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Barther Boddenblick
Ausgabe 6/2023
Nichtamtlicher Teil
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Exponat des Monats im Vineta-Museum der Stadt Barth

Fischerstraße 10, bis 1917 Friedrichs Haus

Diesen Monat haben wir aus der Sammlung des Museumdepots ein kleines, unscheinbares Porträtgemälde aus der Hand eines unbekannten Künstlers hervorgeholt. Nicht gänzlich unbekannt ist der porträtierte junge Mann im Bild, der Barther Kaufmann, Ratsherr und Kämmerer Johann Friedrich Christian Cowalschky. Das Gemälde, das als Bruststück ausgeführt wurde, entstand um 1863 und zeigt den noch jungen Cowalschky in der Mode seiner Zeit. Das weiße Hemd, symbolisch für jemanden, der nicht mit den Händen arbeitet, hat einen aufrechten, halsverdeckenden Kragen. Die Krawatte ist wie ein Halsband umgebunden und die Weste mit einer Uhrkette verziert. Die dunkle Farbe und Kontur des Mantels hebt sich nur geringfügig vom dunkelbraunen Hintergrund ab.

Die Bülow´sche Chronik gibt nur einige Fragmente seines Lebens preis. Unter anderem erfahren wir dort, dass sogar eine Straße nach ihm benannt wurde. Zunächst einiges über seinen Großvater Johann Friedrich Georg Cowalschky. Er war Kaufmann und gehörte 1806 zur „Repräsentirenden Bürgerschaft“, was man heute als Stadtvertreter bezeichnet. Unter anderem hatte er in dieser Funktion die Aufsicht über die Befriedung der Bollwerke und Weide. In seiner Amtszeit erlebte er auch die drei Besatzungszeiten durch französische Truppen in Barth zwischen 1807 und 1813. In dieser Franzosenzeit war Großvater Cowalschky Mitglied der Kommission, die für die Beschaffung der vielen Requisitionen verantwortlich war. Das waren namentlich die Verpflegungen und Einquartierungen der fremden Truppen, deren Anzahl in die Tausende ging. Die Verpflegungslast lag aber letzten Endes bei den Bürgern. Von 1828 bis 1838 bekleidete er das Amt des Kämmerers. Da er zu dieser Zeit bereits hochbetagt war, wurde bald sein Nachfolger ernannt: der Kaufmann Johann Friedrich Schmidt, der später der Schwiegervater seines Sohne wurde. Am 02. September 1843 inserierte er folgende Anzeige in der Stralsunder Zeitung: „Die Verlobung unserer Tochter Emilie mit dem Kaufmann Herrn F. Cowalschky beehren wir uns Verwandten und Freunden ergebenst anzuzeigen. Barth, im August 1843- J.F. Schmidt und Frau.“

Dies bezog sich natürlich auf den Sohn des alten Kämmerers Cowalschky, der verwirrenderweise ebenfalls Johann Friedrich hieß. Er war auch Kaufmann und betrieb ein Material-, Korn- und Mehl-Geschäft in Barth, später eine Kolonialwaren-Handlung. Am 11. November 1846 wurde der hier porträtierte Cowalschky in Barth geboren. Offenbar in einer traditionellen Familie lebend, schlug er zunächst die gleiche Laufbahn als Kaufmann ein wie sein Vater und Großvater vor ihm.

1869 gehörte er schon zu den Provisoren der Kirchen und Hospitäler und war namentlich für das Hospital St. Georg tätig. Solche Aufgaben der kirchlichen Armenfürsorge waren die Vorläufer der kirchlichen Caritas oder Diakonie. In diese Position wurde er wahrscheinlich von seinem Großvater vermittelt, denn dieser war ebenfalls als „Camerarius“ der Stadt bei den Angelegenheiten des Provisorats St. Georg behilflich. Später, um 1873, trat an die Stelle des Provisorats der erste Gemeindekirchenrat in Barth, der aus den beiden Geistlichen Josephson und Kolbe sowie u.a. Bürgermeister Müller und auch Cowalschky bestand.

Friedrich Cowalschky wurde am 15. Juni 1886 Repräsentant für die Bürgerschaft und am 6. September 1892 zum Ratsherrn ernannt. Für das Geschäftsjahr 1899 ist er nebst Goldschmied Otto Foth zum Hauptschöffen gewählt worden. Ab 1901 war er nun seinerseits im Vorsitz, wenn es darum ging, die neuen Repräsentanten der Stadt zu wählen.

Im Juli 1904 wurde er schließlich Kämmerer, wie Großvater Cowalschky, und sollte dieses Amt bis zum Lebensende behalten. Sein Haus hatte er in der Fischerstraße 10 (vorher 409), das um 1700 erbaut und als Wohn- und Geschäftsgebäude genutzt wurde. Heute ist es seit über 40 Jahren unbewohnt und steht auf der Liste der Baudenkmäler von Barth.

Unter den städtischen Deputationen war er zuständig für Weide, Brücken und Wege; Feld- und Forstwesen; Promenaden sowie für Hafen und Bollwerk. Außerdem war er als Ratsherr im Bereich Waisenrat und Armutspflege sowie in der Einkommenssteuer-Voreinschätzungs-Kommission in seiner Funktion als Kämmerer. Um 1909 wurde der Weg, der von der Molkerei am Anlagen-Restaurant vorbeiführte nach ihm benannt: die Friedrichstraße.

Als 1910 die Einweihung der Darßbahn unter leicht regnerischen Wetterbedingungen am Bahnhof stattfand und der Zug nach Passieren des geteilten Klissing´schen Gartens sowie der Barthe in Tannenheim ankam, war es Friedrich Cowalschky, der die ersten Fahrgäste begrüßte und eine Ansprache hielt. Dem Wetter trotzend fand er auch freundliche Worte für den ebenfalls anwesenden Oberpräsidenten von Pommern, Freiherr von Maltzahn-Gültz. Dieser wies in seiner Rede auf den Zweck der Bahn hin, welche ein langjähriger Wunsch von Barth, Prerow und Zingst darstellte. Jedenfalls beinahe, denn Zingst war zunächst gegen diese Linie und eher für eine Verbindung von Stralsund aus über Pramort.

Ein weiteres nennenswertes Ereignis im Leben unseres Kämmerers war das Provinzial-Schützenfest 1914, das damals schon zum dritten Mal in Barth ausgerichtet wurde. Der Ort wurde dazu festlich geschmückt und die Stadtkapelle konzertierte für die Schützen. Hier waren auch die Schützengilden der Städte Bergen, Tribsees, Pasewalk, Wolgast, Loitz, Garz, Stralsund, Demmin, Greifswald, Anklam, Grimmen, Swinemünde und Treptow beteiligt. Cowalschky wurde von der Barther Schützenkompanie aus der Fischerstraße abgeholt, denn er sollte den ersten Schuss als Vertreter seiner Majestät den Kaiser abgeben. Es war das letzte Barther Schützenfest vor dem Ersten Weltkrieg. Am 19. Juli 1917 ist Friedrich Cowalschky in Barth verstorben.

Christian Schumacher
Vineta-Museum Barth