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Barther Boddenblick
Ausgabe 6/2024
Nichtamtlicher Teil
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Exponat des Monats im Vineta-Museum

Max Essers Geburtshaus/ Weinstuben zum Burgverlies, später „Zur Burg“

Max Esser in der Werkstatt der Porzellanmanufaktur Meißen

Max Esser, um 1940

Dieser Fischotter wurde 1925 von Max Esser entworfen und in einer raffinierten Körperrotation ausgearbeitet, wodurch man von allen Seiten der Betrachtung ein lebhaftes, anschauliches Bild erhält. Er wurde zunächst ab 1926 aus weißen Porzellan in zwei Größen in der Manufaktur Meißen gefertigt und 1930 in Bronze, welche von der Berliner Kunstgießerei Hermann Noack nach seinem Entwurf hergestellt wurde. Eine große Ausführung in Bronze fand Verwendung für einen Brunnen auf dem Hof des Wernerwerk-Hochhauses in Berlin. Ab 1931 gab es schon eine weitere Ausführung aus Böttgersteinzeug und diese Variante wurde später 1937 auf der Weltausstellung in Paris mit einer goldenen Medaille ausgezeichnet. Im gleichen Jahr entstand ein weiterer großer Bronze-Otter für den Innenhof der Feuersozietät Berlin Brandenburg zusammen mit drei weiteren Tierfiguren Essers. Die Bronze-Ausführung des Otters wurde 1937 auch in München auf der Großen Deutschen Kunstausstellung präsentiert und ein weiteres Mal 1944 in Porzellan. Er zierte u.a. eine DDR-Briefmarke von 1960 anlässlich des 250-jährigen Jubiläums der Meissner Porzellanmanufaktur und das Plakat für die Max-Esser-Gedächtnisausstellung 1965 im Schloss Charlottenburg Berlin.

Der Bildhauer und Modelleur Max Alexander Wilhelm Esser wurde am 16. Mai 1885 in Barth geboren. Das Geburtshaus war das Gebäude, in dem sich später Restaurant und Weinstuben zum Burgverlies von Gustav und M. Wallis befanden. Seine Taufe fand am darauffolgenden 17. Juli in der Barther Marienkirche statt. Seine Eltern waren Juliane Emilie Therese Esser geb. Jost und Alexander Max Esser, Gastwirt und Bäckermeister.

Schon sehr früh, im Alter von 15 Jahren, begann Max Esser seine dreijährige Lehre zum Bildhauer in Berlin und besuchte Abendkurse am Königlichen Kunstgewerbemuseum. Seine Lehrzeit absolvierte er in verschiedenen Berliner Bildhauerwerkstätten und begann auch bald ein Studium an der akademischen Hochschule für bildende Künste. Bereits zu dieser Zeit entstanden umfangreiche Studien im Zoologischen Garten Berlin, insbesondere Tierplastiken sollten ein Großteil seines Schaffens werden. Ab 1903 wurde Max ein langjähriger Schüler und später Assistent im Atelier des Tierplastikers Prof. August Gaul. Er avancierte bald schon zu dessen Meisterschüler und vermochte es, die von Gaul angelegte feingliedrige Ausarbeitung von Tierkörpern zu vervollkommnen. 1906 nahm er zum ersten Mal an der großen Berliner Kunstausstellung mit zwei Bronze-Arbeiten teil. Er wohnte zu dieser Zeit in der Uhlandstraße im Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf.

Den eigentlichen Durchbruch erlangte der Künstler mit dem Verkauf seines „Perlhuhns“ an die Berliner Nationalgalerie im Jahre 1912. Im August selben Jahres heiratete er Gertrud Frieda Kranast, Tochter des Berliner Bäckermeisters Moritz Friedrich Kranast. Zu dieser Zeit hatte er schon sein eigenes Atelier in Berlin-Schmargendorf, wo die ersten Tierplastiken, tauschierten Bronzen und zahlreiche Entwürfe, die er für namhafte Manufakturen wie die Salzburger Werkstätten, Hutschenreuther, Rosenthal und die KPM anfertigte, entstanden. 1914 wurde ihm für seinen silbertauschierten Pfaufasan die goldene Medaille für Kunst verliehen. Am 4. November wird seine erste Tochter Inge in Berlin geboren. Nachdem Esser bis 1918 als Soldat im Felde den Ersten Weltkrieg überlebte, begann seine Zusammenarbeit mit der Porzellanmanufaktur Meißen.

Dank eines persönlichen Kontakts zum Direktor der Manufaktur, Max Adolf Pfeiffer, arbeitete Esser seitdem fast ausschließlich und im Auftrage des sächsischen Staates für Meißen. Es folgten Entwürfe zahlreicher Tierplastiken für Porzellan sowie verschiedener Service.

