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Stargarder Zeitung
Ausgabe 12/2024
Kultur und Veranstaltungen im Stargarder Land
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Die Jugendherberge auf der Höhenburg Stargard von 1923 bis 1945

Burg Stargard - Burggaststätte und Jugendherberge nach 1938 Verlag Ww. Niemann

Einer der Mitbegründer der Jugendherberge Stargard, am 10. Juni 1923, war neben Prof. Burkhard Schomburg aus Lübeck auch der Amtsgerichtsrat Dr. Marnung in Schönberg, der die Jugendherberge St. Georg in Neubrandenburg 1921 mit aufgebaut hatte. Die Jugendherberge auf der Burg Stargard wurde seit ihrer Gründung eine der beliebtesten Wanderer-Unterkünfte in unserer Region und das zu einem günstigen Preis. Sie war in dieser Zeit die einzige weit und breit die ihre Heimstatt auf einer Burg hatte. Ein- und mehrtägige Wanderungen halfen, die Mecklenburg-Strelitzschen Lande rund um die Burg besser kennenzulernen. Die Aufenthalte in unserer Jugendherberge förderten die Gesundheit und den Zusammenhalt bei Gesang, Tanz und Spiel. Gemeinsame Erlebnisse führten Jugendliche unterschiedlicher Weltanschauungen und Glaubensrichtungen aus aller Welt zusammen. Die Gruppen übernahmen auch Verantwortung für Sauberkeit und Ordnung in ihrer Unterkunft sowie für Küchendienste und Verpflegung. Diese Aufgaben kamen nicht nur den Mädchen zu. Bei der Vorbereitung von Wanderungen erhielten die jungen Leute Hilfe von den Herbergseltern, dem Ehepaar Sievert. 1928 wurden reichsweit die Mittel für Turnen, Sport und Wandern erhöht. 1929 bezahlte ein Mitglied der Deutschen Jugendherbergen im damaligen Gau Mecklenburg einen Mitgliedsbeitrag von 3 Reichsmark. Im Jugendherbergsausweis war die Mitgliedsnummer, der Name, das Geburtsdatum und der Beruf, die Anschrift des Mitglieds und die Ausgabestelle des Mitgliedsausweises mit dem Stempel der zuständigen Ortsgruppe vermerkt. 1930 führte man im Deutschen Reich den ersten Reichs-Opfer und Werbetag für die Jugendherbergen ein, um Spendenmittel für die Herbergen zu sammeln. Die JHB Burg Stargard verfügte 1930 über eine Kapazität von 40 Betten. 1932 besitzt das Jugendherbergswerk im Reich 36 Jugendburgen und -schlösser, zu denen auch Burg Stargard gehörte. Das fröhliche Jugendleben hätte sicher noch weiter fortgedauert, wären nicht die braunen Wolken der nationalsozialistischen Bewegung am Himmel erschienen, die in den 1930er Jahren eine faschistische Diktatur errichtete, welche wenig später im Zweiten Weltkrieg mündete. Mit den Gleichschaltungsgesetzen 1933 hat man die JHB dem Jugendführer des Deutschen Reiches unterstellt und ihr Vermögen und Inventar der Hitlerjugend übereignet. Die Neubrandenburger Zeitung berichtete in ihrer ersten Beilage vom Reichswerbe- und Opfertag für das Deutsche Jugendherbergswerk im April 1934: „Wenn heute und morgen in unserer engeren Heimat die Jungen und Mädels in die Häuser kommen oder ihre (Ansteck-) Blumen für das Jugendherbergswerk verkaufen, dann wissen wir, dass damit Erholungs- und Raststätten geschaffen werden, die der deutschen Jugend auf der Wanderung eine Bleibe bieten sollen. Wenn unsere Jugend Deutschland lieben lernen soll, so ist es notwendig, dass sie das schöne Vaterland kennenlernt.“ Im Kreis Stargard gab es 1934 insgesamt 6 JHB: in Neubrandenburg, auf der Burg Stargard, im Tannenkrug sowie in Neustrelitz, Feldberg und Mirow. Ab 1935 wurden die Gaue zu Landesverbänden des Deutschen Jugendherbergswerks zusammengefasst. Neben der Unterbringung von Gruppen der Hitlerjugend und Schulklassen diente die Jugendherberge auf der Burg als Schulungs-,Tagungs- und Sportstätte. Ganz im Sinne der faschistischen Ideologie in der die Körperertüchtigung der Jugend und die Förderung des nationalsozialistischen Gedankengutes eine zentrale Rolle übernahm. In Burg Stargard organisierte die HJ Geländespiele und -märsche die bis in das Neubrandenburger Mühlenholz führten. 1936 erfuhr die Jugendherberge auf der Burg unter Einbeziehung des gesamten oberen Tores eine Erweiterung auf 88 Betten. Von unserer JHB konnte man beispielsweise eine Wanderung zum großen Stein über die Papiermühle durch das Mühlenholz zur Hintersten Mühle in Neubrandenburg unternehmen. Jüdischen Jugendlichen war eine Einkehr in der Herberge untersagt. Die Meinungsfreiheit ging in dieser Zeit dahin, Befehle, Drill und Gehorsam bestimmten den Alltag der Gäste. 1938 wurde die Gaststube „Zur Alten Münze“ auf der Burg eröffnet. Schon Anfang 1941 diente die Gaststätte dem Stab und der Kommandantur der Panzerjägerkompanie der 302. Infanteriedivision der Deutschen Wehrmacht als Quartier. Ab dem 1. April 1943 war die Gaststube geschlossen. Zum Ende des Krieges beherbergte die Burg wie auch die ganze Stadt Burg Stargard eine große Zahl von Kriegsflüchtlingen.

Quellen: Akten und Urkunden der Stargarder Chronik auf der Burg

Claudia Beuthin
AG Chronik,
Die AG Chronik wünscht allen Spendern und Unterstützern der Chronik-Arbeit ein besinnliches Weihnachtsfest und ein gesundes Neues Jahr 2025.