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Bitterfeld-Wolfener Amtsblatt
Ausgabe 12/2024
Aktuelles aus der Stadt
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Archivale des Monats: September

Quelle: Stadtarchiv Bitterfeld-Wolfen, Archivbibliothek Wolfen, Wo AB 864

Wo AB 864 – „90 Jahre Männerchor“

Das Archivale mit der Signatur Wo AB 864 befindet sich in der Archivbibliothek Wolfen und ist im Stadtarchiv Bitterfeld-Wolfen, Ortsteil Stadt Wolfen, zu finden. Diese Broschüre im DIN-A5-Format umfasst 12 Seiten. Der golden verzierte Schriftzug „90 Jahre Männerchor“ fällt einem sofort ins Auge. Er ist Titel dieser Broschüre und unter dem gemalten Bild, einer Geige mit Notenheft, finden wir den Titelzusatz „Aus der Geschichte des Männerchors Wolfen“. Der Männerchor wurde 1897 gegründet und blickte 1987 auf eine lange traditionsreiche Vergangenheit zurück, weshalb auch wir diesen Monat unseren Blick auf die Geschichte und die Entstehung des Vereins setzen möchten.

Nachdem die neue Farbenfabrik 1896 in Greppin/Wolfen eröffnet wurde, war es notwendig, Arbeiter und Meister aus Berlin nach Wolfen zu holen, um die Produktion anzukurbeln. Weshalb der Verein gegründet wurde, ist in dem Archivale nicht ersichtlich. Jedoch wird spekuliert, dass sich Arbeiter und Meister der Farbenfabrik erst an das ruhigere und überschaubarere Leben in Wolfen gewöhnen mussten und sich deshalb eine Aufgabe gesucht haben. Am Gründungstag des Männerchors „Frohsinn“, dem 18. Oktober 1897, fanden Sie eine Beschäftigung. So bestanden alle Gründer aus Meistern der Farbenfabrik.

Der erste Dirigent des Vereins, Kantor Wilhelm Müller aus Jeßnitz, nahm seine Aufgabe sehr ernst und pochte darauf, dass die Übungszeiten strikt eingehalten wurden. Geübt wurde in der Gaststätte Griebsch, heute das „Deutsche Haus“. Viele Aufzeichnungen aus den Gründerjahren sind nicht überliefert. Aber es existiert das erste erhalten gebliebene Protokollbuch aus dem Jahr 1911. Damals war der Männerchor dazu gezwungen, sein Übungslokal zu wechseln. Da der Gastwirt Wede Mitglied des Chors war und günstiges Bier versprach, wurde einstimmig der Wechsel der Übungsstätte in den Gasthof Wede beschlossen.

Im Gasthof Wede wurde nicht nur geübt, sondern auch viel gefeiert. Es fanden Tanzabende, Bälle, Theateraufführungen und „Kränzchen“ statt. Diese Feierlichkeiten fanden in der Bevölkerung viel Zuspruch, so dass der Wedesche Saal mit 450 Personen gut gefüllt war. Es wurde natürlich nicht nur gesungen und gefeiert, sondern viel gegessen. Bei den Grillfesten hisste man die sogenannte „Bratwurstfahne“.

Der Chor half 1950 auch bei den Vorbereitungen und der Durchführung der 400-Jahr-Feier von Wolfen. Damals konnte natürlich noch keiner wissen, das Wolfen älter als 400 Jahre ist. Im Bezirk Halle fanden 1959 die ersten Arbeiterfestspiele der DDR statt und auch hier trat der Wolfener Männerchor auf. Sie sangen bei Veranstaltungen von Veteranen und Rentnern als auch in Krankenstationen und fanden dort dankbares Publikum.

Der Männerchor „Frohsinn“ überstand mithilfe seiner Mitglieder zwei Weltkriege und etablierte sich als Teil des Wolfener Kulturlebens. Diese Gemeinschaft von Arbeitern ist Vorbild dafür, was ein Verein, allein durch Willens- und Tatkraft zustande bekommen kann. Es ist erstaunlich, wie sich dieser Chor aus Arbeitern zu einem kulturellen Mittelpunkt der Wolfener Bürger entwickelt hat.

Stadtarchiv