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Barther Boddenblick
Ausgabe 7/2025
Nichtamtlicher Teil
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Hausgeschichte(n) aus dem Papenhof Teil 1:

Der Garten am Papenhof zu Campowskys Zeiten

Stadtmusikus Heinrich Campowsky und seine Kinder

Johann Friedrich Heinrich Campowsky, geb. am 11.01.1832 in Glewitz, erwarb im Jahre 1867 als Stadtmusikus das Bürgerrecht der Stadt Barth. Zu diesem Zeitpunkt war er schon seit 4 Jahren mit der Bartherin Luise Friedrichs verheiratet. Sein Vorgänger war sein Schwiegervater Heinrich Theodor Friedrichs, der ihm am 26.09.1871 sein Wohnhaus und Geschäft übertrug. Friedrichs bekleidete das Amt des Stadtmusikus seit dem 9.4.1835. Campowsky galt als sehr gesellig und war, zum Leidwesen seiner Ehefrau, ein leidenschaftlicher Kartenspieler (Pharo, Glücksspiel mit französischen Karten). Das brachte die beiden jedoch nicht auseinander - ihre Silberhochzeit haben sie 1888 innig gefeiert.

Als Stadtmusikus verpflichtete er sich vertraglich gegenüber der Stadt, bei allen Anlässen und Veranstaltungen, die einer musikalischen Untermalung und Begleitung bedurften, mit seinen Musikanten aufzutreten und die Kapelle mit hinlänglichen und guten Leuten zu versehen. Auch für den 1878 gegründeten Männer-Gesangsverein, der meist von Lehrern geleitet wurde, sorgte Campowsky bei Gesangs-Veranstaltungen, bspw. in der „Alten Burg“, für die musikalische Begleitung. Es folgten Zusammenarbeiten mit der Ribnitzer Stadtkapelle oder dem Zingster Gesangsverein „Euterpe“. Im Gegenzug bekamen die Stadtmusici seit jeher eine Dienstwohnung gestellt, die sich schon zu den Zeiten des Stadtmusikus Georg Friedrich Wiesener in der Papenstraße 9 befand.

Ebenfalls vereinbart war eine Mietentschädigung, die dem Stadtmusikus für diese Dienstwohnung ausgezahlt wurde. Die Stadtkapelle unter der Leitung Campowsky vergrößerte sich zunehmend und schon bald waren die Räumlichkeiten der alten Dienstwohnung nicht mehr ausreichend um unter ordentlichen Bedingungen zu Proben oder zu unterrichten. So erfolgte ein Umzug, der nur ein paar Meter in das danebenstehende Gebäude erforderte, in den Papenhof.

Somit gilt Campowsky als erster Mieter des Papenhofes, nachdem der damalige Eigentümer Ludwig Holtz, Schwiegersohn von Bürgermeister Friedrich Oom, 1875 von Barth wegzog. Laut der Volkszählung von 1875 bewohnte Campowsky mit seiner Ehefrau, seinen 4 Kindern sowie zwei Gesellen, fünf Lehrlingen und einem Dienstmädchen die Papenstraße 318 und 319, also sowohl den Papenhof als auch weiterhin die alte Dienstwohnung daneben. Dort lebte er also mit seiner Familie, unterrichtete seine Lehrlinge und probte mit seiner viel gerühmten Musiker-Kapelle, die aus Professionellen und Laien bestand. Im selben Jahr beantragte Campowsky für den Papenhof eine Konzession zum Betreiben einer Gastwirtschaft, was jedoch abgelehnt wurde. Die Familie Campowsky zog ca. 1885 in die Badstüberstraße 35 um.

Es war selbstverständlich, dass alle Kinder der Familie ein Musikinstrument spielen lernten und bei vielen Gelegenheiten ließ der stolze Vater eine seiner Töchter einem erstaunten Publikum Sopran-Soli aus Mozarts Figaro vorsingen. Die älteste Tochter Martha (geb. 1863) war noch um 1914 Musiklehrerin in Barth. Seine Töchter Anna und Margarete wohnten zusammen am Markt 3, eines der Häuser, die später 1971 abgebrannt sind. Danach ging es in den Teergang, wo Anne Klavier- und Geigenunterricht gab während ihre Schwester als Handarbeitslehrerin tätig war. Eine weitere Tochter, Marie Louise Theodore, ging als Kindermädchen nach Hamburg, wo sie 1909 heiratete. Ein Stück ihrer Heimat hatte sie mitgenommen und stets in Ehren gehalten: eine Zeichnung von 1885 mit Segelschiff und Ruderboot mit der Barther Kirche im Hintergrund skizziert von Louis Douzette. Über die Tochter Frida und Sohn Franz ist nichts bekannt.

Campowskys jüngster Sohn Heinrich (Henry), geboren am 3. April 1882, absolvierte sein Musikstudium, erhielt den Titel „Virtuos“ in Paris und musizierte ebenfalls hier in Barth, u.a. mit seinen Schwestern bei Kirchenkonzerten. Nachdem sein Vater Ende Juni 1897 verstarb, zog ihn seine Karriere als Musiker stets immer weiter in die Welt hinaus. Von 1900 bis 1901 spielte er noch als Orchestermitglied in der Philharmonischen Gesellschaft Rostock e.V. unter den zweiten Violinen. Danach war er in den Zeiträumen 1903-1917 und 1920-1923 im Philadelphia Orchestra aus Pennsylvania in den USA, welches zu den sogenannten „Big Five“, den fünf bedeutendsten Sinfonieorchestern der USA zählt. Hier spielte er unter dem Vornamen Henry die erste Violine („die erste Geige“), eine der höchsten Positionen in einem Orchester gleich nach dem Dirigenten. Während der Depression in den späten 30er bzw. frühen 40er Jahren gab es in Philadelphia noch ein zweites, bedeutsames Orchester, das Civic Symphony Orchestra of the WPA (Works Progress Administration´s), das einen Zusammenschluss aus arbeitslosen Musikern darstellte. Auch hier war Henry als Konzertmeister in einer hohen Position. Er verbrachte sein restliches Leben mit seiner Frau Angele in Philadelphia, wo er 90-jährig im November 1972 verstarb.

Christian Schumacher
Vineta-Museum der Stadt Barth