Barth Hafenstraße 20, unter dieser Adresse fand am 7. Januar des Jahres 1892 die Eröffnung des Barther Schlachthauses statt. Fünf Jahre später gliederte man dem Schlachthaus eine Verkaufsstelle an für minderwertiges Fleisch, die sogenannte Freibank. Im gleichen Jahr kam noch eine Pferdeschlachtung hinzu. Nach 1990 wurde der Schlachtbetrieb eingestellt und die Bauten abgerissen.
Eine Erinnerung an die Zeit um 1955: Die Kinder aus der Straße standen häufig am Tor zum Schlachthof und beobachteten, wie die Tiere dort abgeladen wurden. Beim Entladen der Kälbchen und der Lämmer war hin und wieder ein verhaltenes Weinen eines der Mädchen zu hören. Denn die Arbeiter auf dem Betriebsgelände hatten natürlich wenig Zeit, und waren demzufolge nicht gerade zimperlich im Umgang mit den niedlichen Tierkindern. Auch wussten alle der zuschauenden Kinder, was mit den Tieren hier im Anschluss geschehen wird.
Wenn die Bauern die Kühe, die Schweine und die anderen Tiere im Schlachthof abgeliefert hatten, eventuell auch mit freien Spitzen, nahmen viele der Bauern einen solchen Tag in der Stadt zum Anlass, um mal selber so richtig die Sau rauszulassen. Die Bäuerin war ja weit vom Schuss und konnte nicht einschreiten. Von freien Spitzen sprach man, wenn mehr abgeliefert werden konnte, als es das staatlich vorgeschriebene Pflicht-Soll vorschrieb.
Die Ablieferung des Schlachtviehs erfolgte immer mittwochs. Da herrschte auf dem Hafenplatz häufig ein regelrechtes Gedrängel um eine Stelle für ein Pferdefuhrwerk.
Die Bauern, mit reichlich Geld in der Tasche, kehrten gerne in die Eckkneipe Fischerstraße/Hafenstraße ein. Das war inzwischen zwar eine HO-G, also eine Gaststätte, die zur staatlichen Handelsorganisation gehörte, doch man nannte sie weiterhin nach dem früheren Eigentümer Usée.
In der völlig verräucherten Kneipe flossen an diesen Tagen, an welchen die Bauern mal so richtig einen drauf machten der Richtenberger Köhm und das Stralsunder Hellbier in Strömen. Die Stimmung stieg, die Gespräche wurden zunehmend rauer und nahmen immer mehr an Lautstärke zu. Und so manche harte, schwielige Bauernfaust fand ihr Ziel in einem Gesicht in dem sie eigentlich nichts zu suchen hatte. Die Deutsche Volkspolizei schaute im Wissen solcher ausgelassener Bauernfestivitäten gelegentlich vorbei. Größere Einsätze waren aber nie vonnöten. Die Bauern kannten sich, sie wussten, dass ein gelegentlicher handfester Ausrutscher spätestens beim nächsten Ablieferungstag, an dem man sich wieder bei Usée zum Umtrunk treffen würde, vergessen und verziehen sein wird.