte keine Gespräche gegeben, ist schlichtweg falsch. Es gab mehrere Gespräche im GZVO und sogar entsprechende Protokolle. Nur Schirgiswalde hat sich nicht an die Absprachen gehalten, sondern hat im Alleingang mit EDEKA begonnen zu planen.
Mit dem Beschluss des Stadtrates von Schirgiswalde-Kirschau Anfang März 2023 zur Aufstellung eines Bebauungsplanes zur „Entwicklung von Einzelhandel auf dem ehemaligen HALATEX-Areal an der Sauerstraße“ ohne Zustimmung des Grundzentralen Verbundes wurde erstmals offiziell der Name ALDI im Zusammenhang mit dem Vorhaben des EDEKA Konzerns genannt. Was bisher nur Gerüchte waren, führte bis heute zu einer öffentlich ausgetragenen Auseinandersetzung. Der B-Plan wurde von EDEKA beauftragt und bezahlt. Die erstellten Gutachten sind Gefälligkeitsgutachten zu Gunsten von EDEKA. Schirgiswalde hat sich praktisch an den Konzern ausgeliefert. Alles oder nichts war das Motto.
Spätestens seit bekannt wurde, dass Wilthen eine Normenkontrollklage anstrebt, gingen Schirgiswalde und EDEKA volles Risiko. Das rächt sich jetzt.
Für eine Entwicklung einer Einzelhandelsversorgung am Standort Sauerstraße in Schirgiswalde ist die Umsiedlung des ALDI-Marktes aus Wilthen nicht zwingend notwendig, aus Sicht des Vorhabensträgers EDEKA wohl aber nützlich. Der dort geplante Doppelstandort aus EDEKA und ALDI ist überdimensioniert und schafft sowohl für den Bestands-Einzelhandel in Schirgiswalde-Kirschau (z.B. Netto-Nord Kirschau) existenzielle Probleme als auch für den Einzelhandel im gesamten grundzentralen Verbund eine unausgewogene neue Konstellation.
Warum tut EDEKA das? Die Antwort ist einfach. Man will möglichst kostengünstig an einem Standort die Konkurrenz (REWE) ausbooten und in der Region ein Monopol aufbauen. Der Standort HALATEX hat eine schlechte Lage und EDEKA will zur besseren wirtschaftlichen Erschließung das riesige Areal (22.000 m²) nicht allein bebauen, sondern ALDI als zahlenden Mieter gewinnen, um die sehr hohen Erschließungskosten zu refinanzieren.
Der Grund der Ansiedlung ist also nicht nur, wie vordergründig behauptet, die Sicherstellung der nach der Schließung des PENNY fehlenden Nahversorgung für Schirgiswalde, sondern vor allem der Konkurrenzkampf mit REWE, welcher sich am Standort HALATEX angeblich ansiedeln wollte. Nach unserer Kenntnis bestand eine solche Absicht aufgrund der schlechten Lage, der großen Fläche (mit Altlasten) und der Problematik des vorhandenen denkmalgeschützten Webereigebäudes an der Straße durch REWE nicht.
EDEKA hat die Altlastenfläche trotzdem erworben und nach Konzepten für eine möglichst kostengünstige Bebauung gesucht. Schnell erkannte EDEKA, dass der Standort nur für einen kleinen EDEKA-Markt, für den es die Zustimmung im GZVO gab, zu kostenintensiv ist. Aufgrund der bisher bereits mehrfach praktizierten Zusammenarbeit mit ALDI (z.B. Husarenhof Bautzen) gelangte der Wilthener ALDI-Markt in den Fokus von EDEKA. Da ALDI, im Gegensatz zu EDEKA, nicht zwei Standorte in unmittelbarer Nähe betreiben wird, bleibt nur die Abwerbung von Wilthen und Umsiedlung nach Schirgiswalde. In Wilthen hat EDEKA durch seine Grundbucheintragungen dafür gesorgt, dass für ALDI kein besserer Standort möglich ist (z.B. den Umbau der ehemaligen SB-Halle). Dieser willkürliche Eingriff in die vorhandene Versorgungssituation im grundzentralen Verbund schwächt einerseits den Standort Wilthen erheblich durch Abzug von ca. 5-6 Mio EURO Umsatz (ALDI verschwindet gänzlich und EDEKA-Raue hat deutliche Umsatzeinbußen) und reduziert das Angebot in Wilthen auf die zwei zum EDEKA-Konzern gehörenden Märkte „EDEKA-Raue“ und „NETTO“. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, plant EDEKA nun auch noch einen großen Markt (Doppelstandort EDEKA / NETTO) in Neukirch zu errichten. Das hieße dann 4 Vollsortimentsmärkte von EDEKA im grundzentralen Verbund. Die Kaufkraft geht immer weiter zurück (Demografie, Reallohneinbußen durch die Inflation) und die Verkaufsfläche soll sich verdoppeln. Dass das nicht funktionieren wird, erkennt sogar ein Schulkind mit ersten Mathematik-Kenntnissen.
