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Barther Boddenblick
Ausgabe 11/2025
Nichtamtlicher Teil
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Hausgeschichte(n) aus dem Papenhof Teil 4: Der alte Struck und sein freies Papengehöft (1. Teil)

Strucks selbst angefertigtes Siegel für seinen Papenhof: „Gerichts-Siegel des Papengehöffts in Bard“

Unter allen Eigentümern des Papenhofes stellt sich der alte Jacob Andreas Struck als der merkwürdigste heraus. Eine kurze Zusammenfassung seiner Eigentümlichkeiten verfasste Dr. Carl Bindemann, Superintendent in Grimmen und Professor der Theologie an der Universität Greifswald in seinem Buch „Rückblicke auf Leben und Amt“:

Das Geheimniß, welches den Papenhof umschwebte, wurde noch durch dessen höchst sonderbaren Bewohner gesteigert. Ein einsamer Greis mit bedeutendem Vermögen führte dort ein einsiedlerisches Leben. Nur wenige von dem aufwachsenden Geschlecht hatten ihn gesehen, weil er seit vielen Jahren sein Haus nicht mehr verlassen und wohl kaum sogar die untern Räume desselben, wo eine Verwandte ihm die Wirthschaft besorgte, betreten hatte. Die mildeste Julisonne vermochte nicht ihn in den Garten, der sich unter seinen Fenstern ausbreitete, hinaus zu locken. Er hatte studirt und sich in seiner Jugend weltgewandt in adligen Kreisen bewegt. Eine Anzahl Ahnenbilder, die er überkommen oder angekauft und an den Wänden des geräumigen obern Hausflurs vertheilt hatte, wiesen auf jene Zeit zurück. In seinem Alter wurde er nur von einzelnen Freunden besucht. Er las, schrieb, verwaltete seine Vermögensangelegenheiten, befaßte sich auch wohl aus Neigung und Gefälligkeit mit Geldangelegenheiten von Personen, an denen er näheres Interesse nahm, und spielte die Harfe. Mir war der Papenhof nicht ganz unzugänglich, und ich erinnere mich noch des gemischten Gefühls, welches mich vorwärts und wieder zurückzog, wenn ich die Treppe zu dem obern Stockwerke hinaufstieg, zu den Ahnenbildern aufblickte und hinblickte auf die Thür, die zu den Zimmern führte, welche der seltsame Greis bewohnte und aus welchen zuweilen Harfenklänge hervortönten. Als er endlich gestorben war, erwies sich auch sein Testament noch wunderlich. Ein sehr ansehnliches Kapital war zu milden Stiftungen bestimmt. Aber erst in ferner Zeit sollten die Stiftungen ins Leben treten“.

Obwohl sich Kindheitserinnerungen oft als emotional aufgeladen und sehr lückenhaft herausstellen, treffen nach den vorliegenden Erkenntnissen alle Aussagen Bindemanns zu. Jacob Andreas war das zweite von dreizehn Kindern des akademischen Buchdruckers in Greifswald Hieronymus Johann Struck. Der älteste Sohn übernahm die Druckerei des Vaters während Jacob Theologie studierte. Wie sein Lebensweg nach dem Studium aussah oder an welche Orte ihn dieser führte, liegt momentan noch im Verborgenen. Erst 1793 taucht er wieder in den Quellen als Eigentümer des Papenhofes im Alter von 49 Jahren auf.

Am 21. März 1793 wurde die „Pfaffen-Collation“ vom Kammerherrn Carl Christoph von Usedom an Struck für 2.000 Reichsthaler verkauft und zwar nicht nur cum pertinentiis (mit allem Zubehör) sondern auch nebst allen „Prärogativen Freyheiten“, d.h. inklusive aller Vorrechte, die historisch und rechtlich verliehen wurden. Also alle Freiheiten und Immunitäten, namentlich die Steuerfreiheit, die dem Papenhof als ehemals fürstlicher Besitz erhalten geblieben waren und ihm seine Ausnahmestellung verliehen. Diese Sonderrechte hat man 1709 und 1760 vergeblich angefochten, was Struck nur ermutigte, diese weiterhin zu verteidigen. Er hatte sich eigens dafür ein Gerichts-Siegel für sein Papengehöft anfertigen lassen, das einen Baumstumpf neben einem Strauch abbildet. Eine Anspielung auf seinen Namen, da der Strauch auf Plattdeutsch „Struk“ genannt wird. Struck war auch derjenige, der um 1800 den heute geläufigen Namen „Papenhof“ etablierte. Davor wurde er meistens als Papen-Kollatie bezeichnet. Man mag auch „Papenklas“ gesagt haben, ein plattdeutscher Begriff, der sich auf das Festessen als abendlicher Abschluss einer Zusammenkunft der Kalandbruderschaft bezog. Der Ausdruck ist für Wismar und Lübeck nachweisbar.

Schon als der Kammerherr von Usedom den Papenhof besaß und noch bis 1794 wohnte dort eine verwitwete Kammerherrin von Knuth mit ihren beiden Söhnen als Mieterin. Nach dem Eigentumswechsel zu Struck zog sie im Sommer in die Pfarrwohnung des Diakonus Dohrn, da sie ihre beiden Söhne weiterhin zum Unterricht des Rektors Masius zu schicken wünschte. Dohrn vermietete seine Pfarrwohnung jedoch ohne vorher die Zustimmung des Präpositus Metzger einzuholen, was einen kleinen gerichtlichen Prozess zur Folge hatte. Aber das ist eine andere Geschichte.

Struck hatte sich indessen im oberen Geschoss des Papenhofes sein neues Refugium eingerichtet und zwei Dienstmädchen zur Unterhaltung eingestellt. Die Behauptung Bindemanns, sein Dienstmädchen sei eine Verwandte, legt nahe, dass es sich dabei um seine Nichte Helene Struck gehandelt haben könnte. Diese zog allerdings erst sehr viel später, um 1820 ein.

1799 begann Struck schon erste Auseinandersetzungen mit den benachbarten Besitzern aufgrund ihrer fünf anstoßenden Gärten. Diese hatten dort nämlich eine „ungebührliche“ Erderhöhung vorgenommen, wodurch Nässe durch die hoch anliegende Erde in die Mauer gelangte und die Steine verdorben hatte. Diese Mauer des Papengehöfts wurde vom Maurer-Altermann Dettmann um 1780 zwischen zwei verschiedenen Jurisdiktionen und Territorien errichtet. Nach damaligen Gesetzten mussten die angrenzenden Gärten wenigstens 5 Fuß von der Gartenbefriedung der Papencollatie entfernt bleiben. Struck zeigte sich hier noch vergleichsweise gütig und veranlasste die Reparatur ohne weitere Streitigkeiten anzufangen. In den folgenden Jahren sollte es aber wiederholt zu Zwistigkeiten zwischen dem Papengehöft-Besitzer und der Stadt Barth kommen, die eine nähere Ausführung verdienen.

(Fortsetzung folgt.)

Christian Schumacher
Museum Papenhof Barth