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Stargarder Zeitung
Ausgabe 3/2025
Kultur und Veranstaltungen im Stargarder Land
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Wenn einer eine Reise tut dann kann er was erzählen - erst recht wenn er vor gut 260 Jahren durch Mecklenburg reiste

Die Burg Stargard auf einer alten colorierten Ansichtskarte.

Vom August bis Dezember 1766 besuchte ein berühmter englischer Reiseschriftsteller unsere Region. Zwei Jahre später veröffentlichte er seine mecklenburgischen Reiseerlebnisse. Auf seiner Fahrt von Neustrelitz nach Dewitz am 26. Oktober 1766 besuchte Thomas Nugent Stargard und die Burg. Der englische Reisende wurde vom Neustrelitzer Superintendenten Andreas Gottlieb Masch eingeladen, an der Einführung eines Predigers in Dewitz teilzunehmen. Auch Herr Stephan Werner von Dewitz reiste mit, weil er und Herr von Genzkow, dem das Gut Dewitz gehörte, Patrone der dortigen Kirche waren. Die Kirchenpatrone hatten die Schutzherrschaft über die Kirche in ihrem Einflussbereich wahrzunehmen. So fuhr Nugent an einem Sonnabendmorgen in Gesellschaft des Superintendenten mit der Equipage des Herrn von Genzkow bei vortrefflichem Wetter aus Neustrelitz ab. Die Equipage war ein Kutschengespann das sich in Aufmachung und Ausstattung von anderen Kutschen unterschied. Neben dem Wagentyp zeigte auch die Kleidung des Fahrers an, ob sie vom Herrn persönlich gelenkt wurde oder von einem Kutscher des Herrn. Um 15 Uhr kam die kleine Reisegesellschaft in Stargard an. Im Vergleich zu englischen Städten war Stargard nicht groß. Nugent schrieb: „Die Stadt ist nur klein; der 1758 abgebrannte größte Teil ist sehr gut wieder aufgebaut, dagegen sind die Häuser, die bei der damaligen Feuerbrunst gerettet wurden, alt und schlecht gebaut.“ Da er aus seiner Heimat unterschiedliche Burgen und Schlösser kannte, wollte er die Stargarder Burg kennenlernen. Er notierte in seinen Aufzeichnungen: „Auch hier liegt auf einer Anhöhe ein fürstliches Schloss und nahe an dem Selben ein hoher Turm, der vormals ein starkes Kastell gewesen. Nachdem wir die Stadt besehen hatten, gingen wir nach dem Schlosse, wo wir durch die unvermutete Gegenwart von Herrn und Frau von Dewitz aufs angenehmste überrascht wurden, nachdem wir Kaffee getrunken, spazierten wir um das Schloss herum, wo wir einen überaus schönen Blick auf die ganze Gegend hatten.“ Die Burg und die ganze Landschaft um sie herum kann sich heute noch sehen lassen. Herr von Dewitz empfahl dem Gast den Jungfernbrunnen zu besehen, der nahe am Burgberg liegt. Dazu schrieb der englische Reisende: „Das Wasser dieses Brunnens ist sehr klar, und den Brunnen selbst hat die Herzogin Elisabeth aus dem königlichen Hause Dänemark rundherum mit Steinen einfassen lassen. Der Name Jungfernbrunnen ist übrigens aus einer Fabel entstanden, die viel Ähnlichkeit mit der Geschichte von Pyramus und Thisbe hat.“ Nach dem Abstecher zum Jungfernbrunnen kehrten die Gäste zur Burg Stargard zurück. Mit dem Superintendent Masch besuchte Thomas Nugent in Stargard Präpositus Gottlob Burchard Genzmer. Sie bewunderten dessen Naturaliensammlung und seltene alte Bücher aus seiner privaten Bibliothek. Genzmer verfügte über vortreffliche Kenntnisse der Naturgeschichte der Region, die den Gästen gute Unterhaltung bot. Leider sind Genzmers besondere Fossiliensammlung und seine umfangreiche Bibliothek nicht erhalten geblieben. Vor der Abreise nach Dewitz am anderen Tag frühstückte man noch beim Präpositus Genzmer, der sich wiederum als wortgewandter und sachkundiger Gesprächspartner erwies. Herr Nugent notierte in seinem Reisetagebuch: „Das Wetter war diesen Morgen überaus angenehm zum Reisen; wir fuhren etwa 1/2 11 aus Stargard und bald nach 11 waren wir in Dewitz.“ Der Besuch des Thomas Nugent in Dewitz ist in der Chronik dieses Ortes festgehalten. Das ist Stoff für eine neue Geschichte, die ein Dewitzer schreiben könnte.

Quellen: Akten und Dateien der Stargarder Chronik auf der Burg

Claudia Beuthin
AG Chronik