Zugleich werden die EDEKA-Märkte in Wilthen und Sohland geschwächt, was in der Zukunft dazu führen könnte, dass EDEKA z.B. den Markt in Wilthen, den man nur mietet, ganz aufgibt und die Stadt Wilthen, wenn wir jetzt tatenlos zusehen, in einigen Jahren nur noch einen kleinen NETTO-Markt hätte, der auch zum EDEKA Konzern gehört. Es steht also weit mehr auf dem Spiel als der Verlust des ALDI, der wohlgemerkt nicht ersetzt werden kann, da EDEKA keine neue Konkurrenz im HZO duldet.
Wenn die neuen EDEKA-Märkte in Schirgiswalde und Neukirch so entstehen, wie geplant, würde die marktbeherrschende Stellung des EDEKA Konzerns in der Region noch weiter verstärkt. Alle Vollsortimentsmärkte im Umkreis von 20 km würden dann unter EDEKA laufen (Wilthen, Sohland, Oppach, Bautzen-Oberkaina, Schirgiswalde und Neukirch). Der weitere Ausbau einer marktbeherrschenden Stellung einer einzelnen Handelskette (EDEKA / NETTO) kann nicht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger des grundzentralen Verbundes Oberland sein. Fairer Wettbewerb um Angebote und Preise fände praktisch nicht mehr statt. Die Auswirkungen kann man sich ausmalen.
Kartellrechtlich ist das Agieren von EDEKA sehr bedenklich und für die Bürgerinnen und Bürger der Region am Ende nachteilig. Die Planungshoheit der Gemeinden würde ausgehebelt und EDEKA könnte nach Belieben Märkte öffnen und schließen, die Konkurrenz fernhalten und mit „nützlichen Partnern“ wie ALDI auf Jahrzehnte die Bedingungen im Einzelhandel der Region diktieren.
Die Entwicklung großflächigen Einzelhandels in Schirgiswalde und Neukirch ist nach dem Landesentwicklungsplan (LEP) aber überhaupt nur dann möglich, wenn die Kommunen Teil eines Grundzentrums sind. Dieser grundzentrale Verbund besteht, wie erwähnt, seit 2013 und aufgrund eines öffentlich-rechtlichen landesplanerischen Vertrages, den alle Kommunen 2015 unterzeichnet haben.
Die Planung in Schirgiswalde und Neukirch betrifft den Kern dieses Vertrages. In diesem haben sich die Vertragspartner zu einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit verpflichtet, wie auch dazu, Konkurrenzsituationen zu vermeiden und raumplanerisch relevante Entwicklungskonzepte gemeinsam zu erarbeiten. Es gilt das Einstimmigkeitsprinzip.
Auch die Gemeinde Sohland hat sich ablehnend gegenüber dem Vorhaben in Schirgiswalde positioniert und dies mit Stellungnahmen im Verfahren dokumentiert.
Es widerspricht allen vertraglichen Grundsätzen im GZVO, wenn Schirgiswalde und Neukirch ein derartiges übergreifendes Entwicklungskonzept ohne Ab- bzw. Zustimmung der Vertragspartner alleine beschließen und auf dieser Basis beginnen, eine eigene Bauleitplanung oder Einzelvorhaben umzusetzen. Ein derartiges Vorgehen stellt die Voraussetzungen für eine grundzentrale Zusammenarbeit massiv in Frage.
Der Bestand der Vereinbarung ist aber Voraussetzung dafür, dass überhaupt ein grundzentraler Verbund besteht bzw. bestehen bleiben kann. Ohne den Verbund wäre die Entwicklung großflächigen Einzelhandels in allen Kommunen unmöglich.
