Ich möchte es nicht, dass sie weggehen. Nicht jetzt, nicht morgen und auch nicht übermorgen. Ich möchte es überhaupt nicht!
Aber ich halte mich ja nicht für dumm. Ich weiß, dass es wieder so kommen wird. Die Schwalben zwitschern es von den Dächern: die Lebensmittel zu knapp, die Wohnungen zu kalt, das Wetter zu nass. Irgendeinen Grund gibt es immer!
Und dann das Gerede der Leute:
„Was haben Sie überhaupt hier zu suchen?“
„Sie sind nur für das schöne Wetter hier. Sollen sie doch bleiben, wo sie herkommen!“
„Wir mussten uns auch entscheiden. Rein und raus, hin und her. Das geht doch nicht!“
Und doch passiert es so. Jahrein. Jahraus. Immer wieder. Der Vogelzug ist schon eine merkwürdige Sache! Tausende Kilometer legen diese kleinen Dinger zurück. Über Berge und Täler, Meere und Wüsten, duftende Blütenwiesen und qualmende Schornsteine!
Sehen sie in ihrem Flug den Stau auf unseren Straßen oder die Boote in Seenot auf dem Meer? Haben sie eine Meinung zu den Krisengebieten, die sie durchfliegen, zu Krieg, Hunger und Elend?
Wenn man derzeit manche Einträge in den sogenannten sozialen Medien liest, könnte man denken, Barth ist einer der schlimmsten Orte auf der Welt.
Ich freue mich jetzt bereits auf die Wiederkehr der Zugvögel im nächsten Frühling. Könnten sie uns doch nur berichten, was sie auf ihrer langen Reise alles gesehen haben: vielleicht würde es uns ja helfen, besser zu verstehen, dass unsere kleine Stadt Barth – bei aller berechtigten Kritik an manchen Zuständen – doch nicht der schlimmste Platz auf dieser Welt zum Leben ist!