Backtag im November
Das Handy vibrierte: eine WhatsApp! „In zehn Minuten werden die Brote in den Backofen geschoben!“ Na, dann aber flink! Diesen Sonntag im November präsentierten sich die Wettergötter von ihrer herbstlichsten Seite: mausgrau, trübe und verregnet, sodass man keinen Hund vor die Tür jagen wollte. Was macht man mit solch einem Tag? „Das ist echtes Kuschelwetter!“, sagte eine junge Dame. „Da stehst du am besten gar nicht auf, nimmst dir ein gutes Buch und genießt den Tag im Bett!“ Eine denkbare Alternative ist sicher auch, vor dem Kamin zu sitzen, dem Knacken des Holzes zuzuhören, auf die rot glühenden Holzscheite zu schauen und dem Dalmatiner das Fell zu kraulen.
Oder man macht einen Backtag im Dorfbackhaus mit extrem viel Fröhlichkeit und guter Laune, dem das Wetter vor der Tür nichts anhaben kann.
Das Dorfbackhaus in Letzin ist ein relativ junges Projekt. Über einige Jahrzehnte lag das seinerzeitige alte Spritzenhaus am Dorfteich im Dornröschenschlaf – eingewachsen, unansehnlich und von der Welt vergessen.
Um ihm ein neues Leben und eine neue Daseinsberechtigung als Backhaus zu schenken, wurde ein Ortsförderverein gegründet, extrem viel Manpower und noch mehr Förderer aktiviert, die Hacken wurden sich wundgelaufen zwischen den Behörden, und der Preisexplosion am Bau wurde mit Schweiß auf der Stirn entgegengesehen.
Irgendwann wurde es trotz aller Widrigkeiten fertig und dient seit einigen Monaten als Kulminationspunkt für das Zusammensein und für viel Lebensfreude.
Heute wurde wieder rechtzeitig angeheizt, als der Herbstmorgen graute.
Am Vormittag drängten sich bereits gut zwanzig Personen vom Schulkind bis zur Rentnerin in dem kleinen Backhaus, kneteten Teig, stachen Plätzchen aus oder rollten und garnierten weihnachtliche Kuchenkügelchen. Zugegeben, der Frauenüberschuss am Backtisch war spürbar. Etliche hatten ihre Stollen zum Abbacken mitgebracht. Es ist beachtlich, wie viele interessante Variationen es unter ein und demselben Kuchennamen gibt – und wie verschieden sie schmecken können!
Die Handvoll Männer stand eher am Holzbackofen, schob die Brote, Kuchen und Plätzchen hinein, philosophierte über Brotrezepte, Backzeiten, Fußball und Autos, klopfte testweise die fast fertigen Brote ab, um ihren Backzustand zu erahnen, und zog gekonnt alles zu seiner Zeit wieder aus dem Backofen.
„Was haltet ihr davon, wenn wir demnächst einen Männerbacktag machen?“
„Du, dann hauen wir aber einen Kassler in den Ofen rein! Oder wir machen Schweinshaxen!“
„Die Idee ist gut!“
Es wurde alles probiert: Plätzchen, Lebkuchen, die verschiedensten Brotsorten, diverse Kuchen und natürlich auch die Stollen.
„Mensch, das ist ja lecker! Kannst du mir das Rezept davon geben?“ – gern gehörte Worte, die wie ein Ritterschlag wirkten.
Irgendwann, es war schon Nachmittag, kamen auch die Pizzen in den Backofen, die dann zu Rotwein und italienischer Musik mit Genuss verzehrt wurden.
Was meinen Sie: Kann man so nicht wunderbar einen diesigen Novembertag in geselliger Runde verbringen?
Macht es nicht Spaß, dem Leben auf diese Art den nötigen Pfiff zu geben?
Seien Sie doch gern beim nächsten Mal einfach mit von der Partie – genießen Sie das Leben!
Vielleicht finden Sie ja gerade hier in der Gemeinde Gnevkow das Plätzchen für Ihr Leben, über das Sie seit geraumer Zeit nachdenken!