Der uralte Gasthof, um 1920. Die Weggablung davor heißt von altersher „Der Ziegenmarkt“
Das Vorspiel: Die Geschichte Norddeutschlands unterscheidet sich in einigen Dingen erheblich von „Rest“ dieses Landes. Während im Süden die Menschen bereits begannen sich fest anzusiedeln, lag der Norden Deutschlands noch unter den Eisresten der Würm-Kaltzeit (ca.115.000 bis 10.000 Jahre vor heute). Das abgetaute Eis hinterließ eine wahre „Mondlandschaft“ und es dauerte weitere fast 5000 Jahre bis unser Norden für eine dauerhafte Besiedlung geeignet war. Die Menschen der Jungsteinzeit waren es, die sich 3000 vor der Zeitenrechnung (v.d.Z.) auch auf unserem Burgberg niederließen. „Wer zählt die Völker, nennt die Namen, die gastlich hier zusammenkamen?“ Besser als dieser Satz aus einem berühmten Gedicht kann man es kaum sagen. Die Völkerschaften, die östlich und nördlich des Rheins saßen, wurden um 50 v.d.Z. von Gaius Julius Caesar, dem Eroberer Galliens (heutiges Frankreich), erstmals als Germanen bezeichnet. Der Zerfall des römischen Reiches 500 Jahre später, löste die größte Wanderbewegung der Völker Nordeuropas aus. Deutschland war zu Beginn des 6.Jh. defacto Menschenleer. Erst gute 150 Jahre später siedelten sich, so nach und nach, Völker aus dem östlichen Europa in den siedlungsfeien Gebieten an. Nach so langer Zeit war auch der letzte einstige Acker zugewachsen. Auf diese Zeit bezieht sich folgende Sage: Als die germanischen Stämme zur Zeit der großen Wanderung aus unserer Gegend abrückten, da blieb diese lange Zeit menschenleer, und die alte Burg auf der Höhe ward vergessen.
Da geschah es, dass ein Fürst mit seinem Gefolge hier im wilden Wald jagte. Seinem Gefolge weit voraus, gewahrte der Fürst einen stattlichen Hirsch mit einem goldenen Halsband. Er hetzte das Tier durch Dick und Dünn, durch Busch und Bach – konnte es aber nicht erlangen. Zuletzt verfolgte er es auf eine steile Höhe hinauf. Hier wurde die Wildnis so dicht, dass ihm die Dornen das Wams vom Leibe rissen. Zuletzt verschwand das adelige Tier dennoch seinen Blicken. Wie nun aber der Jäger um sich blickte, fand er sich unversehens in einem wunderlichen Schlosshof. Darauf wuchsen uralte Dornen. Auf den herabbröckelnden Mauern hatten sich die Pflanzen des Waldes angesiedelt und auf der alten Schlosstreppe wuchs das Moos in dichten Polstern. Das spukhafte Schweigen bedrängte den Jäger. Lange musste er in sein Jägerhorn blasen, ehe sein Gefolge ihn fand. So wurde unsere alte Burg wieder aufgefunden, und sie entstand nun wieder aufs Neue.
Das Nachspiel: Im Wissen um diese alte Sage, taufte der Erbauer des Jahrhunderte alten, einstigen Gasthofes, welcher zwischen Burg und Stadt an der Weggablung beim Hospital liegt, sein Wirtshaus auf den Namen „Zum weißen Hirsch“.