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Dummerstorfer Amtsanzeiger
Ausgabe 6/2025
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Windenergie in der Gemeinde Dummerstorf

Windpark Schlage / Pankelow

Aktuelle Informationen und Wissenswertes

1. Einige Worte zum Einstieg

Erneuerbare Energien und die Frage der Energieunabhängigkeit sind seit Jahren ein zentrales Thema – auf Bundesebene ebenso wie in den Kommunen. Der Ausstieg aus der Kernenergie, die Reduzierung fossiler Energieträger und die langfristige Umstellung auf klimafreundliche Technologien stellen Deutschland vor große Herausforderungen. Dabei nimmt die Windenergie eine Schlüsselrolle ein, da sie in großem Umfang zur Stromerzeugung beitragen kann – insbesondere auch im ländlichen Raum.

In der Gemeinde Dummerstorf rücken Fragen zur Nutzung der Windkraft zunehmend in den Fokus. Das Thema wird häufig kontrovers und emotional diskutiert: Windkraftanlagen verändern das Landschaftsbild, werfen Fragen des Naturschutzes und der Akzeptanz auf und betreffen unmittelbar die Menschen vor Ort. Der folgende Beitrag informiert über den aktuellen Stand in der Gemeinde, über bereits getroffene Entscheidungen, über rechtliche Grundlagen sowie über mögliche wirtschaftliche Auswirkungen und Beteiligungsmodelle. Ziel ist es, zentrale Fragen transparent und sachlich zu beantworten.

2. Zurückliegende Entscheidungen und Genehmigungsbehörden

In der Gemeinde Dummerstorf stehen aktuell 18 Windenergieanlagen, unter anderem in den Bereichen Hohen Schwarfs, Reez, Kavelstorf und Dummerstorf. Die Ausweisung geeigneter Flächen und die Genehmigungen für Windkraftanlagen erfolgen jedoch nicht durch die Gemeinde. Die Regionalplanung – und nicht die Kommune – legt Vorranggebiete für Windkraftnutzung fest. Zuständig für die Genehmigung der Anlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz ist das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt (StALU). Die Gemeinde wird an den Verfahren beteiligt, trifft aber keine abschließenden Entscheidungen.

Die Gemeindevertretung hat die Entwicklung der Windenergie in der Vergangenheit stets aufmerksam und auch mit einer gewissen Skepsis begleitet. Im Rahmen von Beteiligungsverfahren nach § 36 BauGB wurde die Position der Gemeinde regelmäßig an die zuständige Genehmigungsbehörde übermittelt. In Fällen, in denen die Belange der übergeordneten Raumordnung und Energiepolitik überwiegen, kann das sogenannte Einvernehmen der Gemeinde durch die Behörde ersetzt werden – insbesondere, wenn der Ausbau der Windenergie als Ziel von Landes- und Bundesinteresse gewertet wird.

3. Förderung von Windenergieanlagen

In der öffentlichen Diskussion rund um Windenergie wird gelegentlich der Eindruck vermittelt, dass Windkraft nur aufgrund staatlicher Förderung wirtschaftlich sei. Dabei wird häufig übersehen, dass auch andere Energieformen in der Vergangenheit in erheblichem Maße öffentlich unterstützt wurden. So wurde der Kohlebergbau jahrzehntelang mit Subventionen in Milliardenhöhe getragen – sei es durch direkte Zuschüsse, Steuererleichterungen oder die Übernahme von Folgekosten. Auch die Atomenergie wurde staatlich umfassend gefördert, etwa durch Forschungsprogramme, Versicherungshaftungsbegrenzungen und Rückbaukostenübernahmen.

Im Bereich der erneuerbaren Energien wurde mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ein gesetzlicher Rahmen geschaffen, der Investitionen in zukunftsfähige Technologien ermöglichen soll. Seit 2017 wird die Vergütungshöhe für Windstrom über Ausschreibungen ermittelt – das günstigste Gebot erhält den Zuschlag. Für die Laufzeit von 20 Jahren ist die daraus resultierende Einspeisevergütung gesetzlich garantiert.

Bis Mitte 2022 wurde diese Förderung über die EEG-Umlage auf den Strompreis finanziert. Seit Juli 2022 erfolgt die Finanzierung über den Energie- und Klimafonds des Bundes. Für Anlagenbetreiber bietet dies Planungssicherheit. Die Kosten der Förderung werden damit nicht unmittelbar von den Stromverbrauchern getragen, sondern über den Bundeshaushalt abgefedert.

