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Barther Boddenblick
Ausgabe 7/2024
Nichtamtlicher Teil
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„Dann bin ich in den Brunnenschacht geklettert und habe die Wasserleitungen verlegt“

Klönschnack Extra am neuen Denkmal in Barth Süd – das haben wir gelernt!

Am Mittwoch, dem 24.06.2024 lud das Quartiersbüro in Barth Süd seine „Stammkunden“ unter unseren älteren Mitbürgern und alle weiteren Interessierten zu einer Klönschnack – Veranstaltung unter freien Himmel vor die „Alte Kaufhalle“ ein, um die Ernennung des Brunnens zu einem schützenswerten Baudenkmal zu würdigen.

Allen, die an der Veranstaltung teilgenommen bzw. mitgewirkt haben, sei es durch ihre Fragen, das Erzählen persönlicher Erinnerungen, durch Vorträge oder den Versuch, Bürgeranfragen zu beantworten, sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Für alle, die nicht teilnehmen konnten oder wollten, sei hier kurz zusammengefasst, was sie verpasst haben:

Ein Brunnen an der richtigen Stelle!

Jedes Mal, wenn das Quartiersbüro eine Veranstaltung auf dem Kaufhallen-Vorplatz macht, klettert das Thermometer an die 30 Grad – Marke und alle Besucher werden auf der Asphaltfläche vor der Kaufhalle „weichgekocht“. So auch diesmal wieder! Ein funktionierender Brunnen könnte für freundliche Abkühlung sorgen. Man merkt: da haben die Planer damals die richtige Stelle gewählt.

Nicht jeder, der einen Brunnen möchte, bekommt auch einen!

Dies machte Dr. Jörg Kirchner vom Landesamt für Denkmalpflege in Schwerin bei seinem Vortrag deutlich. Dass eine Kleinstadt wie Barth zu DDR Zeiten einen Brunnen bekommen hat, beruht wesentlich auf der Wichtigkeit und Leistungsfähigkeit als sozialistischer Industriestandort. Es stellte sich damit auf eine Stufe mit deutlich einwohnerstärkeren Städten in den damaligen Bezirken.

Nicht jeder Brunnen ist ein Denkmal – warum unser denn?

Die Antwort dazu kommt am besten von dem Fachmann, der die Begründung zur Denkmalwürdigkeit unseres Brunnens geschrieben hat, Herrn Kirchner. Im Einzelfall geht es natürlich zunächst um den künstlerischen Wert, der der Nachwelt erhalten werden soll, bei uns in Barth Süd um ein Werk des Keramikers Erich Nitzsche (1944 – 2009) aus Rostock – Lichtenhagen. Die Schnelllebigkeit der heutigen Zeit macht es allgemein erforderlich immer früher über Denkmalschutz nachzudenken, da die möglichen Denkmale ansonsten verschwunden oder verändert worden sind. Daher bemüht sich das Landesdenkmalamt in Schwerin nun auch verstärkt darum, Kunstwerke aus jüngerer Vergangenheit unter Schutz zu stellen und so zu ihrer Erhaltung beizutragen.

Dann bin ich in den Brunnenschacht geklettert und habe die Wasserleitungen verlegt“

Die künstlerische Gestaltung unseres Brunnens ist die eine Seite. Damit aus allen acht (unterschiedlich verteilten) Öffnungen gleichmäßig Wasser fließt, ist aber einiges mehr erforderlich. Ausgeführt wurden diese handwerklich nicht einfachen Arbeiten Anfang der 80er Jahre von der PGH Stahlbau und zwar – wie wir jetzt wissen – von einem Lehrling, weil er am besten in den engen Mittelschacht des Brunnens gelangte. Gut, dass es noch Zeitzeugen gibt, die davon berichten können!

Wer weiß noch was und hat noch nicht erzählt?

