Fotocollage: Kerstin Nöhring
„Jetzt sieht es schon nach Baustelle aus. Im Stadtbad begleiten heute Presse, Film und Funk den Fortgang unserer Bauarbeiten. Alle wollen live dabei sein, wenn der Turm mit seinem drei Meter und fünf Meter Absprung abgetragen wird. So viele Erinnerungen an wunderbare Zeiten im Stadtbad. Aber auch die große Hoffnung, dass uns und unseren Nachkommen mit der Erneuerung die Chance gegeben wird, noch unzählige weitere hier zu erleben.“ (so Bürgermeister Matthias Egert am 04. Juli 2024 in seinen sozialen Kanälen)
Ohne Frage, unser historisches Stadtbad – unmittelbar neben dem Leipziger Teich an der Wasserturmstraße im Süden von Zörbig gelegen – war in die Jahre gekommen. Vor jeder neuen Badesaison hieß es in den letzten Jahrzehnten, Risse im großen Becken zu schließen und neue Farbe aufzutragen. Die Ausführungen wurden dabei ehrenamtlich mit einem bemerkenswerten Arbeitseinsatz von Sportfreunden des SV Zörbig e. V. übernommen: „Es entspricht unserem Selbstverständnis als Sportler, allen interessierten Einwohnern unserer Region in den Sommermonaten ein erfrischendes Badevergnügen in unserer Stadt zu ermöglichen. Da nicht jeder einen eigenen Garten mit Swimmingpool hat, ist unser Stadtbad so wichtig für die Menschen vor Ort. Hier lernen Kinder schwimmen und hier kann man sicher unter Aufsicht baden.“ - so nachzulesen auf der Webseite des Sportvereins.
1935 wurde das erste Bad als städtische Einrichtung in Zusammenarbeit mit dem Sportverein Zörbig eingeweiht. „Die Tatsache, dass Zörbig 1929 durch das Wasserwerk eine moderne Wasserversorgung hatte, ließ das Projekt eines Stadtbades Realität annehmen. 1931 begannen die Vorarbeiten in der Nähe des Teiches, bis zur Eröffnung am 21. Juli 1935 dauerte es vier Jahre.“ (nachzulesen im Aufsatz „Badespaß“ von Brigitta Weber in der Festschrift „Zörbig 961 – 2021“, S. 87ff.). Etwas kleiner als das bisherige Becken war das frühere. „Eine schwimmende Holzbarriere trennte Schwimmer von Nichtschwimmer“.
„Nach dreißig Jahren wäre eine Generalreparatur unabdingbar gewesen. Die Kosten standen aber in keinem Verhältnis zur Wirkung. Deshalb entschloss sich der Rat der Stadt zum Neubau an fast der gleichen Stelle“, so Brigitta Weber weiter. Eröffnet wurde die neue Freizeit- und Sportstätte zur Badesaison 1966. Das Becken war 50 Meter lang und 30 Meter breit und „hatte eine Tiefe von 3,50 Meter, die bei 80 Meter für Nichtschwimmer begann und auf 3,30 Meter abfiel“. 2700 Kubikmeter Wasser füllten das Becken. Am Schwimmerbecken gab es fünf Startblöcke für Schwimmwettkämpfe. Eine drei Meter lange Wasserrutsche komplimentierte das Badevergnügen. Separat gab es noch ein Planschbecken für Babys und Kleinkinder.
Das Stadtbad erfreute sich über Jahrzehnte hinweg einer generationenübergreifenden großen Beliebtheit. Über Tausende Besucher wurden jährlich gezählt. Dass es auch nachts genutzt wurde, ist hierbei kein Geheimnis. Gehörte es doch zur Mutprobe (oder einfach aus einer spontanen Laune heraus) dazu. Wenn man dann in einer lauen Sommernacht vom „Fünfer“ oder direkt im Wasser den Blick in einen unzähligen, absolut faszinierenden Sternenhimmel genießen konnte, war die Welt um einen herum für diesen Moment vergessen. Nicht nur ich werde da aus (wiederholter) Erfahrung sprechen.
Stadtbadleiter und Schwimmmeister Siegfried Kusch war mit absoluter Leidenschaft von der ersten Stunde 1966 an 36 Jahre lang dabei. Unter seinen wachsamen Augen und denen des neuen Stadtbadleiters Christian Penkuhn war der Abriss des Sprungturms mittels großer Säge schnell vollbracht. Das Wahrzeichen des Stadtbades fiel in zwei Etappen. Erst der 3-Meter-, dann der 5-Meter-Sprungturm. Passend zum (wehmütigen und dennoch erforderlichen) Baugeschehen war der Himmel über Zörbig in überwiegenden Grauschattierungen „gemalt“. Dazu ein leichter bis böiger Wind. Auch Petrus schien angesichts des Ereignisses Trübsal zu blasen.
„Der aktuelle Turm muss wegen der Statik weichen. Und weil wir in Zukunft den Schwimmern der 50-Meter-Bahnen (auf zwei bis drei Bahnen) ermöglichen wollen, von den Springern ungestört schwimmen zu können“, so Egert zum Abrissgeschehen.
Wie brachte es der aus Erfurt stammende Sänger Clueso in einem seiner Lieder so passend auf den Punkt: „Es ist nicht zu früh, es ist nicht zu spät. Ein guter Plan ist mehr als eine Idee...Veränderung braucht einen klaren Kopf...Herzlich Willkommen! Neuanfang…“.
Für vier Millionen aus Steuereinnahmen der Stadt wird das Bad derzeit verantwortungsvoll und nachhaltig umgebaut. Die umfassende Sanierung erfolgt dabei durch Selbstfinanzierung der Stadt Zörbig, weil zuvor mehrere Fördermittelanträge abgelehnt worden sind. Unter anderem wird es ein komplett neues barrierefreies Bad- und Schwimmerbecken in Edelstahl geben. Dabei soll nach Planung der Bauherren die Bodenplatte des alten Beckens auch das neue Becken tragen. Die Farbe auf dem Beton wird abgestrahlt, damit der Beton selber recycelt werden kann. Neue Pumpen und Filter werden eingebaut. Zudem soll es eine Wasserrutsche (Breitrutsche in Wellenform) geben und eine Sprungturmanlage – bestehend mit 1-Meter-, 3-Meter- und 5-Meter-Plattform.
Wenn alles im Zeitplan verläuft, können sich zur Badesaison 2025 wieder alle Schwimmbegeisterten und die es noch werden wollen, im neu gestalteten Bad erfrischen. Die feierliche Eröffnung ist für Samstag, den 07. Juni 2025 geplant. Ursprünglich sollte es mit der Sanierung bereits nach der Badesaison im Herbst 2023 losgehen und im Frühjahr abgeschlossen sein.
Kleiner Trost: „Wir lassen ein Stück Turm da, wie damals die Mauer“, so Egert auf Nachfrage.