Am 10. April 1867 schlossen der Schiffbauunternehmer Johann Jochim Georg Holzerland (1817 - 1900) und die Stadt Barth einen Vertrag über die Überlassung eines städtischen Grundstücks am Barther Bodden zum Anlegen einer Schiffswerft.
Für den aus Bodstedt gebürtigen Schiffbaumeister Johann Jochim Georg Holzerland war das neue Areal nicht der erste Barther Schiffbauplatz. Bereits seit 1854 betrieb er eine Werft an der Barthe-Brücke, auf der bis 1868 mindestens 26 Schiffe, überwiegend Briggs, Schoner und Barken, mit einer Tragfähigkeit von bis zu 275 preußischen Normallast (550 Tonnen) vom Stapel liefen. Auftraggeber und Betreiber waren Schiffer und Reeder aus Barth und Stralsund sowie aus Breege und Wieck auf der Insel Rügen.
Die neue Werft nahm am 17. August 1867 als die "Holzerland`sche Werft am Dammtor" ihren Betrieb auf. Als erster Schiffsneubau lief 1868 die Bark Johann Holzerland mit einer Tragfähigkeit von 223 Last (446 Tonnen) für den Reeder J. C. Beug vom Stapel. Das Schiff strandete in der Nacht vom 1. zum 2. November 1879 unter der Führung von Kapitän L. Ziepcke auf der Reise von Rotterdam nach Buenos Aires bei Rio Grande do Sul/Brasilien. Bis 1873 entstanden sieben weitere größere Schiffsneubauten, darunter die Bark Treue mit 307 Last das größte je bei Holzerland gebaute Schiff. Die Treue verbrannte 1884 auf der Reise von Liverpool nach Buenos Aires mit Stückgütern beladen auf dem Atlantik.
1874 entschloss sich Johann Holzerland, den Werftbetrieb auf seinen 28-jährigen Sohn Carl (1846 - 1927) zu übertragen. Dieser hatte die Schiffbauschule zu Grabow bei Stettin besucht und leitete die Geschäfte bereits fast selbstständig. Unter ihm gelang der Übergang vom Bau größerer hölzerner Seeschiffe zu Schiffsneubauten für die Kleinschifffahrt. Bereits Mitte der 1870er Jahre wurde ein Rückgang der Nachfrage nach großen Seeschiffen spürbar. So verzeichneten die Barther Reedereien 1876 noch den Zugang von 12 Seeschiffen aus heimischer Produktion, 1878 nur noch vier und 1880 wurde nur noch ein Neubau registriert. War bisher der Bau von Galeassen, Jachten oder Gaffelschonern eher die Ausnahme, so richtete sich die Werft nun zunehmend auf die Produktion dieser Schiffe aus. So gelang es Carl Holzerland, seine Werft erfolgreich durch die Krise im Schiffbau zu führen, wohingegen alle anderen Barther Werften nach und nach aufgeben mussten. Insgesamt wurden unter der Leitung von Carl Holzerland 55 Frachtsegelschiffe, überwiegend Galeassen und Schoner, gebaut. Das größte Schiff, das während der Zeit von Carl Holzerland vom Stapel lief, war die Brigg Albert Reimann im Jahr 1876 mit einer Tragfähigkeit von 150 Last.
Mit den Dreimastgaffelschonern erfolgte unter Carl Holzerland jun. die Spezialisierung auf einen neuen Schiffstyp. 1915 wurde mit der Meta der erste Neubau dieser Art fertiggestellt. Nach sieben weiteren Schiffsneubauten endete 1926 mit der Fertigstellung des Jacht-Schoners Anna für den Wustrower Schiffer Peter F. Dahm der Bau von Frachtsegelschiffen auf der Holzerland-Werft und damit in Pommern. Danach wurden auf der Werft noch einige kleinere Fischereifahrzeuge gebaut. Mit dem Tod von Carl Holzerland jun. im Jahr 1935 kam der Betrieb der Werft schließlich endgültig zum Erliegen. Unter Johann, Carl sen. Und Carl jun. entstanden zwischen 1853 und 1926 mindestens 95 Segelschiffe für die Frachtschifffahrt. Die Holzerland-Werft war damit die produktivste und langlebigste auf den Bau von hölzernen Segelschiffen spezialisierte Werft Pommerns.
Nach dem Zweiten Weltkrieg pachtete Gustav Sanitz das Werftgelände von Margarete Kurzweil, der Schwester von Carl Holzerland, jun. Im Jahr 1948 begann der Bau von 17-Meter-Kuttern. Nachdem Gustav Sanitz 1953 in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt war, verkaufte Margarte Kurzweil die Werft an die Stadt Barth. Es erfolgte die Gründung des VEB Bootsbau- und Reparaturwerft Barth. 1991 erfolgte die Gründung der Schiffswerft Barth GmbH. 1992 erwarb Klaus Stephan Reeckmann die Werft von der Treuhandanstalt. Heute gehört die Schiffswerft Barth zu den modernsten Reparaturwerften Mecklenburg-Vorpommerns.
2027 begehen wir in Barth den 100. Todestag von Carl Holzerland. Carl Holzerland zählt zu Barths Ehrenbürgern.
Es gibt nicht mehr viel Fotomaterial oder ähnliches aus dem Wirken von Holzerland. Wer noch in Besitz von Fotomaterial oder Gegenständen aus der Holzerlandwerft ist, kann sich gern mit uns in Verbindung setzen. Wir planen für 2027 eine Sonderausstellung im Windjammer-Museum in der Hafenstraße.
Mario Galepp
Vorsitzender Barther Heimatverein e.V.
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