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Anklam StadtZeitung
Ausgabe 4/2024
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Buchbesprechung:

Foto: https://www.dtv.de/buch/ein-garten-offenbart-sich-28405

Katrin de Vries: Ein Garten offenbart sich.

Erzählung von einem anderen Leben. München: dtv, 2024

Was für ein Buch ist das eigentlich? Ist es ein Gartenratgeber, eine Familiengeschichte, ein Pflanzen-Almanach oder ein autobiografischer Roman? Ich denke, von allem ein bisschen. Katrin de Vries schreibt leicht, flüssig und in kurzen, klaren Sätzen. Es liest sich gut, die Sprachmelodie ist sogleich auf den ersten Seiten sehr eingängig. Und doch beschleicht den Lesenden bereits im ersten Kapitel die Frage, wozu dient dieses Buch? Es ist überaus spannend zu lesen, wie die Autorin mit ihrem Ehemann und ihren beiden Söhnen vor Jahren ein Grundstück übernommen und darin einen wilden Garten angelegt haben. Zunächst einfach aus Faulheit, weil sie nicht mehr jede Woche den Rasen akkurat auf Linie schneiden wollten, dann aus Neugier und Passion. Und es ist wunderschön geworden. Ein Paradies für allerlei Pflanzen und Tiere, nützliche und einfach nur schöne, und vor allem viel Natur, natürliches Wachstum und neu geschaffene Symbiosen. Es ist ein Nutzgarten, aber vor allem ein Lehrbuch des Naturkreislaufs aus Werden, Sein und Vergehen. Und diesen Kreislauf beschreibt Katrin de Vries auch in ihren Erinnerungen an die Groß- und Urgroßeltern, die sich auf einem kleinen Stück Acker Kartoffeln ziehen, im ostfriesischen Rheiderland, einem Landstrich im Nordwesten Deutschlands, zwischen Ems und Dollart. Man kann dieses Bändchen am Stück durchlesen, staunend, was die Natur alles zu bieten hat, und neugierig, welche Pflanzen nebeneinander gedeihen können. Nebenbei taucht man ein in die ganz eigene Kultur der Ostfriesen, und bewundert immer wieder den Durchhaltewillen und den Fleiß von Bauern zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Wer allerdings einen Gartenratgeber sucht und hinter dem Titel vermutet, der ist wohl beraten, sich einen Notizblock neben das Sofa zu legen, worin man die zahlreichen praktischen Tipps zum Anbau und Schnitt von Nutzpflanzen notieren kann, nicht ohne gleichzeitig neue, unbekannte Sorten für den nächsten Einkauf im Baumarkt oder als Ableger vom Nachbarn zu entdecken, sei es Baum, Strauch, Pflanzen für die Beete oder Staude. Ohne diesen Spickzettel hat man wunderbare Unterhaltung und kurzweilige Lesestunden, aber eben keinen Tipp für das eigene Gärtnern.

Ein gelungenes Buch aus einer ganz eigenen Sparte, eine Erzählung von einem Lebensentwurf des einfachen Landlebens mit der Devise: Zurück zur Natur. Eben ein anderes Leben, wie es der Untertitel verspricht. Wer nichts erwartet, sondern sich ganz auf dieses Buch einlässt, der wird reichlich belohnt.