4. Derzeitiger Entwicklungsstand

In der Gemeinde Dummerstorf befinden sich derzeit mehrere neue Windkraftprojekte in der Umsetzung bzw. in Planung. Zwischen Schlage, Pankelow, Bandelstorf, Göldenitz, Petschow und Lieblingshof wird ein größerer Windpark beidseitig der Bundesautobahn 20 entstehen. Geplant sind zehn Windkraftanlagen, vorbereitende Maßnahmen wie der Wegebau beginnen demnächst.

Im Bereich Meiereiweg, wo bereits zwei Anlagen errichtet wurden, sind vier zusätzliche Anlagen vorgesehen. Die Genehmigungen liegen bereits vor, der konkrete Baubeginn ist noch offen. Für Bestandsanlagen in der Gemeinde könnte in den nächsten Jahren ein sogenanntes Repowering stattfinden– das heißt, ältere Anlagen werden durch neue, leistungsstärkere Anlagen ersetzt. Über den Energieatlas Mecklenburg-Vorpommern (www.energieatlas-mv.de) können sich Interessierte über Standorte, Anlagendaten, Bauhöhen und Projektstatus umfassend informieren.

5. Optionsvertrag: Gemeinde sichert sich Beteiligung an Windkraftanlage

Die Gemeindevertretung Dummerstorf hat bereits vor einigen Jahren einen Optionsvertrag abgeschlossen, um sich einen potenziellen wirtschaftlichen Vorteil am entstehenden Windpark Schlage zu sichern. Dabei geht es um eine konkrete, bereits genehmigte Windenergieanlage (WEA), deren Standort festgelegt und Bestandteil des Gesamtprojektes ist. Es handelt sich also nicht um einen neuen Standort, der speziell für die Gemeinde geschaffen würde. Die Anlage wird ohnehin errichtet – entscheidend ist die Frage, wer sie nach Fertigstellung betreibt und von den Einnahmen profitiert.

Am 28. Januar 2025 hat die Gemeindevertretung beschlossen, diese Option grundsätzlich wahrzunehmen – allerdings unter bestimmten Bedingungen. Dazu gehört insbesondere, dass der genaue Kaufpreis vorliegt sowie ein verbindlicher Zeitplan zur fristgerechten Inbetriebnahme vorliegt. Letzteres ist entscheidend, weil die gesetzlich garantierte Einspeisevergütung nach EEG an ein konkretes Inbetriebnahmedatum gebunden ist. Nur wenn dieses eingehalten wird, gilt die gesicherte Vergütung über 20 Jahre.

Ein verbindlicher Anlagenpreis sowie ein konkreter Zeitplan konnten im Vorfeld jedoch nicht rechtzeitig zugesichert werden, so dass zwischen Gemeinde und Anlagenhersteller zunächst kein Lieferungs- und Wartungsvertrag zustande kam. Deshalb wird die ursprüngliche Option nicht zum jetzigen Zeitpunkt ausgeübt. Der aktuelle Stand sieht nun vor, dass der Betreiber der Anlage der Gemeinde Dummerstorf nach deren Inbetriebnahme ein Kaufangebot für eine schlüsselfertige Anlage unterbreiten wird.

Die Investitionssumme für eine moderne Anlage dieser Leistungsklasse liegt im Durchschnitt bei rund 10 Millionen Euro. Auf der Ertragsseite steht eine mögliche jährliche Einnahme von ca.

1 Million Euro. Diese kann – je nach Windverhältnissen – höher oder niedriger ausfallen. Ein Aspekt für die Gemeinde ist dabei: Die Einnahmen aus dem Betrieb der Windkraftanlage wären kreisumlagefrei. Das heißt, sie fließen vollständig in den Ergebnishaushalt der Gemeinde und würden diesen angesichts der bestehenden Haushaltslage deutlich stärken. Die Finanzierung könnte dabei über Rücklagen, Kreditaufnahme oder eine Kombination beider Wege erfolgen.

Erklärung: Kreisumlage und Auswirkungen bei 43,57 %

Die Kreisumlage ist ein gesetzlich geregelter Finanzbeitrag, den Städte und Gemeinden an ihren jeweiligen Landkreis zahlen müssen. Sie dient dazu, die Aufgaben und Ausgaben des Landkreises (z. B. für Schulen, Jugendhilfe, soziale Dienste, ÖPNV) zu finanzieren. Die Höhe richtet sich nach dem sogenannten Kreisumlagesatz, den der Kreistag jährlich festlegt – er wird als Prozentsatz auf die Steuerkraft der Gemeinden (insbesondere deren Einnahmen aus Einkommensteuer, Gewerbesteuer und Schlüsselzuweisungen) angewendet.

