Titel Logo
Anklam StadtZeitung
Ausgabe 10/2025
Kultur
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Museumsticker

"Umsiedler-Pass" Familie Schukat

Ostpreußengruppe aus MV 2018 vor der Gedenkanlage in Mikieten

Denkmal für die "Wolfskinder" in Mikieten (Litauen) nördlich der Memel bei Tilsit

Autor: Manfred Schülke, Ergänzungen Sabine Görner

Vom langen Weg der ostpreußischen Wolfskinder

Gut besuchter Vortragsabend mit Dr. Christopher Spatz in Anklam

Anklam. - Zu einem besonderen Vortragsabend hatten die Hansestadt Anklam und der Bund der Vertriebenen am 18. September 2025 in das ehemalige Wehrmachtgefängnis eingeladen. In der heutigen Gedenkstätte war die Wanderausstellung „Stillgeschwiegen! Die Vertriebenen in der SBZ und DDR“ vom BdV aus Bonn zu besichtigen. Zu den sehenswerten und informativen Exponaten und Statistiken konnte der Landesvorsitzende der Ostpreußen im MV, Manfred Schukat, den sogenannten „Umsiedler-Pass“ seiner Eltern beisteuern. Die Ausstellung belegt die Unterdrückung jeglicher landsmannschaftlichen Identität oder gar Betätigung der Flüchtlinge und Vertriebenen durch die sowjetische Besatzungsmacht und die SED.

Zum Abschluss dieser Ausstellung hatte das regionalgeschichtliche Museum Herrn Dr. Christopher Spatz von Bremen nach Anklam eingeladen. Fast 100 Besucher lauschten reglos seinem spannenden, fundierten und detailreichen Bericht über den „Langen Weg der ostpreußischen Wolfskinder“. Dem Referenten spürte man bei aller Sachlichkeit eine große, während seiner Studien gewachsene Empathie für das besondere Schicksal der ostpreußischen Hungerkinder ab. Er zeichnete die Vorgeschichte und blendete auch die Leiden der russischen Kinder in Leningrad, Kiew und den anderen von Nazi-Deutschland besetzten Gebieten nicht aus. Als 1945 der Krieg mit voller Wucht über Ostpreußen hereinbrach, kämpften die im sowjetisch gewordenen Teil der Provinz verbliebenen Menschen um das nackte Überleben. Die Todesrate infolge von Gewalt, Typhus und Hunger lag bei mindestens 50 Prozent. Enteignet, entwurzelt, entrechtet traf es vor allem die Kinder, die zu großen Teilen zum Betteln nach Litauen gingen. Besonders bedrückend war, als Dr. Spatz auf konkrete Schicksale zu sprechen kam. Es war eine bilderarme Zeit, von der es kaum Aufnahmen gibt. Während seiner Doktorarbeit kam der Autor des Buches "Nur der Himmel blieb derselbe - Ostpreußens Hungerkinder erzählen vom Überleben" mit vielen Betroffenen und Zeitzeugen in Kontakt. Die Fotos dieser nun alt gewordenen Überlebenden berührten zutiefst. Für seine Ausführungen bekam der Referent lang anhaltenden Applaus.

Von den Besuchern wurden persönliche Begegnungen mit Wolfskindern aus dem Raum Anklam beigesteuert, so mit den Geschwistern Inge Hagemeister und Horst Gutzeit aus Kalgen und Helga Hering geb. Woweries aus Königsberg. Auch von einem Themenabend in der Litauischen Botschaft Berlin zum Thema „Wolfskinder“, den Landesvorsitzender Manfred Schukat auf Einladung des damaligen Botschafters Deividas Matulionis vor 15 Jahren leitete, gab es einen Rückblick. Herrn Dr. Spatz ist für seinen Einsatz sehr zu danken und für die weitere Publikation dieses aussterbenden Themas viel Erfolg zu wünschen.