Myotis myotis, Große Mausohren am Schornstein
Die Denkmalpflege machte die Auflage, dass die neuen Fenster und die durchwurmte Haustür aus Eiche zu fertigen sind und keinen Anstrich bekommen sollten. Die halbe Tür hatte mein Vorgänger schon beseitigt. Er antwortete auf die Frage danach – „Nach jeder größeren Feier in der Stadt fanden sich Erbrochenes oder ein Haufen Sch… hinter der Tür und die Brühe lief dann unter der Haustür durch.“ Alles klar.
Der Baubetrieb Denkmalpflege in Neubrandenburg bekam den Auftrag für die Anfertigung einer neuen Bodentreppe, der Haustür und der Fenster. Diese Fachleute halfen dann auch bei der Suche nach dem ältesten die Fenster im Haus, welches als Muster für die neuen diente.
„Aaaaaber – das Holz, die abgelagerte Eiche musst du selber besorgen.“ Nur wer diese Zeit miterlebte kann nachvollziehen welch eine Herausforderung sich hinter diesem Satz verbarg.
Nach einem halben Jahr intensiver „Forschung“ konnte mit der Anfertigung begonnen werden. Im Winter1986/87 ergab sich die Gelegenheit, den Dachboden des Gebäudes mit seinem scheunenähnlichen Charakter von Schutt und großen Mengen Fledermauskot zu befreien.
Die Deckenbalken hatten einige Tonnen unnützer Last weniger zu tragen. Dieser herrliche alte Dachstuhl mit einer Höhe von ca. 9 Metern ist freitragend und hat nur auf den Giebeln und den Wänden eine Auflage. Einige seiner Balken dürften noch aus der Bauzeit stammen, da die historischen Quellen nur von einem Ausbessern der verfallenen Kapelle berichten. Die Untersuchung eines etwas „neuer“ aussehenden Balkens aus Kiefer erbrachte das Jahr der Baumfällung 1543. Drei „ganz neue“ mit Spuren eines Sägegatters, stammen sicher aus der Zeit der Renovierung um 1905. Uralte geschmiedete Haken und hölzerne Halterungen sowie Wäscheklammern in den wundersamsten Formen fanden sich auf dem Boden und zeugten von seiner Nutzung als Trockenboden für Wäsche. Die alte Frau Jung von gegenüber konnte sich gut erinnern, dass die Anwohner des Ziegenmarktes schon immer ihre Wäsche dort oben getrocknet hatten. Für ein paar Pfennige kümmerten sich die Bewohner des Hospitals darum.
Eine friedliche Koexistenz? Niemand konnte sagen wie lange es dort oben schon Fledermäuse gibt. Den Mengen des Kotes zu Folge musste es schon sehr lange sein. Im Firstbereich des Dachbodens leben sie, aber nur in der warmen Jahreszeit. Im Frühjahr 1981 konnte ich 58 Tiere zählen. Noch im gleichen Jahr machte ich den Boden Mader sicher. Die Fledermaus-Forscher erklärten, dass es sich bei diesen Tieren um die Art Myotis myotis handelt, das Große Mausohr. Sie ist mit einer Spannweite bis zu 43 cm und einem Gewicht von bis zu 40 g die größte einheimische Fledermausart und stark vom Aussterben bedroht. Sie hat auf diesem Dachboden eine der ganz wenigen Wochenstuben im Norden der DDR.
Das ehemalige Heiligen-Geist-Hospital in Burg Stargard steht seit vielen Jahren unter Baudenkmalschutz. Seine Nutzung unter diesem Gesichtspunkt wurde lange diskutiert, wobei die widersprüchlichsten Vorschläge unterbreitet wurden. Seit 1981 gab es eine klare Konzeption zur Entwicklung einer Heimatstube. Es soll „ein Museum entstehen, das die politische und wirtschaftliche Entwicklung der Stadt widerspiegelt und einen Einblick in das Leben der arbeitenden Bevölkerungsschichten gewährt.“ Im Eingangsbereich befindet sich die rekonstruierte Küche des ehemaligen Hospitals. Ein Raum beherbergt, bezeichnend für das vielfältige Schmiedehandwerk der Stadt, eine kleine Schmiede aus der Wende des 19. und 20. Jahrhunderts.
Das Schumacher Handwerk ist mit einer Kompletten Werkstatt im nächsten Raum vertreten. Eine der wichtigsten Erwerbsquellen der Stargarder Bürger war die Tuchmacherei. Dieser Zunft ist ebenfalls ein Raum gewidmet. In ihm wird die Arbeitskammer eines Webers gezeigt.
Stellvertretend für eines der bedeutendsten Gewerke der Stadt ist auch ein Raum mit einer kleinen Tischlerei ausgestattet. Im Mittelpunkt steht eine mit menschlicher Muskelkraft getriebene Kreissäge.
Fortsetzung folgt..