Beispielhafte Auswirkung: Hat eine Gemeinde eine steuerkraftwirksame Einnahme von 1.000.000 Euro und der Kreisumlagesatz beträgt 43,57 %, dann muss die Gemeinde 435.700 Euro an den Landkreis abführen. Es verbleiben der Gemeinde in diesem Beispiel also nur 564.300 Euro, die sie tatsächlich für eigene Aufgaben verwenden kann.

Einnahmen aus einer gemeindeeigenen Windenergieanlage – z. B. als Betriebserlös – unterliegen nicht der Kreisumlage, sondern gehen vollständig in den Ergebnishaushalt der Gemeinde ein. Das macht solche Einnahmen besonders interessant.

Die abschließende Entscheidung über einen möglichen Erwerb sowie die konkrete Form der Finanzierung wird voraussichtlich Mitte des kommenden Jahres durch die Gemeindevertretung getroffen – dann auf Basis eines konkreten Angebots und vollständiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen.

6. Beteiligung von Gemeinde und Bürgern

Betreiber von Windkraftanlagen können Standortgemeinden freiwillig nach § 6 EEG mit 0,2 Cent pro eingespeiste Kilowattstunde finanziell beteiligen. Für eine moderne Anlage mit rund 10 Millionen Kilowattstunden Stromproduktion pro Jahr ergeben sich daraus etwa 20.000 € jährlich für die Gemeinde. Diese Zahlungen sind jedoch freiwillig und setzen ein entsprechendes Angebot des Betreibers voraus.

Darüber hinaus gilt in Mecklenburg-Vorpommern das Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz (BüGembeteilG M-V). Es verpflichtet Betreiber von Windparks, Gemeinden und Bürgern im Umkreis eine wirtschaftliche Beteiligung zu ermöglichen – beispielsweise über den Erwerb von Gesellschaftsanteilen, über Beteiligungsfonds oder Ausgleichszahlungen. Diese gesetzliche Pflicht geht über die freiwillige Regelung des EEG hinaus.

Die Gemeindevertretung wird zu gegebener Zeit beraten, ob Einnahmen aus Windanlagen bevorzugt in den Ortsteilen verwendet werden sollen, die direkt vom Bau oder der Sichtbarkeit der Anlagen betroffen sind. Auch die Prüfung eines möglichen kommunalen Bürgerstrommodells ist denkbar. Ob und wie dies umgesetzt werden kann, wird Bestandteil weiterer Beratungen sein.

Schlusswort

Mit diesem Beitrag sollen zentrale Informationen zur Windenergie in Dummerstorf transparent und verständlich gemacht werden. Die Entwicklungen im Bereich Windkraft sind dynamisch, vielschichtig und betreffen sowohl technische als auch wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragen. Die Gemeinde steht vor der Aufgabe, Interessen in Einklang zu bringen, Chancen zu nutzen und Prozesse rechtssicher zu begleiten. Auch im Bereich der Photovoltaik sind Projekte in Vorbereitung – insbesondere entlang der Bundesautobahnen 19 und 20 sowie an Schienenanlagen. Diese sollen in einem späteren Beitrag, wenn gewünscht, separat behandelt werden.

Die Gemeindeverwaltung wird zeitgerecht vor der nächsten Entscheidung zum Thema gemeindeeigene Windkraftanlage eine Informationsveranstaltung durchführen. Ich danke für das Interesse und stehe für Rückfragen und Anregungen gerne zur Verfügung.

Jürgen Sprank
Bürgermeister der Gemeinde Dummerstorf
Quellenverzeichnis und weitere Informationen:
  1. Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), §§ 6, 22 ff., abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/eeg_2023

  2. Bürger- und Gemeindenbeteiligungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern (BüGembeteilG M-V), GVOBl. M-V 2016, S. 778, https://www.landesrecht-mv.de

  3. Energieatlas Mecklenburg-Vorpommern, interaktive Kartenplattform: www.energieatlas-mv.de

  4. BMWK – Dossier Erneuerbare Energien, Informationen zur EEG-Finanzierung und Abschaffung der EEG-Umlage: www.bmwk.de

  5. Bundesnetzagentur – Ausschreibungen Windenergie an Land: www.bundesnetzagentur.de

  6. Ministerium für Klimaschutz, Landwirtschaft, ländliche Räume und Umwelt MV, Zuständigkeiten Genehmigung: www.regierung-mv.de

IMPRESSUM:

Dummerstorfer Amtsanzeiger – Sonderbeilage Windenergie

Erscheinung: 15. des Monats. Die Auflage: 3.888 Exemplare

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Druck: Druckhaus WITTICH, An den Steinenden 10, 04916 Herzberg/Elster

Verantwortlich für den Teil Sonderbeilage: Der Bürgermeister.