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Barther Boddenblick
Ausgabe 4/2024
Nichtamtlicher Teil
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Von der Flakschule zum Barther Gymnasium

Im Jahre 1938 begann im Barth-Vogelsang der Bau einer Flak-Kaserne. Ein Jahr später, im Mai 1939 verlegte die II. Abteilung des Flak-Lehrregiment von Tutow nach Barth. Hier wurde sie als Flak-Ersatzabteilung formiert. Das Flak-Lehrregiment bestand aus dem Stab in Stralsund, I./Flak-Lehrregiment in Zingst, II./Flak-Lehrregiment in Barth und III./Flak-Lehrregiment in Stettin. Im Oktober 1939 trafen in Barth schwere und schwerste Halbkettenfahrzeuge ein. 1940 entstanden die Basis-Nebenstände 1 (hinterste Berge) und 2 (Pruchten). Zur technischen Ausstattung der Flak-Schule gehörten u.a. 88 Kräder, 72 PKW, 103 LKW, 15 Zugkraftwagen und 15 Geschütze. Im Frühjahr 1942 wurde die Flak-Ersatzabteilung nach Güstrow verlegt. In Barth wurde dann die Rekrutenausbildung durchgeführt. Der Personalbestand eines Durchganges betrug 1.500 Mann. Die Flak-Abteilung bestand aus fünf Batterien: 1. Batterie 8,8 cm-Flak,2. Batterie 2 cm-Flak, 3. Batterie 3,7 cm-Flak, Scheinwerfer-Batterie, Stabs-Batterie. In den einzelnen Batterien wurden 180 bis 300 Mann ausgebildet.

Bedingt durch die Belegung der Stadt Barth mit zwei Kasernen gleichzeitig, nahm die Stadt einen ungeahnten wirtschaftlichen Aufschwung. Neue Betriebe entstanden, bestehende konnten erweitert werden, was einen starken Bevölkerungszuwachs zur Folge hatte. War die Stadt 1933 bei rd. 7000 Einwohnern noch hoch verschuldet, so musste 1940 der Wirtschaftsplan wegen des erwirtschafteten Überschusses nach oben korrigiert werden. Die wirtschaftliche Entwicklung löste ein bis dahin nicht gekanntes Wohnungsbauprogramm aus. Für den Fliegerhorst und die Flak-Schule waren bis zum Juni 1940 bereits 374 Wohnungen fertiggestellt. Die Wohnungen, 50 Offiziers-, 150 Unteroffiziers-, 146 Arbeiter- und 28 Reichswohnungen entstanden in der Herrmann-Göring-Allee (heute Franz-Mehring-Straße), Richthofenstraße (heute Karl-Marx-Straße), Chausseestraße, im Lohmühlenweg, Hölzernkreuz-Weg, Grünen Weg und Vogelsang. Gleichzeitig wurden für die Gevolkschaftsmitglieder (Betriebsangehörige) der Pommerschen Industrie Werke GmbH (PIW) und Bachmann Flugzeugwerke Wohnungen gebaut. Die Bevölkerung stieg bis 1941 einschließlich Wehrmacht auf ca.18.000 Einwohner an.

Mit der Zerstörung der Heinkel-Werke in Rostock-Marienehe durch anglo-amerikanische Bomber im Jahre 1942, wurden die Produktionsstätten auf 40 kleine und mittlere Betriebe in Mecklenburg und Pommern verteilt. Eine dieser Produktionsstätten wurde auf dem Fliegerhorst Barth eingerichtet. In Barth erfolgte die Montage von Flugzeugen der Typen He 111 und He 219. Im Herbst 1944 begannen dann die Arbeiten am Strahljäger He 162. Wie viel Maschinen diesen Typs noch gefertigt wurden und ob es Flugeinsätze gab, konnte noch nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Im Herbst 1943 ließ Wehrwirtschaftsführer Ernst Heinkel auf dem Fliegerhorst Barth ein Außenlager des KZ Ravensbrück unter der Tarnbezeichnung "Müllerwerk" einrichten. Zu diesem Zweck wurden einige Kasernengebäude umgebaut und mit einem Zaun versehen. Am 9. November 1943 trafen die ersten Häftlinge im KZ Barth ein. Alle im Laufe der Zeit im Heinkel-Werk eingesetzten Häftlinge kamen aus den Konzentrationslagern Buchenwald, Neuengamme, Sachsenhausen, Dachau, Peenemünde und Ravensbrück.

Im Februar 1945 fand eine Belegung des Fliegerhorstes durch die Flugzeugführerschule B 4 statt, jedoch ohne Schulbetrieb. Die letzten Stationierungen deutscher Luftwaffenkräfte auf dem Fliegerhorst Barth gab es im April 1945.

Auch eine spätere sehr bekannte Unternehmerin in der BRD machte in diesen Tagen in Barth Zwischenlandung. Es war Beate Uhse, die am 22. April 1945 gegen 6.30 Uhr mit einer Siebel 104 zur Landung ansetzte. Mit ihr flogen ihr Sohn Klaus, das Kindermädchen Hanna, der Bordmonteur Hans Vedder und zwei Verletzte. Sie konnte das eingeschlossene Berlin vom Flugplatz Gatow aus gerade noch verlassen. Am 30. April 1945 um 4.57 Uhr ging es weiter von Barth über Travemünde nach Leck in Nordfriesland. Dort geriet sie später in britische Gefangenschaft.