Der Lehrling ist heute Rentner und spontan beim Klönschnack aufgetaucht. Vielen Dank dafür. Er kann sich auch daran erinnern, es habe eine Einweihung gegeben, aber als Lehrling damals sei er nicht beteiligt gewesen. In der Klönschnack-Runde konnte sich niemand der Anwohner erinnern. Unsere Kinder hätten im Sommer im Auffangbecken gespielt, das ja, konnte eine Frau sich erinnern, aber ob es davon Fotos gebe? Eine Frau fügte an, dass bei ihrem Zuzug 1982 sich auch schon die Trinker am Brunnen getroffen. Saufen soll es also schon vor der Wende gegeben haben, nur die Entsorgung erfolgte auf anderen Wegen? Das Quartiersbüro ist wie immer neugierig auf Erzähltes oder wenn es noch, was zu zeigen gibt!

Wie Dein Brunnen so Dein Stadtteil – und umgekehrt!

Herr Dr. Kirchner hat in seinem Vortrag beim Klönschnack sehr eindrücklich herausgestellt, welche Funktionen Plätze – insbesondere mit einem Brunnen – für eine Gemeinschaft haben, als quasi magnetischer Anziehungspunkt und Aufenthaltsort wie etwa in Berlin, Dresden oder Rostock weiterhin zu sehen ist. Seiner Auffassung nach ist der Zustand eines Brunnens immer auch ein Spiegel des Zustands der Gemeinschaft bzw. einer Stadt oder eines Stadtteils.

Über den Stadtteil Barth Süd gibt es viele Meinungen und mit Sicherheit lässt sich sagen, dass nicht alle stimmen, die einem so zu Ohren kommen. Zum aktuellen Zustand des Brunnens, der zwischenzeitlich bepflanzt worden war, zum Flaschengrab verkommen und jetzt eingezäunt ist, sollen hier die Worte einer anderen Anwohnerin zitiert werden: „Traurig. Einfach nur traurig!“

Wie also soll es jetzt weitergehen, Herr Bürgermeister?

Ein besonderer Dank gilt auch Friedrich Carl Hellwig, der als amtierender Bürgermeister nicht nur an der Veranstaltung teilnahm, sondern das Gespräch mit den anwesenden Fachleuten und Bürgern suchte und den – unvermeidlichen - kritischen Fragen nicht ausgewichen ist:

Nein, der Brunnen und Kaufhalle sind damals, wie vieles andere verkauft worden. Da dies vor Beginn seiner Amtszeit lag, sind die Umstände nicht in Gänze klar. Fakt ist, sie sind jetzt in Privatbesitz

Ja, Kaufhalle und Brunnen liegen in der Mitte des Stadtteils. nicht ohne Grund habe die Stadt dort das Quartiersbüro angesiedelt.

Ja, die Stadt habe mehrfach das Gespräch mit dem Eigentümer gesucht, um eine Lösung für einen Rückkauf zu finden. Es gebe eine „große Lösung“ mit Rückkauf der Kaufhalle, realistischer sei aber eine „kleine Lösung“, die Rückkauf von der Freifläche mit Brunnen beinhalte.

Ja, er begrüße den Denkmalstatus. Dies sei eine große Hilfe bei der Erhaltung. Wie der Herr Kirchner vom Landesamt für Denkmalpflege herausgestellt habe, handele es sich um einen großen Brunnen für eine kleine Stadt. Da ist jede Möglichkeit, über die Denkmal-Schiene Fördermittel zu beantragen, zu begrüßen.

Auf Anregung des Bürgermeisters wird das Quartiersbüro zu einem freiwilligen Einsatz zur Verbesserung des Zustands am Brunnen einladen. Boddenblick-Leser erfahren vom Termin hier. Alle Freiwilligen können ihr Interesse im Quartiersbüro hinterlegen und werden dann direkt informiert. Vielen Dank!

Der nächste Kaufhallen-Klönschnack für Senioren findet am Mittwoch, dem 14.08.2024 in der Zeit von 14 – 16 Uhr im Barther Rathaussaal statt. Um Anmeldung unter den Tel.nummern 37510 oder 37300 wird gebeten.

Volker Reintjes, Quartiersbüro Barth Süd