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Amtskurier des Amtes Treptower Tollensewinkel
Ausgabe 10/2025
Klimaschutz im Amtsbereich
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Klimaneutrale Wärme für Klatzow

Machbarkeitsstudie für innovatives Wärmenetz mit industrieller Abwärmenutzung gestartet

Klatzow/Altentreptow – Die Gemeinde Klatzow bei Altentreptow könnte bald Vorreiter einer klimafreundlichen Wärmeversorgung im ländlichen Raum werden. Im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) startet eine umfassende Machbarkeitsstudie, die die Nutzung industrieller Abwärme des DMK-Standorts Altentreptow für ein neuartiges Nahwärmenetz untersucht.

Nutzung industrieller Abwärme durch Hochtemperatur-Wärmepumpen

Am DMK-Standort Altentreptow fallen jährlich mehrere Gigawattstunden an niedertemperierter Prozessabwärme an – insbesondere aus der Milchverarbeitung, Molkenderivatherstellung und durch die Kälteerzeugung. Diese Energie wird bislang größtenteils ungenutzt an die Umgebung abgegeben.

Geplant ist der Einsatz von Hochtemperatur-Wärmepumpen mit einer thermischen Leistung im Bereich von 1 bis 5 MW. Diese heben die Temperatur der Abwärme von etwa 30 - 50 °C auf ein nutzbares Niveau von 70–90 °C an und versorgen die großen Verbraucher der DMK, wheyco und Euro Cheese sowie das Dorf Klatzow. Als Kältemittel kommen voraussichtlich natürliche Stoffe wie Ammoniak (NH₃) oder CO₂ (R744) zum Einsatz, die besonders umweltfreundlich und effizient sind.

Kaltes Nahwärmenetz als Alternative für Klatzow: Effizienz durch dezentrale Wärmepumpen

Ein zentrales Element der Studie ist die Prüfung eines kalten Nahwärmenetzes. Dabei wird die Wärme auf einem Temperaturniveau von etwa 15 - 25 °C über ein erdverlegtes, gedämmtes Rohrleitungssystem verteilt. In den angeschlossenen Gebäuden sorgen dezentrale Wärmepumpen für die individuelle Temperaturanhebung auf Heiz- und Warmwasserniveau.

Vorteile dieses Systems:

Minimale Netzverluste durch niedrige Vorlauftemperaturen

Hohe Systemeffizienz (JAZ > 4) durch Nutzung von Umwelt- und Abwärme

Modularität: einfache Erweiterung und Integration weiterer Quellen wie Solarthermie oder Geothermie

Geringe Eingriffe in bestehende Heizsysteme durch Hybridlösungen

Netzstruktur und Speichertechnik

Die Studie untersucht verschiedene Netzkonfigurationen, darunter:

Ring- und Stichleitungsnetze zur Versorgung von Klatzow und dem DMK-Areal

Erdverlegte Kunststoffmantelrohre mit flexibler Trassenführung

Zentrale Pufferspeicher (z. B. 400 m³) zur Lastspitzenabdeckung und Netzstabilisierung

Intelligente Regelungstechnik zur Optimierung von Wärmeerzeugung, -verteilung und -verbrauch

Versorgungssicherheit und Redundanz

Zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit werden Backup-Wärmeerzeuger (z. B. Biomassekessel oder erdgasbetriebene Dampfkessel) in das Konzept integriert. Diese kommen nur bei Ausfall oder Wartung der Hauptsysteme zum Einsatz.

Transformationskonzept bis 2045

Bereits im Vorfeld hat der DMK-Standort ein umfassendes Transformationskonzept vom Institut für Erneuerbare Energie Rostock (IWEN) erstellen lassen. Dieses zeigt auf, wie der Standort bis spätestens 2045 vollständig klimaneutral wirtschaften kann – im Einklang mit den Zielen der Bundesregierung. Die Nutzung industrieller Abwärme ist dabei ein zentraler Baustein.

