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Barther Boddenblick
Ausgabe 5/2024
Nichtamtlicher Teil
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Barth tritt der Europäischen Route der Backsteingotik bei

Barth kann noch immer mit seinen mittelalterlichen Backsteingebäuden glänzen und jetzt wird sie noch prominenter in Europa präsentiert: Barth ist offiziell Mitglied der renommierten "Europäischen Route der Backsteingotik e. V.".

Für unsere Stadt, die sich seit 2015 als staatlich anerkannter Erholungsort einen Namen gemacht hat, ist diese Mitgliedschaft ein bedeutender Schritt. Sie markiert nicht nur die Wertschätzung unserer reichen Geschichte und Architektur, sondern bietet auch neue Chancen für Tourismus und Kultur.

Bürgermeister Friedrich-Carl Hellwig betont die Bedeutung dieser Partnerschaft: "Barth wird oft als idyllischer Erholungsort wahrgenommen, aber unsere kulturelle Geschichte reicht weit tiefer. Als Mitglied der Europäischen Route der Backsteingotik können wir nun unsere beeindruckenden backsteingotischen Bauten und Sehenswürdigkeiten europaweit präsentieren und Besuchern einen tieferen Einblick in unsere reiche Geschichte bieten."

Durch die Zusammenarbeit zwischen dem Verein und unserer Stadt werden wir nicht nur unsere Sehenswürdigkeiten besser vermarkten, sondern auch den Austausch und das Wissen über die Backsteingotik fördern. Veranstaltungen wie der Tag der Backsteingotik und gemeinsame Veröffentlichungen wie der Kultur-Reiseführer werden dazu beitragen, Barth als ein bedeutendes Ziel für kulturinteressierte Touristen zu etablieren.

Besonders stolz sind wir auf Bauwerke wie die St.-Marien-Kirche, die seit fast 700 Jahren unsere Silhouette prägt und ein eindrucksvolles Zeugnis unserer Geschichte ist. Aber auch andere bedeutende backsteingotische Bauten wie der Papenhof, das Dammtor, der Fangelturm und die St.-Jürgen-Kapelle werden nun verstärkt in den Fokus gerückt.

Für Barth bedeutet diese Mitgliedschaft nicht nur eine Ehre, sondern auch eine Chance, unsere kulturelle Identität zu stärken und unsere Stadt als einzigartiges Reiseziel zu positionieren. Wir freuen uns darauf, dieses neue Kapitel unserer Geschichte gemeinsam mit der Europäischen Route der Backsteingotik zu schreiben und unsere Schätze einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.

Die St. Marienkirche, in der norddeutschen Backstein-Gotik erbaut, erhebt sich westlich des Marktplatzes bis zu einer Höhe von 87 m die St. Marienkirche. Im ersten Stadtverlaßbuch der Stadt Barth führt die Kirche den Namen „ecclesia beate virginis“ (Kirche der Heiligen Jungfrau), hat also wohl schon den Namen Marienkirche gehabt. Sie wird zuerst im Jahre 1325 erwähnt und ist in drei Bauperioden entstanden. Zunächst entstand das „hohe Chor“ im östlichen Teil, darauf das Mittelschiff und zuletzt der Turm. Um das Jahr 1400 war der Bau abgeschlossen. Der hohe Kirchturm diente von altersher den Fischern und Schiffern als Wegweiser nach Barth. Bogislaw XIII,. Pommernherzog mit Residenz in Barth, hat Ende des 16. Jahrhunderts viel für die damalige Ausstattung der Kirche (Glocke, ehemalige Orgel, Kronleuchter usw.) getan. Um 1860 wurde das gesamte Kircheninnere nach Plänen von Friedrich August Stüler im neogotischen Stil erneuert (heute so zu besichtigen). Geringe Reste gotischer Malerei blieben im Südschiff erhalten. Beachtenswert sind die Tauffünte (= Tauffass) aus Bronze aus dem 14. Jahrhundert sowie die schönen Messingkronleuchter aus dem 16. und 17. Jahrhundert.

