Links ehemaliges Kornhaus, rechts ehemaliges Lagerhaus (Dampfmühle), das weiße Verbindungsbauwerk fungierte als Verladerampe
Nachträglich eingebautes Treppenhaus in der Dampfmühle (1906)
Handzeichnung 1897 (Archiv Stadt Barth)
Handzeichnung, Auszug bearbeitet, mit Dampfmühle und "Silo-Halbinsel"
Zwei große, nicht zu übersehende Bauten am Bollwerk dominieren das Bild des Osthafens. Im Stadtarchiv lagernde früheste Entwürfe dazu tragen das Datum 5. März 1897. Wilhelm Bülow allerdings schreibt in seiner Chronik von 1922, die Dampfmühle sei bereits am 1. Oktober 1896 in Betrieb gegangen.
Federführend an der Projektierung und Ausrüstung war die auf Lagerhaus- und Getreidespeicher-Einrichtungen spezialisierte Firma Gebrüder Weismüller Maschinenfabrik in Frankfurt am Main. Weismüller unterscheidet in den Dokumenten zwischen Projekt I und Projekt II. Mit Projekt I ist der am östlichen Bollwerk stehende Getreidespeicher, seit 1998 Hotel Speicher Barth gemeint. Unter dem Arbeitstitel Projekt II wurde das Lagerhaus mit der Dampfmühle geführt. Hierin befindet sich heute die Speicher Residenz Barth mit Ferienwohnungen.
Soweit aus den Dokumenten im Stadtarchiv ersichtlich wird, war der Auftraggeber die Pommersche Landwirtschaftliche Hauptgenossenschaft Stettin. Als Betreiber des Kornspeichers und des Lagerhauses fungierte eine eigens zu diesem Zweck gegründete Silogenossenschaft. Bereits ein Jahr darauf war die Genossenschaft zahlungsunfähig, sie musste aufgelöst werden. Woran das nun letztlich gelegen haben mag, geht aus den Archivunterlagen jedoch nicht hervor. Als Folge kamen die Gebäude in Staatsbesitz, also an die Kommune. Von dieser hatte es die erst im Dezember 1902 tätig gewordene Barther Landwirtschaftliche Bank GmbH vormals Wilhelm Kobes als Pächterin übernommen. Außer dem angestammten Getreidegeschäft erweiterte die Bank unter der Leitung von Wilhelm Kobes ihre unternehmerischen Aktivitäten um den Handel mit Kunstdüngern.
Jahre nach der Errichtung des Lagerhauses erstellte die Firma Weismüller dann ein Projekt zum Einbau eines massiven Treppenhauses in die Dampfmühle. Diese Pläne fanden im Mai 1906 die Zustimmung der Landwirtschaftlichen Bank Barth, den Bauauftrag dafür ließ Kobes der Firma Gebr. Wendt zukommen. Weshalb das Treppenhaus aber erst nachträglich hinzu kam, ist unklar. Vermuten könnte man einen Zusammenhang mit dem laut Archivakten erfolgten Bau eines weiteren Speichers östlich der Dampfmühle. Denn Wilhelm Kobes wandte sich im April 1904 an den Magistrat: "Wir beabsichtigen, einen Kornspeicher zu bauen und möchten einen Wohllöbl. Magistrat ergebenst bitten, uns von dem Terrain östlich der Dampfmühle ca. 30/40 mtr. in der Länge und ca. 40 mtr. in der Tiefe verkaufen und gefl. mitteilen zu wollen, zu welchem Preis Sie dazu geneigt wären?"
Dem Kaufbegehren wurde anscheinend zugestimmt, denn im November teilt Kobes mit, dass die Bank noch nicht sagen könne, welche Größe der Speicher auf dem inzwischen gekauften Grundstück haben wird. Handelte es sich lediglich um einen Anbau?
Die Handzeichnung vom Februar 1898, die dem Königlichen Katasteramt Stralsund zur Eintragung in das Grundbuch vorlag, enthält unter anderem auch die Lage des Kornspeichers. Daraus wird ersichtlicht, dass das Silo auf einer aufgeschütteten Halbinsel stand, denn das Areal war damals laut amtlicher Skizze von drei Seiten vom Boddenwasser umgeben.