Ein weiteres „Steckenpferd“ Essers entwickelte sich schon ab 1922: das Schaffen und Ausarbeiten von Schachspielen in Silber und Porzellan, die stets eine bestimmte Thematik verfolgten. So schuf er bspw. im Auftrag eines „amerikanischen Kunstfreundes“ 1932 ein Schachspiel. Eine 65 x 65 cm große Spielfläche aus handgetriebenen Kupferemail, dessen „weiße Felder“ malachitgrün schimmern und die „schwarzen Felder“ bräunlich-lila. Dazu noch durch Wolken-Ornamenten und Sternen verziert. Dieses sogenannte „Himmels-Schachbrett“ wurde unter astronomisch-astrologischen Gesichtspunkten entworfen und die Figuren stellten die Gestirne dar: die Sonne als König, unsere Erde als Königin und ebenso Kometen, Mondphasen und die zwölf Tierkreiszeichen waren vertreten. Jede Figur wurde nach Essers Entwurf von Richard Barth in Silber mit Ebenholz-Sockel geformt und je nach Partei oxidiert oder feuervergoldet. Das Schachbrett wurde von Frieda Batanier in Zellenschmelzemaille in der Werkstatt der Vereinigten Staatsschulen hergestellt. Offenbar hatte der amerikanische Auftraggeber ein volles Portemonnaie und genaue Vorstellungen die Details betreffend. Berichten zufolge war er ein Sammler und Besitzer von über hundert Schachspielbrettern. Jenes Schachbrett wurde dann 1932 im Berliner Schloßmuseum in der Galerie des weißen Saales ausgestellt. Dies wurde in über 30 Zeitungsartikeln Publik gemacht mit teilweise ausschweifenden Berichten. Der amerikanische Sammler war Gustavus Adolphus Pfeiffer, ein Geschäftsmann und Philanthrop sowie aktives Mitglied im „Marshall Chess Club“ in New York. So gelangte Essers astronomisches Schachbrett sogar noch auf die World's Fair in Chicago (1933-34) bevor Pfeiffer es dem New Yorker Metropolitan Museum of Art schenkte (1948).

Ein weiteres Schachbrett, das ebenfalls vom Amerikaner Pfeiffer beauftragt wurde, war inspiriert vom amerikanischen Unabhängigkeitskrieg und der Rolle des preußischen Offiziers von Steuben, der später General der amerikanischen Armee wurde. Die Ausführung dessen war ebenfalls geradezu luxuriös: eine 80 x 80 cm große Spielfläche, 64 Felder in kostbarer Zellenschmelzarbeit zusammengefügt und jedes ein Bild für sich. Der Rahmen war aus Bronzeplatten, die Standorte der Figuren in Kupfer und goldtauschierten Silber. Auch für das Material aller 32 Figuren wurde wieder Silber erwählt. Dieses „amerikanische National-Schachspiel“ hatte in Anlehnung an den Unabhängigkeitskrieg eine amerikanische und eine englische Reihe. Washington war der König auf der einen Seite, während George von England den Gegenpart darstellte.

Neben solchen kunsthandwerklichen Entwürfen und denen für Meißen, arbeitete Esser auch an Großobjekten für den öffentlichen Raum. Bis 1939 gestaltete er mehrere Berliner Brunnenanlagen wie etwa den Fuchsbrunnen der Ceciliengärten. Dennoch erlangte er seinen größten Ruhm weiterhin im Bereich der Kleinplastik. Am 30. Juli 1921 kommt in Meissen Essers zweite Tochter Helga zur Welt, die aber schon nach 8 Monaten verstirbt. 1923 war seine Ernennung zum Professor und ordentlichen Mitglied der Preußischen Akademie der Künste, auf deren Ausstellungen er mehrfach vertreten war. Es entwickelte sich bald eine enge Freundschaft und Zusammenarbeit mit dem Berliner Künstler Prof. Paul Scheurich. Am 12. Januar war die Geburt von Essers drittem Kind, Sohn Wolfram Erdmann August, der später Architekt wurde. Nachdem Esser von 1920 bis 1926 in Meißen lebte, kam er nach Berlin zurück um im Ortsteil Zehlendorf sein neues Atelier einzurichten. In den folgenden Jahren entstehen u.a. Entwürfe für Kirchenaltäre und Arbeiten an dem Ratssilber der Stadt Berlin sowie oben genannte Schachspiele. Am 23. Dezember 1945 ist Max Esser, ein Künstler voller Ideen und geübt in kompositorischen Dingen, in Berlin-Zehlendorf verstorben.