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Stargarder Zeitung
Ausgabe 4/2025
Kultur und Veranstaltungen im Stargarder Land
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Fortsetzung: Herr Nugent zu Besuch in Dewitz am 27. Oktober 1766

Gutshaus Dewitz zu Beginn des 19. Jahrhunderts

„Das Wetter war diesen Morgen durchaus angenehm zum Reisen, wir fuhren etwa 1/2 11 aus Stargard, und bald nach 11 waren wir in Dewitz. Bei Herrn von Gentzkow wurden wir sehr wohl aufgenommen; er spricht sehr gut Englisch, welches er bloß durch eigenen Fleiß gelernt hat, denn er ist nie in England gewesen; übrigens ist er nur klein von Statur, wohlgebildet und von starker Gesundheit. Das hiesige Wohnhaus ist zwar nicht schön, aber doch bequem, die Scheunen und Viehhäuser sind dagegen desto größer. Nach dem Kaffe gingen wir hin eine traurige Szene anzusehen, der größte Teil des in den Ställen befindlichen Hornviehs war krepiert, und der übrige war so elend, daß es ebenfalls nicht mehr lange leben konnte. Man schätzte den Schaden, den Herr von Gentzkow bei dieser Gelegenheit litt, gegen 4000 Taler.

Überhaupt halten die Edelleute hierzulande einen überaus großen Viehbestand, und es wird mit großer Sorgfalt darauf gesehen, das das Vieh sauber und reinlich gehalten und in bequemen Ställen gehalten wird. Dieser traurige Anblick machte Herrn von Gentzkow äußerst niedergeschlagen, und wir nahmen an seiner Betrübnis herzlichen Anteil. Um 11 kam auch der Herr von Dewitz aus Kölpin hier an, und nun ging unsere ganze Gesellschaft in die Kirche. Der Actus war lang; ich glaube, er dauerte wenigstens drei Stunden. Außer dem Superintendenten und dem Präpositus war noch ein anderer Geistlicher hier. Es wurden zwei Predigten gehalten, die erste vom Präpositus, die zweite vom Superintendenten, doch war diese eigentlich eine an den neuen Prediger gerichtete Ermahnungsrede. Beide Reden waren schön. Die Ordination selbst geschah durch Auflegen der Hände aller drei Geistlichen. Der neue Prediger hieß Seidel; sein Vorgänger, namens Wildpret, war wegen allerlei Vergehen abgesetzt worden; besonders auch deshalb, weil er den Müller zu Dewitz mit dem Degen in der Faust attackiert hatte und von der Mühle herunterjagen wollte. Nach dem Gottesdienst gingen wir wieder zu Herrn von Gentzkow, wo wir zu meiner großen Freude ein warmes Zimmer vorfanden, denn in der Kirche hatte ich jämmerlich gefroren. Unsere Tischgesellschaft war 14 Personen stark, und Herr von Gentzkow tat alles, um die Gesellschaft zu unterhalten: allein es fehlte ihm selbst an Munterkeit, und wenn der Wirt mit solchem Beispiel vorgeht so ist es fast unmöglich, das die übrige Gesellschaft froh sein kann. Das Gespräch betraf hauptsächlich die traurige Verwüstung, die durch die Hornviehseuche in Mecklenburg angerichtet war. Einige schrieben die Ursache derselben schädlichen Kräutern zu, andere leiteten sie von einer vergifteten Luft her, noch andere von einer giftigen Materie, welche sich bei der Öffnung des an der Seuche verreckten Viehes in den Eingeweiden gefunden.

Indessen waren dem guten Herrn von Gentzkow, der seinen ganzen Viehbestand eingebüßt hatte, alle diese Untersuchungen wenig Trost. Als es anfing, dunkel zu werden, fuhren wir wieder nach Stargard zurück, …“ Herr von Gentzkow hatte in Strelitz die Stelle eines Kammerjunkers, hat sich aber auf das Gut Dewitz zurückgezogen, um sich auf die Bewirtschaftung zu konzentrieren und um dem herzoglichen Hofleben zu entfliehen. Er veröffentlichte kleine philosophische Schriften und vor Allem Bücher mit romantischen und meist sehr schwermütigen Oden und Gedichten – zum Beispiel: Der May ( Auszug): „Schon schmückt der holde May die sonnenreichen Hügel mit Florens buntgemalter Pracht; Thal und Gefilde lacht; auf jungem Laube scherzt der Weste leichter Flügel. Ich seh mit neuem Glanz sich Erd und Luft verjüngen, und Anmut strahlt aus jeder Flur; die blühende Natur belebt mein Saitenspiel, und heißt es fröhlich klingen…“

Quellen: Dorfchronik Dewitz, Text und Bild

AG Stargarder Chronik