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Stargarder Zeitung
Ausgabe 6/2024
Kultur und Veranstaltungen im Stargarder Land
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Betriebsbesichtigung in der Flachsröste 1949/50 Teil 4 (Schluss)

Der Kopfbogen der alten Flachsröste in einem Ausschnitt

Das Gelände der alten Flachsröste heute

Die Mitglieder des FDJ Chores setzen ihren Betriebsrundgang in der VE Flachsröste fort.

Anmerkungen*: Wenn ich an die Flachsröste denke, erinnere ich mich gern an die schöne Geschichte vom Maulwurf und seiner blauen Hose die in einem Trickfilm von 1957 in kindgerechter Weise die Verarbeitungsgeschichte vom Flachs bis zur fertigen Hose zeigt. Eine schöne Erinnerung an die Trickfilmfiguren unserer Kinderzeit. Die wirtschaftliche Entwicklung in der jungen DDR stützte sich auf die eigene Leistungskraft. Mit zum Teil veralteter Technik sollten hohe produktive Leistungen erzielt werden. Die DDR förderte Kinder aus Arbeiter- und Bauernfamilien. Ein 1950 erschienenes Plakat des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) verbreitete die Losung: „Steigerung der Produktion entscheidet besseres Leben“. Hatte man im Betrieb zwischen 1945-49 100% Produktionsleistung erreicht sollten es 1950 dann 135 % sein. In Burg Stargard erfüllten in dieser Zeit Männer, Frauen und Jugendliche ihre beruflichen Pflichten so gut sie es vermochten. Auch Überstunden und Sonderschichten leisteten die Beschäftigten wenn es erforderlich war. Der Verdienst des Vaters war in den meisten Familien nicht besonders hoch. So war es notwendig das auch die Frauen zum Familieneinkommen beitrugen. Die Partei und Gewerkschaft, auch die FDJ förderten Aktivitäten zur Produktionssteigerung aber auch die Verbundenheit der Beschäftigten mit ihrem Betrieb durch Brigadeaktivitäten, Sport und gesellige Veranstaltungen. Die jungen Mütter der VE Flachsröste konnten eine Ganztagsbetreuung für ihre Kinder im Städtischen Kindergarten und im Schulhort nutzen. Die Frauen hatten die Möglichkeit in der VE Flachsröste betriebliche Bildungsangebote und Aufstiegsmöglichkeiten wahrzunehmen. Die Chormitglieder kamen nun zum letzten Teil der Besichtigung.

Jetzt ging es weiter mit dem Verarbeitungsprozess der feuchten Flachsstengel, die auf Loren herein gefahren wurden. Man hat sie noch einmal gewaschen, das Wasser herausgepresst und schließlich in zwei großen Öfen getrocknet. Ganz trocken speite der zweite Ofen die Bündel wieder aus. In einer weiteren großen Halle hat man nun die Stängel gebrochen, um das Holz maschinell zu entfernen. Am Ende dieser Vorgänge standen wir vor einem Berg von gedrehten Flachsfasern. Ganz weich fassten sie sich an und unsere Begeisterung war groß. Gern gaben uns die Arbeiterinnen eine Probe von diesen Fasern mit. Die Besichtigung war nun vorbei. Wir traten aus dem Gebäude heraus und machten uns auf den Heimweg. Ich glaube wir waren alle etwas nachdenklicher als vorher. Man konnte doch Menschen erst dann kennenlernen, wenn man sie bei der Arbeit sah. Und diese Arbeiter verdienten wirklich Anerkennung. Die Besichtigung der Flachsröste hat unserem Chor sicher mehr gegeben als es lange Erklärungen hätten tun können und damit war wahrscheinlich der Zweck, den Alfred (der Leiter der Landesjugendschule seit 1946) mit der Betriebsbesichtigung verfolgt hatte, erfüllt. Wir konnten dafür nur danken. Margit D.

*Seit 1945 gehörten zur VE Flachsröste noch die Hanfröste Friedland als Werk II. Bis 1970 hat man auf dem Gelände der alten Flachsröste noch Flachs verarbeitet. Daraus entstanden unter anderem Garne, Tischwäsche, Handtücher, Bettwäsche und Arbeitskittel. Die Burg Stargarder Flachsröste erfüllte eine wichtige Aufgabe bei der Gewinnung von Fasern für die Textilindustrie in der DDR.

Quellen:

1. D. Margit: Bericht über eine Betriebsbesichtigung in der VE Flachsröste Burg Stargard im Winter 1949/50, Lichtpause, unveröffentlicht, 2 Seiten.

2. Illustrierte Deutsche Geschichte vom Werden einer Nation herausgegeben von Hans Joachim Friedrichs, Naumann & Göbel Verlagsgesellschaft mbH Köln 1991, Deutschland 1945-49, Zonen, Länder, Staaten S. 272-273, 281

Schluss.

Claudia Beuthin
Ortschronistin, AG Chronik