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Barther Boddenblick
Ausgabe 3/2025
Nichtamtlicher Teil
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Exponat des Monats im Vineta-Museum

(Hirschbrunft im Barther Wald, 98 x 62 cm, Öl auf Lw.)

(Zerstörte Kirche in Verdun, Zeichnung von 1917)

Wisente im Darßer Wald von 1955 ist ein Gemälde, das wie die meisten Werke Max Blumenbergs direkt der Natur entsprungen scheint und zeugt von dem sicheren Blick des Malers, der den Wald und dessen tierische Bewohner bis ins feinste Detail verinnerlichte. Man sieht ein kleines Stück Darßer Wald in seiner wilden Schönheit mit alten Buchen und Birken, deren Blätter vom Herbst schon ganz entkleidet wurden. Herumliegendes Holz zeugt auch von dem Vergehen der Natur und nur noch die Nadelbäume im Hintergrund bringen etwas Grün in das ansonsten herbstlich dominierte Bild. Die Protagonisten der Szene sind zwei Wisente, von denen es bis ca. 1945 noch wenige im Darßer Wald gegeben hat. Bei Waren an der Müritz waren die urigen Rinder noch zu DDR-Zeiten vorhanden. Eine ganz ähnliche Atmosphäre begleitet sein Bild „Hirschbrunft im Barther Wald“, auf dem ein großer Geweihträger seinen Sehnsuchtsruf durch den Wald tönen lässt. Der Künstler beschäftigte sich ausgiebig mit diesem von ihm auserwählten Lieblingsthema, dem Wald und den darin lebenden Tieren.

Max Walter Albert Bernhard Blumenberg ist am 03. Februar 1886 als viertes von sieben Geschwistern in Franzburg geboren. Seine Eltern waren Bertha Wilhelmine Claudia geb. Tessendorf, die aus einer Lehrerfamilie stammte, und Franz August Julius Blumenberg. Sein Vater arbeitete als Buchbindermeister und kam ursprünglich aus Greifenberg an der Rega in Hinterpommern, wo er die Privat-Vorbereitungsschule von Fräulein Auguste Delique und bis zur Konfirmation das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium besuchte. Danach begann er seine Lehre zum Buchbinder bei seinem Großonkel Hermann Bartolein in Freienwalde. Anschließend begab er sich auf Wanderschaft und arbeitete u.a. in Hannover, Bielefeld, Oldesloe und Berlin. Um 1876 kam er nach Greifenberg zurück und führte für zwei Jahre das Geschäft der Eltern. Durch seinen Bruder und den Postverwalter Dabels kam er nach Franzburg, wo man einen Nachfolger für den alten Buchbindermeister suchte, da dieser für das dortige Landratsamt und Lehrerseminar unverzichtbar gewesen ist. 1879 lernte er seine spätere Ehefrau Berta Tessendorf kennen. Franz war auch im Gemeinde Kirchenrat und Mitglied des Schützenvereins von Franzburg, wo er 1901 und 1908 zum Schützenkönig ernannt wurde. Auch in dem hiesigen Vorschuß-Verein, Gewerbeverein und der Sterbekasse war er ein aktives Mitglied. 1929 feierte er das 50-jährige Bestehen seines Geschäfts.

Max begann seine Malerlehre in Greifenberg, der Geburtsstadt seines Vaters, und konnte im Anschluss erste berufliche Erfolge als Dekorationsmaler in Stralsund, Stettin und Bromberg verzeichnen. 1909 fasste er den Entschluss die Kunstgewerbeschule Berlin-Charlottenburg für zwei Semester zu besuchen, um endlich auch seine künstlerisch-malerischen Fertigkeiten zu bilden. Schon kurz danach im Jahre 1911 erfolgte die Übersiedlung nach Barth, wo er ebenfalls als Malermeister tätig wurde. Ein Jahr später heiratete er Johanna Gruel in Stettin.

Ab 1914 wurde er an die Front des Ersten Weltkrieges eingezogen, kam aber aufgrund einer Verwundung nach einem Jahr zurück in die Heimat. Er konnte um 1916 die Kunstgewerbeschule Stettin für ein Semester besuchen, wo er Schüler von Prof. Oswald Polte wurde, der in Breslau Keramik, Malerei, Grafik, Glasmalerei und dekoratives Zeichnen studierte und somit als Dozent ein breites Spektrum künstlerischer Medien vermitteln konnte. Polte war auch Mitbegründer des Pommerschen Künstlerbundes, der Blumenberg 1929 als Mitglied aufnahm. Nur ein Jahr war ihm hier vergönnt als er schon 1917 erneut eingezogen wurde, diese Mal jedoch nicht als bewaffneter Soldat sondern als Kriegsmaler. Dabei entstand u.a. seine unter heulenden Granaten gefertigte Zeichnung „Zerstörte Kirche in Verdun“, welche 1918 in einer Sonderausstellung in Montmedy (Frankreich) einen Preis erhielt und wurde 1922 auf der Kunstgewerbeausstellung in Greifswald nochmals gezeigt, wo er ebenfalls eine Auszeichnung erhielt. Trotzdem konnte Blumenberg sich noch nicht voll und ganz auf seine künstlerische Laufbahn konzentrieren, da die Nachkriegszeit den Künstler wieder in die handwerkliche Tätigkeit trieb, um auch für die Familie über die Runden zu kommen. Daneben arbeitete er nebenamtlich als Lehrer an den Berufsschulen in Barth und Stettin.

