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Barther Boddenblick
Ausgabe 9/2025
Nichtamtlicher Teil
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Hausgeschichte(n) aus dem Papenhof Teil 3:

Oom war 1810 in der neu gegründeten Studentenverbindung Corps Pomerania, die noch heute in Greifswald existiert

Die gedruckte Stadtchronik von Friedrich Oom aus der Bibliothek des Grafen von Krassow auf Divitz mit seinem Exlibris auf dem Einband, Schenkung Mario Galepp

Bürgermeister Friedrich Oom und seine Barther Stadtchronik

Friedrich Oom wurde am 6. Juni 1793 in Garz auf Rügen geboren. Er war der Sohn des dortigen Bürgermeisters und Stadtrichters Gustav Heinrich Oom. Seine schulische Ausbildung erhielt er zunächst durch Privatlehrer im Elternhaus. Trotz mehrfacher Unterbrechungen durch die Wirren der Kriegsjahre ab 1806 bereitete er sich mit großem Einsatz auf sein Studium vor. Im Jahr 1810 bezog er die Universität Greifswald, wo er bei den Professoren Voigt, Gesterding und Schildener Rechtswissenschaften studierte. Dabei erwarb er sich fundierte und umfassende Kenntnisse im Recht, in der Geschichte und in der klassischen Literatur. Nach dem Abschluss seines Studiums legte er erfolgreich seine Prüfungen als Notar und Advokat am Gericht in Greifswald ab.

Oom bewarb sich 1815 in Barth: „Nachdem ich auf der hiesigen Academie vier Jahre die Rechte studieret, wurde ich (...) unter die Zahl der Notarien aufgenommen und erhielt nachgehends vom Königl. Hofgericht die Advocatenmatrikel. (...) Kann es also jetzt nur mein Bestreben seyn, dem Vaterlande in dem erwählten Fache durch meine Dienste nüzlich zu werden; so scheint sich mir in Barth eine Aussicht dazu, (...).“

Er wurde als juristisch gebildetes Mitglied in den Stadtrat von Barth berufen, wo er mit großer Treue, Umsicht und Tatkraft wirkte.

1818 befahl die Königliche Regierung die Anfertigung von Stadtchroniken und der Barther Magistrat übertrug diese verantwortungsvolle Aufgabe dem hingebungsvollen Rathsverwandten und Polizeydirektor Friedrich Oom. Im Februar 1820 fragte man seitens der Regierung ungeduldig nach dem Fortschritt der Chronik. Zu dieser Zeit war Oom immer noch beschäftigt mit der Sammlung von Quellenmaterial, doch er bekam eine Frist bis Januar 1821. Oom erstattete nun Bericht: „Nach der Vorschrift der Kgl. Regierung soll die Chronik zwar nur mit dem 19. Jahrhundert anleben, da indes auch die früheren Begebenheiten unserer Stadt uns nicht ganz gleichgültig seyn können, sondern uns schon das sind, was die Heutigen den Nachkommen wert werden sollen, da wir ferner eine Chronik über die allerältesten Zeiten bereits besitzen (...).“

Oom lag dafür die handschriftliche Chronik von Wichmann (1619) vor, die er aber stark überarbeiten und ergänzen musste, sodass für sein Vorhaben ungeahnte Vorarbeiten nötig wurden. Er hat alles verfügbare Archivmaterial, auf das sich die alte Wichmann´sche Chronik bezog, mühsam zusammen gesucht, sortiert, analysiert und akribisch für die ersten Jahrhunderte der Barther Geschichte verarbeitet. Oom schlussfolgerte: „Alles wäre noch Arbeit von Jahren, weil die alten Papiere bereits als Makulatur behandelt sind, und durcheinander liegen.“ Makulatur bedeutet, dass Fragmente von alten Dokumenten als Altpapier wiederwerwendet wurden in Form von Trennblättern, Notizen oder gar als Einbände für neuere Akten. Oom fand später in einem Einband eines alten Stadtverlaßbuches ein Pergament, welches er vorsichtig abtrennte und das sich als eine Haushaltsrechnung des Rügenfürsten von 1325 herausstellte. Die älteste Zeit, um auf die häusliche Lebensweise und innere Denkungsart unserer Vorältern möglichst Rücksicht zu nehmen, war geschrieben und erweitert bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts. Es war 1822, als die immer noch ungeduldige Regierung verlangte, nun auch die Chronik der nächsten Jahrzehnte anzufertigen. Oom aber blieb unbeirrt und ließ sich nicht unter Druck setzten: „(...) da mir sonstige Amtsgeschäfte es mir ohnehin nicht verstatten nie ausgesetzt an der Chronik zu arbeiten, mit Fleiß die Vollendung derselben nicht beeilt und gefunden, daß sie durch diese Zögerung an Vollständigkeit und Gründlichkeit gewinnen wird (...).“