Nächste Schritte

Die Machbarkeitsstudie wird nun die technischen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen prüfen. Dazu gehören unter anderem:

Hydraulische Netzplanung und Trassenfindung

Wirtschaftlichkeitsanalysen unter Berücksichtigung von Fördermitteln

Abstimmung mit Grundstückseigentümern und Behörden

Integration in bestehende Energie- und Klimaschutzkonzepte

Die Ergebnisse der Studie werden voraussichtlich Ende 2026 vorliegen.

Klimaneutralität als wirtschaftlicher Vorteil

Ein klimaneutrales Nahwärmenetz ist nicht nur ein Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz, sondern auch ein wirtschaftlicher Vorteil für die Bürgerinnen und Bürger. Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, bis 2045 klimaneutral zu werden. Projekte wie dieses leisten einen konkreten Beitrag zur Erreichung dieses Ziels.

Zudem wird die CO₂-Bepreisung in den kommenden Jahren weiter steigen. Bereits heute zahlen Haushalte mit fossilen Heizsystemen (z. B. Öl oder Gas) eine CO₂-Steuer, die sich direkt auf die Heizkosten auswirkt. Ein Anschluss an ein klimaneutrales Wärmenetz schützt langfristig vor diesen steigenden Kosten und schafft Planungssicherheit.

FAQ: Wärmenetz Klatzow

Was ist ein Nahwärmenetz?

Ein Nahwärmenetz ist ein lokales System zur Versorgung mehrerer Gebäude mit Wärme für Heizung und Warmwasser. Die Wärme wird zentral erzeugt und über isolierte Leitungen verteilt.

Was ist der Unterschied zwischen einem heißen und einem kalten Nahwärmenetz?

Ein heißes Netz liefert direkt nutzbare Wärme (z. B. 90°C), während ein kaltes Netz niedrig temperiertes Wasser (15 - 25°C) bereitstellt, das in den Haushalten durch Wärmepumpen auf das benötigte Niveau gebracht wird.

Welche Vorteile hat das Projekt für Klatzow?

Versorgungssicherheit durch zentrale Wärmebereitstellung

Reduktion von CO₂-Emissionen

Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen

Beitrag zur Energiewende

Schutz vor steigender CO₂-Steuer

Wertsteigerung der Immobilien durch moderne Infrastruktur

Wie wirkt sich die CO₂-Steuer auf fossile Heizsysteme aus?

Die CO₂-Steuer verteuert fossile Brennstoffe wie Heizöl und Erdgas. Je höher der CO₂-Preis, desto teurer wird das Heizen mit diesen Energieträgern. Ein klimaneutrales Wärmenetz ist davon nicht betroffen.

Wie wird die Wärme erzeugt?

Die Wärme stammt aus industrieller Abwärme des DMK-Standorts Altentreptow. Diese wird durch Industriewärmepumpen auf ein nutzbares Temperaturniveau gebracht und in das Wärmenetz eingespeist.

Wer entscheidet über die Umsetzung?

Nach Abschluss der Machbarkeitsstudie entscheiden die Gemeinde Klatzow, der DMK-Standort und potenzielle Fördermittelgeber über die konkrete Umsetzung.

Wie kann ich mich als Bürger:in beteiligen?

Im Rahmen der Studie und späteren Planungsphasen sind Informationsveranstaltungen und Bürgerdialoge geplant. Dort können Fragen gestellt und Anregungen eingebracht werden.

Wer trägt die Kosten für den Bau des Wärmenetzes?

Ein Großteil der Investitionskosten für Planung, Bau und technische Anlagen kann über die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) gedeckt werden. Diese Förderung unterstützt bis zu 40 % der förderfähigen Investitionskosten, in bestimmten Fällen sogar mehr. Die restlichen Kosten werden durch Beiträge der Projektpartner (z. B. DMK, wheyco, Euro Cheese), kommunale Mittel und gegebenenfalls durch Anschlussgebühren gedeckt. Für die Bürger:innen ist geplant, die Kosten fair und sozialverträglich zu gestalten.