Es schalteten sich dennoch einige Erfolge als Künstler ein als er z.B. 1921 den 1. Preis für den Entwurf der Ehrentafel für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs (in der Marienkirche) durch eine Jury unter Vorsitz von Louis Douzette erhielt. Auch das alte Ehrenmal für die im Ersten Weltkrieg gefallenen 286 Söhne der Stadt Barth, das auf dem heutigen Platz der Freiheit stand, wurde nach seinem Entwurf in der Werkstatt des Steinbildhauers Manteufel unter der Leitung des Bildhauers Pölz aus Oberfranken gefertigt. Die 2,70 Meter hohe Figur aus Sandstein wurde dort 1930 aufgestellt. Ein weiteres öffentliches Kunstwerk ist das Gemälde Barth vom Borgwall aus gesehen, das sich im großen Sitzungssaal im Rathaus befindet.

Künstlerisch bewegte Blumenberg sich fernab der Kunstepochen seiner Zeit und ließ sich bei der Gestaltung seiner Bilder von seinem Leitsatz „die Natur ist mein bester Lehrmeister“ nicht abbringen. Lange Zeit bestand eine Fehde zwischen ihm und anderen Künstlern wie Franz Höhne und Theodor Schultze-Jasmer, die ihn wiederholt denunzierten und u.a. seine Teilnahme an einigen Ausstellungen verhinderten. In einer Stellungnahme teilte Blumenberg ebenfalls aus und befand, dass die Gemälde von Höhne und Jasmer auf Jahrmärkten und Karussells Verwendung finden könnten, wohl nicht aber auf Ausstellungen. Blumenberg und Schultze-Jasmer waren beide Mitglieder des Pommerschen Künstlerbunds, der Reichskammer der bildenden Künste und später auch des Verbandes bildender Künstler (DDR), wo sie bestimmt für interessante Spannungen gesorgt haben.

In den folgenden Jahren ist der Künstler zunehmend bei Ausstellungen präsent, wie etwa 1932 in Stettin oder 1936 bei der ersten Kunstausstellung des Kreises Franzburg-Barth. Trotzdem schaltete sich eine wohlverdiente öffentliche Anerkennung erst nach 1948 ein. Zu dieser Zeit arbeitete er wieder als Lehrer für Kunst und Zeichnen in Barth, u.a. in der Ernst-Moritz-Arndt-Schule in der Turmstraße. In diesem Jahr verstarb seine Tochter Christel, sein einziges Kind, schon im Alter von 33 Jahren. In den 50er Jahren ist Blumenberg als Mitarbeiter des Heimatmuseums unter der Leitung des Lehrers Kurt Fehlberg. Hier konnte er nicht nur seine malerischen Kenntnisse einbringen, sondern auch seine naturwissenschaftlichen. Er verfügte privat über eine fundierte Sammlung von Jagdtrophäen, Geweihen, Tierpräparaten und einer großen Insektensammlung und auch das Barther Heimatmuseum besaß in dieser Zeit noch eine kleine naturwissenschaftliche Sammlung wie z.B. Schmetterlingsglaskästen oder versteinerte Greifenklauen. Aber selbst diese waren nur noch die erhalten gebliebenen Überreste der nach dem Zweiten Weltkrieg verschollenen Sammlungsbestandteile des einstigen Heimatmuseums unter Ruffert und Gülzow. Als Nachfolger war auch Fehlberg, mit der Hilfe von Blumenberg, bestrebt, die Sammlungen des Museums zu erhalten und unterzubringen. Räumlichkeiten im Rathaus wurden dafür verwendet, die aber schon bald abgegeben werden mussten, wodurch ein Umzug in die Lange Straße 16 erfolgte, wo zuvor die Volkspolizei ihren Sitz hatte. Aber auch hier musste das Museum ab 1960 der Ortsleitung der SED weichen und wieder verschlug es die Sammlung zurück in zwei Räume des Rathauses. Bereits 1961 gab es den Vorschlag das Museum im Papenhof unterzubringen, der aber von der Bezirkskommission abgelehnt wurde. Nun war der Künstler schon im Ruhestand aber immer noch nicht untätig. Mit 75 Jahren war er der Begründer des Malzirkels „Junge Palette“ im HdW und gab allgemein sein Wissen auch weiter, so gilt Rüdiger Nix als sein letzter Schüler. Eine kleine Ehrung erhielt er zu seinem 80. Geburtstag in Form einer Schaufensterausstellung, doch eine umfassende Ausstellung seines Schaffens wurde erst viel später, 2009 durch das Vineta-Museum, verwirklicht. Am 15. Februar 1969 verstarb der Künstler der Natur mit 83 Jahren.

Christian Schumacher
Vineta-Museum der Stadt Barth