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Bitterfeld-Wolfener Amtsblatt
Ausgabe 4/2025
Aktuelles aus der Stadt
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Holzweißig gedenkt dem Bombenangriff vor 80 Jahren

Auf dem Friedhof in Holzweißig gedachten Oberbürgermeister Armin Schenk (3. v. l.) und die Zeitzeugen gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern des Europagymnasiums, der Evangelischen Kirchengemeinde und zahlreichen Vertretern aus Politik und Gesellschaft der 41 Toten, die beim Bombenabwurf 1945 zu Tode kamen.

Die Evangelische Kirchengemeinde hatte anlässlich des Bombenangriffs der Briten auf Holzweißig vor 80 Jahren zu einer Gedenkveranstaltung am 17. März auf den örtlichen Friedhof geladen.

Oberbürgermeister Armin Schenk, zahlreiche Vertreter der Kommunalpolitik, der Gesellschaft, der Evangelischen Kirche, mehrere Schülerinnen und Schüler des Europagymnasiums „Walther Rathenau“ in ihrer Funktion als EU-Juniorbotschafter, aber auch die letzten Überlebenden des Bombenangriffs sowie ihre Angehörigen waren gekommen, um sich an die letzten Wochen des von Deutschland begonnenen Weltkrieges zu erinnern – um zuzuhören und um nicht zu vergessen.

Hintergrund: Der Ortsteil Holzweißig wurde am 17. März 1945 während des Bombenabwurfes der Briten auf Bitterfeld-Wolfen schwer getroffen: Innerhalb weniger Sekunden versanken Häuser in Trümmern, Flammen fraßen sich durch Straßen und Häuser, qualmender Rauch verdunkelte den Himmel. Einundvierzig Holzweißiger starben damals, zumeist gleich mehrere Mitglieder einer Familie. Viele Menschen waren verletzt, verschüttet und konnten nur mit vereinten Kräften der Bürgerinnen und Bürger gerettet werden.

Um 12:10 Uhr heulten Sirenen abermals: Das war derselbe Klang, der vor 80 Jahren durch den Ort drang. Uwe Kröber, Vorstand der Evangelischen Kirchengemeinde Holzweißig, leitete mit bewegenden Worten in die Veranstaltung ein und berichtete über die Geschehnisse. Mehrere Schülerinnen lasen nicht nur die 41 Namen der Verstorbenen vor, sondern berichteten auch über deren Familienkonstellationen.

Die Schülerinnen und Schüler stellten Fragen an die Zeitzeugen und Oberbürgermeister Armin Schenk über den Tag, der alles veränderte. Die damals zehnjährige Ingeborg Hirsekorn erinnerte sich: „Gegenüber war der Bunker, da konnten wir hin. Wir hatten unsere bestimmte Räumlichkeit. Da konnten wir geschlossen von jeder Klasse in der Schule aus, wenn Alarm war, Schutz suchen. Als eine der Bomben auf den Bunker fiel, flackerte das Licht, dann war es ganz dunkel. Der ganze Bunker hat sich bewegt. Unsere Klassenkameraden, die Jungs, saßen oben auf dem Doppelstockbett und sind runtergefallen. Da war natürlich das Geschrei groß, wir hatten ja große Angst.“

Erhard Böttcher, heute 93 Jahre alt, war damals ein dreizehnjähriger Jugendlicher. Er überlebte den Angriff in einem Keller: „Als Bomben fielen, hörte ich ein Rauschen, dann flog das Kellerfenster in den Raum, und dann war Ruhe.“ Als er ins Freie kroch, sah er, dass das Haus schwer beschädigt war.

Oberbürgermeister Armin Schenk betonte die Bedeutung des Erinnerns: „Solche Veranstaltungen sind natürlich auch ein Stück Mahnung, sich immer wieder für den Frieden einzusetzen. Ich habe im Erwachsenenalter einen Brief meiner Großmutter in die Hand bekommen, den sie an ihre Mutter geschrieben hatte. In diesem Brief verarbeitete sie ihre Fluchterlebnisse aus dem heutigen Polen in Richtung Deutschland. Sie schreibt, dass sie ihr Haus verlassen musste, zurückkehrte und es durch einen sowjetischen Angriff zerstört wurde. Sie trat mit ihrer Familie die Flucht nach Deutschland an. Viele Jahre später habe ich das Haus einmal besucht. In den Schuttbergen konnte ich immer noch die Ofenkacheln und den Ursprung des Gartens erkennen. Es war tief bewegend für mich.“

Ein Schüler und Juniorbotschafter des Europa-Gymnasiums „Walther Rathenau“ bringt es auf den Punkt: „Geschichte fühlt sich oft weit weg an. Aber wenn man hier steht, die Namen hört, mit den Überlebenden spricht – dann begreift man, dass es Menschen wie wir waren. Familien wie unsere.“

Zum Abschluss sprachen Pfarrer Andreas Ginzel und Pfarrerin Anna Mittermayer zu den Teilnehmenden, dass Krieg nach Gottes Willen nicht sein soll. Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung durch Fred Scheiter an der Solo-Trompete.

Die Blumengebinde wurden gemeinsam und in Stille niedergelegt. Holzweißig wird weiterhin an das schreckliche Ereignis vom 17. März 1945 erinnern und nicht vergessen.

Stab Öffentlichkeitsarbeit/Marketing