Eine Band aus Barth formiert sich neu – mit viel Geschichte im Gepäck, aber noch mehr Zukunft im Blick.
Es beginnt mit einem Wiedersehen. 2022 treffen sich Jacob und Heiko beim Darßmarathon einer von vielen Zufällen, die das Leben schreibt, wenn aus alten Kontakten neue Kapitel entstehen. Heiko, einst Bassist der Barther Band WUX, steht nach dem Weggang seines Gitarristen plötzlich mit „leeren Saiten“ da. Jacob, dessen musikalisches Vorleben von Punkband bis Singer-Songwriter reicht, bietet sich zum Jammen an. Was folgt, ist kein klassischer Neustart, sondern eher ein Update über Umwege und mit Umwegen.
Aus WUX wird für kurze Zeit Newux, doch erst mit dem Schlagzeugerwechsel von Felix zu Lars im Frühjahr 2023 und der späteren Verstärkung durch Jonas an der Rhythmusgitarre erhält das Projekt seine eigentliche Form und seinen Namen – Richtungswexel. Benannt nach einem frühen Song Jacobs über vergängliche Freundschaften, trägt der Bandname auch programmatisch das in sich, was ihren Sound ausmacht: Wandel, Mischung, Kurskorrektur. Stilistisch wie persönlich.
Zwischen Barthe, Bars und Bandbreite
Die vier Musiker, Heiko (Bass, Backgroundgesang), Lars (Schlagzeug), Jonas (Rhythmusgitarre) und Jacob (Leadgesang, Gitarre, Songwriting) bringen jeweils eigene Einflüsse, Erfahrungen und Eigenheiten ein. Heiko, ein Veteran der regionalen Musikszene, stellt nicht nur den Proberaum, sondern auch ein kritisches Ohr und wird, mit einem Augenzwinkern „Papa der Band“ genannt. Lars, ursprünglich aus dem Coverband-Kosmos, ist das technische Rückgrat. Jonas, der Jüngste, bringt klassische Musikalität aus dem Barther Streichensemble, ebenso wie eigene Produktionen ein. Erste Banderfahrungen sammelte er bereits als Schüler in der Prerower Schulband. Und Jacob? Der ist Herz, Kopf und Stift der Band und bekannt dafür, bei Proben und Auftritten spontan ganze Songtexte zu ändern.
Musik mit Haltung und Humor
Stilistisch lässt sich Richtungswexel irgendwo zwischen Deutschrock, Indiepop und Hamburger Schule verorten, aber das wird dem, was auf der Bühne passiert, nur bedingt gerecht. „Deutschrock passt da am ehesten“, sagt die Band selbst, „aber wir spielen kein Metal, keinen Pop, und elektronisch ist bei uns auch nichts.“ Stattdessen: laute Gitarren, klare deutsche Texte, viel Gefühl und gelegentlich Ironie. Songs wie „Von Vorn“, „Datenschutz“ oder „1000 Momente“ erzählen von gesellschaftlichen Themen, Alltagsbetrachtungen und nächtlichen Strandspaziergängen, oft zwischen den Zeilen.
Textlich prägend sind dabei Einflüsse wie Tomte, Thees Uhlmann oder Die Ärzte. Doch was Jacob als Songwriter vorlegt, wird im Proberaum nicht selten zerlegt und neu zusammengesetzt. "Trial & Error" ist Prinzip nicht aus Unsicherheit, sondern aus Respekt vor der Band. Das Ergebnis ist ein Sound, der bei aller Vielfalt stimmig bleibt.
Keine Covers, kein Kompromiss
Dass in dieser Band nicht alles nach Lehrbuch läuft, zeigt sich auch im Proberaum. Da wird herumgealbert, herumimprovisiert, aber Coversongs? "Auf keinen Fall", heißt es von Lars. Selbst zum Warmspielen nicht. Der eigene Song „Allein unterwegs“, ursprünglich 2017 entstanden, markiert seither stets den Anfang jeder Probe. „Ein Song mit Geschichte“, sagt Jacob. Und das trifft letztlich auf die ganze Band zu.
Touren, nicht hetzen
Die erste EP „Von jetzt an nur noch blind“ erschien 2024, (auf allen Streaming-Plattformen zu hören) die zweite ist bereits in Arbeit. Eine Albumproduktion wird es vorerst nicht geben, zu groß wäre der Aufwand neben Beruf, Familie und Alltag. Stattdessen geht die Band 2025 auf ihre erste eigene Tour: Die „Niemand wird satt“-Tour umfasst Auftritte in Stralsund, Born, Rostock, Schwerin, Barth, Prerow und Wustrow – eine beachtliche Liste für eine Band, die sich selbst immer noch eher als Freizeitprojekt versteht.
Kein Label, kein Limit
Ob ein Label für Richtungswexel infrage kommt? Vielleicht, „aber nur, wenn es wirklich passt“. Beruflich eingespannt und als Familienväter verwurzelt, möchten die vier nicht mehr alles auf eine Karte setzen. Der Weg ist das Ziel und genau darin liegt auch ihr Reiz. Musik bleibt Leidenschaft, nicht Lebensunterhalt.
Richtungswexel ist keine Band, die gerade erst loslegt, sondern eine, die viele musikalische Leben zusammenführt. Aus WUX, Riot Teddy, Fointology und Barther Schulband entsteht ein Kollektiv, das seine Stärke aus Authentizität und Erfahrung schöpft. Keine Show, kein Kalkül, dafür Songs mit Tiefe, Haltung und Humor.
Ihren nächsten Auftritt in Barth feiert die Band am 27. Juni in der Bar Jambolaya am Osthafen.
Richtungswexel Kontakt:
Mail: richtungswexel.band@gmail.com