Von den vier Toren der Barther Befestigung, (den Langen Tor, đen Dammtor, dem Wiektor und đem Fischertor) ist nur đas Dammtor erhalten geblieben. Es wurde 1357 erstmals erwähnt und ist bis zur Helmspitze 34,25m hoch. Unter dem Dach springt eine auf zwei Kragsteinen ruhende Pechnase hervor, đie seine damalige Funktion als Wehrbau deutlich macht. Es war đas schönste der vier Tore und steht heute als Baudenkmal und historisches Gebäude unter Denkmalschutz. Es bildete ein wichtiges Glied der Verteidigungsanlage der Stadt, die von 1325 bis 1400 errichtet wurde, dann um 1700 aufgrund fehlender Mittel allmählich zerfiel und noch heute als Ring erkennbar ist. Das Tor bildete nach Westen hin die Grenze der Stadt. Das Gelände vor dem Dammtor war noch unbebautes Gelände, auf dem nach dem 17. Jahrhundert die ersten Scheunen gebaut wurden. Ein befestigter Damm führte in westlicher Richtung bis zur Barthe und weiter in die Boddengemeinden Pruchten, Bresewitz, Fuhlendorf und Bodstedt. Der Zugang zum Gebäude erfolgte ursprünglich über die angrenzende Stadtmauer mit Wehrgängen, Wieck- und Torwärterhäusern, später über den Dachboden einer angrenzenden Bäckerei (50-iger Jahre). Nur dem Abriss der beidseitig angebauten Häuser ist es zu verdanken, dass das Dammtor 1874 nicht auch wie die anderen Tore aufgrund des erhöhten Verkehrsaufkommen abgerissen wurde.

Der westlich der St. Marienkirche gelegene Papenhof gilt als eines der ältesten erhaltenen Profanbauten zwischen Rostock und Stralsund. Es handelt sich um einen zweigeschossigen mittelalterlichen Backstein-Massivbau mit frühneuzeitlicher Fachwerkergänzung (1585) in gleicher Größe mit gemeinsamem Walmdach. Das Gebäude besitzt mit seiner bauhistorischen Befunddichte am Außenbau und seiner reichen Innenausstattung einen authentischen Zeugnis- und Seltenheitswert. Das Gebäude ist aufgrund der überlieferten Schenkung Herzog Bogislaw XIII. an seinen Amtshauptmann (Landrat) von Steding in der Nutzung als Amtssitz des späten 16. Jh. von hoher landesgeschichtlicher Bedeutung. Der vorliegende mittelalterliche Gebäudetypus des schmalen Massivbaus mit Satteldach ist bis dato kaum erforscht und besitzt hohen Seltenheitswert. Er lässt sich am ehesten mit der im zweiten Weltkrieg zerstörten ehem. Alten Schule in Wismar und der ehem. Lateinschule vor St. Nikolai in Stralsund vergleichen. Der Papenhof gilt als der einzige gut erhaltene mittelalterliche Kalandbau in M-V und stellt ein Bindeglied zwischen den genannten Bauten der beiden Weltererbestätten Wismar und Stralsund dar. Der Papenhof gilt als wichtiges Denkmal im südlichen Ostseeraum.

Die St. Jürgen-Kapelle vor den Stadttoren von Barth wurde erstmals 1322 urkundlich erwähnt und vorwiegend als Siechenhaus für Lepra- und Pestkranke genutzt Von der dazugehörigen Kapelle ist nur noch der zweijochige gotische Backsteinchor mit 5/10-Schluss erhalten. Das Schiff, welches vermutlich dreijochig angelegt war, hat sich lediglich in seinen Außenmauern bis zur Sohlbankzone der heutigen Fenster erhalten. Es erfuhr bei einer späteren Nutzungsänderung eine Überformung. 1818 wurde dann unter Verwendung von Teilen des Schiffmauerwerks ein zweigeschossiger verputzter Mittelgangbau von fünf Achsen mit Satteldach errichtet. Im Inneren des Chors existieren unter späteren Putzschichten noch Malereien aus der Erbauungszeit des 15. Jahrhunderts, die erst durch laufende Restaurationsarbeiten im Sommer 2002 entdeckt wurden. Die freigelegten Figuren, unter anderem ein Christopherus, wurden restauriert. Heute wird St. Jürgen als Bibelzentrum genutzt. In Ausstellungen aber auch mit Veranstaltungen, Führungen, insbesondere für Schulen, werden hier biblische Themen vermittelt. Der Chor wird weiterhin als Andachtsraum genutzt.

In den Stadturkunden wird der Fangelturm erstmals im 16. Jahrhundert als der „Neue Turm“ erwähnt. Die bekannte Abbildung von Braun und Hogenberg aus dem Jahr 1590 stellt ihn als einen wehrhaften Turm mit Zinnen dar. Der Turm mit einem Verlies gehörte zur Fronerei(Scharfrichter), die sich 1550 am Ende der Turmstraße befand. Die Bezeichnung Fangelturm wird sich erst im 18. Jahrhundert durchgesetzt haben, als die beiden Etagen zu Gefängniszellen ausgebaut wurden. Im 19. Jahrhundert versah man den Turm mit einem Kuppeldach und schmückte es mit einer Wetterfahne. Nach 1960 wurde auf dem Dach eine astronomische Station für die Oberschulen der Stadt eingerichtet. So hat sich heute Altes und Neues in diesem Falle zu einer glücklichen Synthese verbunden. Von der Turmstraße aus gelangt man über eine Treppe im überdachten Seitenanbau in die erste Etage des Turms. Dort sind noch zwei Schießscharten vorhanden, eine dritte wurde zugemauert.