Quelle: Stadtarchiv Bitterfeld-Wolfen, Historisches Stadtarchiv Bitterfeld, HSTAB 2083
Diesen Monat widmen wir uns der „Sammlung von Materialien zur Arbeitergeschichte“ aus dem Zeitraum 1919 bis 1930. Das Archivgut mit der Signatur HSTAB 2083 gehört zum Bestand des Historischen Endarchivs und ist im Stadtarchiv Bitterfeld-Wolfen, im Ortsteil Stadt Bitterfeld, zugänglich.
Auf elf Seiten wird ein prägnanter Rückblick auf die Arbeitergeschichte des frühen 20. Jahrhunderts gegeben.
Doch zu Beginn richten wir den Blick auf die Geschichte der Arbeiterklassen. Begonnen hat alles mit der Industrialisierung im 18. Jahrhundert, als Menschen in Massen in Fabriken arbeiteten und mit extrem langen Arbeitszeiten, niedrigen Löhnen und gefährlichen Bedingungen konfrontiert waren. Erste Proteste und Streiks führten zur Gründung von Gewerkschaften, die sich für faire Löhne und bessere Arbeitsbedingungen einsetzten. Im 19. Jahrhundert inspirierten die Ideen von Karl Marx und Friedrich Engels die Arbeiterbewegung weltweit und gaben ihr eine politische Basis.
Im 20. Jahrhundert brachten Arbeiterbewegungen wichtige soziale Errungenschaften wie den Acht-Stunden-Tag, Mindestlöhne und soziale Sicherungssysteme mit sich. Doch ab den 1980er Jahren änderte sich die Arbeitswelt durch Globalisierung und Digitalisierung: Industriearbeitsplätze wurden seltener, und flexible, oft prekäre Arbeitsformen nahmen zu.
Gleich zu Beginn des Archivguts sieht man ein Flugblatt aus dem Jahr 1919, das Arbeiterinnen und Arbeiter zur Teilnahme an einer Demonstrationsversammlung anlässlich der Beerdigung Rosa Luxemburgs aufruft. Darauf folgt ein weiterer Aufruf zur Demonstration aus dem Jahr 1927, diesmal in Zusammenarbeit mit der KPD, um gegen den drohenden imperialistischen Krieg zu protestieren.
Neben diesen Aufrufen enthält das Archivale auch von der Arbeiterschaft selbst erstellte Zeitungen mit Titeln wie „Der Rote Beobachter“, „Stadt Zeitung Bitterfeld“ und „Griesheim Laterne“. Diese Publikationen richten sich an die Arbeiter, Angestellten und Beamten in Bitterfeld und enthalten scharfe Kritik an Arbeitgebern und Konzernen. Immer wieder finden sich darin auch satirische Illustrationen und Karikaturen, die die damaligen Hierarchien überspitzt darstellen: Die Arbeiter erscheinen klein und unscheinbar, während die Vorgesetzten als mächtig und autoritär inszeniert sind.
Die Artikel wirken oft wütend und verzweifelt, mit eindringlichen Fragen wie „Seht ihr nicht ein, dass man mit euch Schindluder treibt?“ und zahlreichen Ausrufezeichen, die die Dringlichkeit der Lage unterstreichen sollen.
Zusammenfassend verdeutlicht die Akte zur Geschichte der Arbeiterklasse, dass diese durch einen anhaltenden Einsatz für Rechte und soziale Gerechtigkeit geprägt ist. Von den frühen Arbeiterprotesten, zu denen über die erwähnten Flugblätter und Arbeiterzeitungen aufgerufen wurde, über die Gründung der ersten Gewerkschaften bis hin zu den aktuellen Diskussionen über faire Bezahlung und soziale Absicherung zieht sich ein kontinuierliches Streben nach besseren Lebens- und Arbeitsbedingungen wie ein roter Faden durch ihre Geschichte.
Wer einen Einblick in das gesammelte Material zur Arbeitergeschichte gewinnen möchte, kann im Stadtarchiv Bitterfeld-Wolfen einen Termin zur Einsichtnahme vereinbaren.