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Barther Boddenblick
Ausgabe 3/2023
Nichtamtlicher Teil
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Exponat des Monats im Vineta-Museum der Stadt Barth

Kriegstagebuch, vom 10. März bis 09. April im Vineta-Museum zu sehen

In seinem „Kriegstagebuch“ skizziert Gillette seinen Absturz in Bitburg und seine Ankunft in Barth.

Am Ostersonntag 1945 bekam derjenige, der einen Knopf in seinen Keks fand als „Gewinn“ einen sogenannten „D-Bar“ - einen militärischen Rationsriegel.

„Sack Time“ (Schlaf) war nach dieser Karikatur das einzige, wovon die amerikanischen Offiziere genug hatten. Eine Dusche gab es nur einmal im Monat.

„Jerry Stew“- ein „extrem dünner“ Eintopf wurde täglich in der Kantine serviert. Eine kleine Portion ohne Geschmack.

Ein kleines, unscheinbares Zeitzeugnis hat seinen Weg aus einem Laden für antiquarische Bücher in Manhattan, New York zurück zu seinem Entstehungsort in Barth gefunden. Das Kriegstagebuch eines amerikanischen Offiziers namens Charles Frederick Gillette, das seine Zeit in Stalag Luft 1 Barth mittels karikaturistischen Zeichnungen darstellt. Damit reiht es sich wie ein winziges Puzzleteil in die zwischen 1942 und 1945 entstandenen, amerikanischen „Kriegskunstwerke“ ein. Offizielle Karikaturisten der amerikanischen Streitkräfte, aber auch einfache Soldaten verzierten in dieser Zeit mit Cartoons, Graffiti, Wandgemälden und „Pinups“ ihre Fahr- und Flugzeuge sowie Gebäude des Militärs.

Stalag Luft 1 entstand 1940 als Kriegsgefangenenlager für Angehörige der westalliierten Luftstreitkräfte. Es war eines von mehr als 130 Kriegsgefangenenlagern, die sich auf das Reichsgebiet und das deutsch besetzte Westpolen verteilten. Im Januar 1945, zu diesem Zeitpunkt war die Ankunft des Amerikaners Gillette in Barth, befanden sich dort bereits 5.906 Kriegsgefangene. Ende April 1945 waren in dem so genannten Stammlager Barth schon 10.000 Angehörige der alliierten Luftstreitkräfte inhaftiert. Zum Ende hatten sich die Kriegsgefangenen de facto selbst befreit und die Rote Armee hatte das Lager erst am 2. Mai 1945 erreicht.

Charles Gillette ist am 29.01 1924 in San Antonio (Texas) geboren. Mit dem Rang eines Second Lieutenant diente er in den Einheiten „452nd Bomb Group“ und „731st Bomb Squadron“ der 8. US-Luftflotte, die im Januar 1942 nach dem Kriegseintritt der USA aufgestellt wurde. Als Co-Pilot war er zusammen mit 8 weiteren Crew-Mitgliedern in der B-17 „Mon Tete Rouge II“, einem Standardflugzeug der US-Luftflotte, unterwegs nach Deutschland. Am 04. Dezember 1944 wurde das Flugzeug durch die deutsche FLAK abgeschossen und stürzte bei Bitburg ab. Der Flugingenieur und zwei Schützen konnten nach dem Absturz nicht aus dem Wrack geborgen werden und die Überlebenden nebst Gillette wurden Kriegsgefangene. Einen Monat später, am 04. Januar 1945, kam Charles Gillette in Barth, Stalag Luft I an und blieb dort bis zur Befreiung und Evakuierung der Gefangenen im Mai 1945.

Nach seiner Hochzeit 1950, im Alter von 26 Jahren, diente Gillette im Koreakrieg und ebenfalls im darauffolgenden Vietnamkrieg. Wie lange er jeweils dort im Einsatz war ist unbekannt, jedoch ist er nur ein knappes Jahr nach dem Ende des Vietnamkrieges gestorben, am 16.02.1976 in Riverside (California) im Alter von 52 Jahren. Er hinterließ seine Frau und vier Kinder.