Neben der Flak-Kaserne entstand bis Juli 1940 das Kriegsgefangenenlager Stalag Luft 1. Am 31. Januar 1941 war Stalag Luft 1 mit 567 britischen und 8 französischen Kriegsgefangenen belegt. Zu Kriegsende befanden sich dort 1.202 britische, 5.391 US-amerikanische und 177 sowjetische Gefangene, ca. 1.500 Gefangene aus dem Kriegsgefangenenlager Stalag Luft 4 wurden noch nach Barth evakuiert. Die Stärke der Kriegsgefangenen erhöhte sich zum 11. April 1945 bei den US-Amerikanern auf 7.588 und bei den Briten auf 1.351. Am 29. April 1945 führte der Lagerkommandant Oberst Warnstedt mit den Offizieren unter den Gefangenen eine Versammlung durch. In dieser teilte er mit, dass das Lager nach Westen verlegt werden soll. Die Gefangenen gaben zu verstehen, dass sie eine Verlegung ablehnen. Daraufhin setzt sich der Kommandant mit der Wachmannschaft, sie gehörten zur Landesschützenkompanie 1038, in den Morgenstunden des 30. April nach Westen ab ... "

1947 besuchten 170 Schüler die Schule in der Papenstraße. Wegen steigender Schülerzahlen zog die Oberschule nach Barth-Vogelsang in das ehemalige Stabsgebäude der Flakkaserne. Der Unterricht begann im Januar 1952. Die neue Schule verfügte über 11 Klassenräume, vier Fachräume und eine Turnhalle. Die Turnhalle diente bis 1945 als Fahrzeughallen. der davor gelegene Löschteisch wurde erweitert und zum Freibad mit Schulschwimmen umgebaut. Heute befindet sich an der Stelle des Freibades ein kleiner Teich.

Seit 1947 gab es ein Internat in der Waldstraße im ehemaligen Angestelltenheim der Pommerschen Industriewerke (PIW). 1949 wohnten hier bereits 91 auswärtige Schüler.

Mit Schulbeginn 1955 wurde ein Zweig der Mittelschule eingerichtet, der mit der 10. Klasse und der Mittleren Reife abschloss.

Am 11. März 1965 erhielt die Schule den Namen des ersten Ministerpräsidenten der DDR, Otto Grotewohl. Aus diesem Anlass besuchte seine Ehefrau Johanna im September 1965 die Schule.

1967 und 1968 besaß die Erweiterte Oberschule keine Abiturklasse, weil nur eine EOS im Kreis Ribnitz-Damgarten bestehen sollte. Ab 1969 erfolgte in Barth aber wieder die Abiturprüfung.

Am 31.7.1982 wurde die EOS in Barth wegen der Abschaffung der Vorbereitungsklassen 9 und 10 in der DDR aufgelöst.

Mit dem Schuljahr 1982/1983 wurde je eine 11. und eine 12. Klasse als EOS-Teil der POS „ Hans Coppi“ angegliedert, da an der Ribnitzer EOS nicht genügend Internatsplätze zur Verfügung standen.

Der EOS-Teil und die Coppi-Schule befanden sich im selben Gebäude (ehemals Flakkaserne). Diese Situation bestand bis zur Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten.

Nach der „Wende“ im Jahr 1989 wurden die Leistungsklassen 9 und 10 und die Sekundarstufe für die Klassen 11 und 12 eingerichtet.

Im Schuljahr 1991/1992 wurde das heutige Gymnasium der Klassen 5 bis 12 gegründet. Der erste Schulleiter war Kurt Schendel, 1993 wurde Frau Ute Bugdahn als Schulleiterin bestätigt.

Wegen der großen Schülerzahl musste in zwei weiteren Gebäuden, in der Diesterweg-Schule und in der ehemaligen Barther Berufsschule, unterrichtet werden. Da die Gebäude räumlich weit voneinander entfernt lagen, stellte dies ein logistisches Problem für die Lehrer dar.

Deshalb wurde am 1. Juni 1994 auf Beschluss des Kreistages der Grundstein für den Erweiterungsbau des Barther Gymnasiums gelegt.

Am 7. August 1996 findet der Unterricht aller Klassen erstmals im neuen Schulhaus statt.

Am 15.Oktober 1999 erhielt das Gymnasium den Namen „Katharina von Hagenow“ (1882-1952). Bekannt wurde sie durch ihre Mitarbeit am „Mecklenburgischen Wörterbuch“, das die Professoren R.Wossidlo und H.Teuchert herausgaben. Außerdem unterrichtete K. von Hagenow an der Barther Mädchenschule und war die letzte Priorin des Fräuleinstifts in Barth.

Wegen der Erkrankung von Frau U. Bugdahn wurde Herr Jürgen Brzank kommissarisch als Schulleiter eingesetzt. Seit August 2008 leitete Herr Steffen Melle das Gymnasium.

Da die Anzahl der Neuanmeldungen für die 7. Klassen im Schuljahr 2007/2008 nicht den Vorgaben des Schulgesetzes von Mecklenburg-Vorpommern entsprachen, wurde nur für dieses Schuljahr durch das Kultusministerium eine Ausnahmeregelung für das selbstständige Bestehen des Gymnasiums erteilt.

Deshalb wurde von den Barther Stadtvertretern ein Zusammenschluss mit der Regionalen Schule „Karl Liebknecht“ beschlossen. Am 1. August 2009 übernahm die Stadt Barth die Schulträgerschaft über das Katharina-von-Hagenow-Gymnasium. Regionalschule und Gymnasium bildeten das Gymnasiale Schulzentrum Barth. Schulleiterin war Frau Steffi Brüngel, danach Herr Rainer Schmidt für das Gymnasiale Schulzentrum. Heute ist Udo Liebelt Schulleiter.

Mario Galepp