Dieser zweite Teil, der die Jahre 1801 bis 1822, also im wesentlichen die „französische Heimsuchung“ in Barth behandelte, wurde von Oom als Konzept nachgereicht. In die gedruckte Chronik von 1851 hat dieser Teil keinen Eingang mehr gefunden, da Oom ihn nicht mehr vollendete und selbst darüber urteilte: „Die Begebenheiten der letzten Jahre sind erkennbar zu früh niedergeschrieben. Die Kürze der seither verflossenen Zeit verhinderte den zur richtigen Beurtheilung erforderlichen Überblick, die Wirkungen des Geschehenen hatten sich noch nicht gehörig entwickelt, und selbst die Unbefangenheit der Erzählung ward durch Verhältnisse der Gegenwart zerstört. Solche Mängel rauben aber der Erzählung selbst erlebter Vorfälle fast allen Wert.“

Vielmehr war er darum bemüht, seine Arbeit der Öffentlichkeit nicht vorzuenthalten, und ließ seine Chronik später als Serie im Barther Wochenblatt erscheinen.

1825 verlobte Oom sich mit Helena Maria Johanna Struck, dessen Onkel den Papenhof bewohnte. Nun war der alte Oheim Struck nicht mehr so einsam in dem geräumigen Haus, zumindestens in seinen letzten Lebensjahren, denn er war 1830 im Alter von 87 Jahren sanft entschlafen. Oom machte aus dem Papenhof ein Familienfideikommiß, um den Besitz generationsübergreifend zu erhalten. Die Amtsgeschäfte seiner richterlichen Pflichten, pflegte er dort zu erledigen und auch in kommenden Jahrzehnten war der Papenhof ein Wirkungsort für folgende Amtsrichter.

Durch seine gründlichen Recherchen im Stadtarchiv hatte er sich tief in die Geschichte Barths eingearbeitet. Im ersten Band der Baltischen Studien 1832 veröffentlichte er einen wertvollen Beitrag über die älteren kirchlichen Einrichtungen und die erste Gründung der lutherischen Kirche in Barth. 1835 wurde Oom zum Bürgermeister und Syndikus gewählt und übernahm damit die Leitung der Stadtverwaltung. Als Abgeordneter nahm er mehrfach an den Pommerschen Kommunal- und Provinziallandtagen sowie 1847 am Ersten Vereinigten Landtag der Provinz Pommern in Berlin teil, wo er sich an Beratungen zu allgemeinen Landesangelegenheiten beteiligte.

Im Zuge der Justizreform legte er Anfang 1849 seine städtischen Ämter nieder. Stattdessen übernahm er das Amt des Königlichen Kreisgerichtskommissars und Einzelrichters am Kreisgericht Stralsund für Barth und das Umland. Diese neue Aufgabe beanspruchte ihn stark, obwohl er sich der richterlichen Tätigkeit mit besonderer Hingabe widmete. Am 8. November erkrankte er plötzlich, scheinbar nur leicht, verstarb jedoch am folgenden Vormittag sanft. Er hinterließ seine Ehefrau und mehrere Kinder. Superintendent Dumrath würdigte sein Lebenswerk mit einem Nachruf im Barther Wochenblatt vom 17. November 1849 und der Herausgabe seiner Chronik 1851. Friedrich Oom war ein Mann von erprobter Rechtschaffenheit, von christlicher Frömmigkeit, der selten den Gottesdienst versäumte, von einem, biederem Wesen, schlecht und recht, ohne allen Flitterglanz.

Christian Schumacher
Museum Papenhof Barth