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Zörbiger Bote – Mitteilungsblatt der Stadt Zörbig mit den Ortsteilen
Ausgabe 11/2024
Interessantes und Berichtenswertes
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„Fern bei den Sternen“

15. Oktober 2024: Tag der Sternenkinder

„Wenn du bei Nacht den Himmel anschaust, wird es Dir sein, als lachten alle Sterne, weil ich auf einem von ihnen wohne, weil ich auf einem von ihnen lache. Du allein wirst Sterne haben, die lachen können.“ (Antoine de Saint-Exupéry, Der kleine Prinz)

Der völlig unerwartete, äußerst schmerzhafte Schicksalsschlag traf Marthe und Jonas* sechs Tage vor dem errechneten Entbindungstermin. Ihre kleine, schon jetzt über alles geliebte Prinzessin, deren Ankunft sie voller Vorfreude auf die gemeinsame Zukunft kaum noch erwarten konnten, war nicht mehr am Leben. Anstelle Kindergeschrei war es bedrückend still, als Lina – so sollte sie heißen – von einem fachkundigen Klinikpersonal auf natürlichem Weg geholt wurde. Und während sich die Welt draußen weiterdrehte, war nichts mehr wie es war. „Möchten Sie Ihr Kind sehen?“ wurden Beide gefragt. Obwohl es ihnen fast das Herz zerriss, wagten Marthe und Jonas den Abschied von Lina, die so friedlich aussah. Diesen kostbaren Moment nahmen sie mit all ihren Sinnen wahr. Sie hielten abwechselnd Lina im Arm, streichelten sie behutsam und gaben ihr einen ersten und gleichzeitig letzten Kuss. „Du bist jetzt unser Lina-Sternenkind“. So hatten sie es auch Linas vierjährigem Bruder Ben* erklärt, für den sie jetzt stark sein mussten.

Als Sternenkind – seltener Schmetterlingskind, Engelskind oder Stillgeborenes – werden verstorbene Kinder bezeichnet; insbesondere, wenn sie vor (nach der 22. Schwangerschaftswoche), während oder bald nach der Geburt verstorben sind und mindestens 500 Gramm wiegen. Beträgt das Gewicht der Leibesfrucht weniger als 500 Gramm, handelt es sich um eine Fehlgeburt.

Es gibt verschiedene Gründe, warum Sternenkinder sterben: Störungen der Plazenta (auch Mutterkuchen genannt) wie etwa Durchblutungsstörungen oder vorzeitiges Ablösen der Plazenta, Sauerstoffmangel oder Nährstoffmangel oder eine unzureichende Versorgung des Kindes über die Nabelschnur. Auch Infektionen, die das Kind oder die Plazenta schädigen und über das Fruchtwasser oder die Eihäute übertragen wurden, können Auslöser sein. Oder eine schwere, kindliche Fehlbildung, mit der das Kind nicht lebensfähig ist/war. Zudem können auch Nikotin-, Alkohol- und/oder Drogenkonsum der Mutter ursächlich sein.

In manchen Kliniken gibt es einen separaten Raum für „stille Geburten“ (englisch: „stillbirths“). Dieser ist weit genug vom Kreißsaal entfernt. So hört man die Schreie der gesund geborenen Kinder nicht. Beigesetzt werden Sternenkinder entweder von den Kliniken in Urnen in Gemeinschaftsgräbern, wobei den Eltern in der Regel keine Kosten entstehen. Soll das verstorbene Kind in einem eigenen Grab oder im Familiengrab auf dem Friedhof oder außerhalb im Baumgrab oder auf See bestattet werden, so ist dies auch möglich. Wichtiger Hinweis: Anders als bei einer Fehlgeburt hat die Frau nach einer Totgeburt das Recht auf Mutterschutz, Familienbeihilfe und eine Nachsorgehebamme.

Nicht selten scheut man sich vor dem offenen Umgang mit Sternenkind-Eltern und macht lieber nichts, als etwas vermeintlich Falsches. Darunter leiden die verwaisten Eltern aber noch einmal mehr. Wer für sie da sein möchte, kann nachfragen, ob ein Besuch, ein Gespräch oder ein Spaziergang gewünscht sind. Darüber hinaus können kleine Aufmerksamkeiten wie eine Karte zur aufrichtigen Anteilnahme, Blumen, eine herzliche Umarmung und tröstende Worte hilfreich sein und tiefes Mitgefühl ausdrücken. Was wiederum die Trauerbewältigung unterstützen kann.

Kein Angeberwissen: Eltern dürfen einem durch Totgeburt verstorbenen Kind einen Namen geben, welcher im Sterbebuch eingetragen wird. Durch das Standesamt wird eine entsprechende Urkunde ausgestellt, die für Sozialversicherungsträger und Arbeitgeber benötigt wird. Seit dem 15. Mai 2013 besteht zudem eine gesetzliche Neuregelung des Personenstandrechts (PStRÄndG). Paragraph 31 ermöglicht, auch Kinder unter 500 Gramm Geburtsgewicht beim Standesamt dauerhaft dokumentieren zu lassen. Dadurch bekommt das Kind offiziell eine Existenz und kann bestattet werden.

*Namen der Redaktion bekannt

Claudia Egert
Quellen: bestatter.de, bmfsfj.de, familie.de, netdoktor.de, netmoms.de, wikipedia.de
Fotoquelle: Freepik, PxHere
Fotocollage: Kerstin Nöhring