In Kenntnis all dessen hat die Stadt Schirgiswalde-Kirschau mit EDEKA den B-Plan weiter vorangetrieben und im Herbst 2024 beschlossen. Zudem begann im Februar 2025 der Bau, da man auf Basis eines sich nun als rechtswidrig erwiesenen B-Plans eine Baugenehmigung für das Vorhaben erwirkt hatte. All das taten Schirgiswalde und EDEKA in vollem Risiko, denn seit November 2024 war bekannt, dass die Stadt Wilthen eine Normenkontrollklage eingereicht hatte.
Das Oberverwaltungsgericht hat Wilthen Recht gegeben. Wie ist der aktuelle Stand?
Mit Beschluss Az.: 1 B 195/24 des OVG vom 11.08.2025 wurde der Stadt Wilthen Recht gegeben und einstweiliger Rechtsschutz gewährt.
Der wesentliche Inhalt des Beschlusses lautet:
Der Bebauungsplan "Einzelhandelsstandort Sauerstraße" der Stadt Schirgiswalde-Kirschau vom 19. September 2024 wird vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Normenkontrollantrag der Antragstellerin - 1 C 28/24 - außer Vollzug gesetzt. Die Antragsgegnerin (Schirgiswalde-Kirschau) und die Beigeladene (EDEKA) tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte. Der Streitwert wird auf 30.000 € festgesetzt. Der Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO ist zulässig. Die Antragstellung ist wirksam. Die gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis liegt vor. Der Zulässigkeit des Antrags steht auch kein fehlendes Rechtsschutzinteresse entgegen. Der Antrag ist begründet. Nach dem eingangs dargestellten Prüfungsmaßstab ist der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung geboten. Der in der Hauptsache gestellte Normenkontrollantrag - 1 C 28/24 -, wird nach derzeitiger Sachlage offensichtlich auch in der Sache Erfolg haben. Der Normenkontrollantrag ist auch in der Sache begründet. Der Bebauungsplan verstößt gegen das in den Planansätzen Z 1.3.1 und Z 2.3.2.2 LEP (Landesentwicklungsplan 2013) festgelegte Zentralitätsgebot. Darüber hinaus verstößt der Bebauungsplan auch gegen das durch Planansatz Z. 1.3.5 LEP 2013 festgesetzte Abstimmungserfordernis innerhalb des grundzentralen Verbundes. Dass nach dem Vorstehenden der Antrag in der Hauptsache - 1 C 28/24 - nach derzeitigem Sachstand offensichtlich zulässig und begründet sein wird, bildet bereits ein wesentliches Indiz dafür, den Bebauungsplan im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO vorläufig außer Vollzug zu setzen. Der (weitere) Vollzug des Bebauungsplans vor einer Entscheidung in der Hauptsache lässt darüber hinaus Nachteile befürchten, die mit Blick auf Belange der Antragstellerin, betroffener Dritter wie auch der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5; § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Das heißt, der B-Plan in Schirgiswalde ist nicht rechtswidrig, weil Wilthen geklagt hat, sondern weil der B-Plan gegen Gesetze verstößt und unrechtmäßig zustande gekommen ist. Wilthen hat das mit der Normenkontrollklage lediglich aufgedeckt.
Schirgiswalde-Kirschau hat das Verfahren leichtfertig an einen Konzern (EDEKA) aus der Hand gegeben, der in der Region dabei ist, ein Monopol zum Schaden der Verbraucher aufzubauen.
Und die Stadt Schirgiswalde-Kirschau und der Konzern EDEKA gemeinsam haben einen B-Plan erarbeitet, der offenkundig rechtswidrig ist. Man wollte zu viel und bekommt nun wahrscheinlich nichts. Dass Schirgiswalde-Kirschau dadurch selbst verhindert hat, dass es kurzfristig eine Lösung des Nahversorgungsproblems in Schirgiswalde gibt, hat die Stadt Wilthen nicht zu verantworten.
Die Verantwortung dafür liegt einzig und allein im Rathaus in Schirgiswalde.
Das Hauptverfahren soll noch in diesem Jahr zum Abschluss gebracht werden.
Wie es dann weitergeht, ist aktuell offen. Wünschenswert wäre eine Einigung im Grundzentralen Verbund ohne den Einfluss von Großkonzernen.
Wie Sie lesen konnten, geht es bei dem Rechtsstreit um wesentlich mehr als um einen oder zwei Märkte in Schirgiswalde. Es geht um die ganze Region und den Einfluss eines Großkonzerns auf die Planungshoheit der Städte und Gemeinden und die Versorgung in der Zukunft für unsere Bevölkerung. Ein Kampf, der sich zu kämpfen lohnt. Auch außerhalb von Wilthen wird man das früher oder später erkennen.