Sehr geehrte Damen und Herren,
ich freue mich, dass Sie mit uns
• der Kirchengemeinde Wanzka,
• der Gemeinde Feldberger Seenlandschaft,
• der Hans-Fallada-Schule Feldberg,
• und dem Kunstverein Feldberger Land e.V.
gemeinsam die Feierstunde zum Gedenken an den 9. November 1938 abhalten, den Jahrestag der Synagogenzerstörung vom 9. auf den 10. November 1938.
Ich darf mich schon jetzt bei allen Vortragenden und Mitwirkenden bedanken. Bedanken möchte ich mich auch bei den Kollegen der Polizeidienststelle Feldberg, die unsere Veranstaltung wie jedes Jahr begleiten. Vielen Dank an den Bauhof für die Vorbereitungen.
Bei dieser Gelegenheit darf ich Ihnen auch unsere neue Pastorin, Frau Voigt vorstellen, für die es der erste Anlass ist, sich im Seelsorgebereich Feldberg zu engagieren.
Wir begrüßen Sie recht herzlich und freuen uns auf die Zusammenarbeit.
Liebe Gäste,
die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 gehört zu den schlimmsten und beschämensten Momenten der deutschen Geschichte.
Im Vergleich zu dem, was noch kommen sollte, war sie aber nur ein Vorbote.
Ihre Geschehnisse waren ein solcher Schlag in das Gesicht von Humanität, Zivilisation und Anstand, dass wir uns an das Datum immer wieder erinnern müssen.
Keine Gemeinschaft, keine Gesellschaft und auch kein Staat können ohne Gedächtnis und ohne Erinnerung leben. Ohne Erinnerung zu leben bedeutet ja, ohne Identität und damit ohne Orientierung zu leben. Wenn wir nicht blind in die Zukunft gehen, sondern Ziele und Maßstäbe haben wollen, müssen wir alle wissen, woher wir kommen.
Und das gilt nicht nur allgemein, sondern ganz konkret auch für die deutsche Geschichte des vergangenen Jahrhunderts besonders jetzt, da die Generationen, die das dritte Reich und den zweiten Weltkrieg nicht mehr miterlebt haben, die Überlebenden aber bereits verstorben sind, in die Verantwortung eingerückt sind. Erinnerung und Gedächtnis müssen von Generation zu Generation weitergeben werden.
Denn das Undenkbare ist einmal Wirklichkeit geworden und damit bleibt es historische Möglichkeit überall auf der Welt.
Durch „Verdrängen“, „Vergessen“, „Auf sich beruhen lassen“, werden wir mit dieser Katastrophe der Zivilisation nicht fertig.
Das herausragende Kennzeichen des damaligen Pogroms waren brennende Synagogen. Hier wurde von den Nazis ganz bewusst ein Tabubruch und ein Sakrileg inszeniert. Die Respektlosigkeit vor dem Heiligtum, der sich gegen eine Minderheit austobende Nihilismus und Atheismus waren das unübersehbare Symbol eines Umstoßens aller Werte.
Wir können diese Gedenkstunde nicht abhalten, ohne auch auf das einzugehen, was derzeit auf der Welt und in Deutschland passiert. In den letzten Tagen und Wochen mussten wir aber feststellen, dass der Antisemitismus wieder auf den Straßen zu hören ist, auch auf unseren Straßen.
Wir brauchen Orientierung, wir brauchen Menschen mit Vorbildwirkung, wir brauchen die Glaubwürdigkeit staatlicher Strukturen, wir brauchen einen starken Rechtsstaat, der sich dieser Verhältnisse endlich annimmt.
Ich wünsche mir ein Deutschland, dessen Bürgerinnen und Bürger, ganz gleich ob hier geboren oder zugewandert, eines Tages ebenfalls charakterlich untauglich für jede Form von Antisemitismus sein werden.
Wir haben alle die tägliche Pflicht, für Verhältnisse in unserem Land zu sorgen, in denen niemand ein Held sein muss, um ein guter Mensch zu sein. Die Demokratie ist also zahlreichen Herausforderungen ausgesetzt
Für deren Erhalt will ich mit Ihnen gemeinsam arbeiten.
Nicht eines Tages, sondern heute.
Denn nie wieder muss wirklich jetzt sein.
Vielen Dank!